Weil die Kommune in den goldenen Jahren klotzte, hat sie nun viele geschützte Immobilien. Ganz neu wurden der Glaspalast und das Oktogon als Kulturdenkmale gewürdigt.

Sindelfingen - Begeisterung sieht anders aus. Hurra-Rufe ertönten jedenfalls nicht im Sindelfinger Ratssaal, als der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer am Dienstagnachmittag die Kunde von neuen Kulturdenkmälern in der Stadt überbrachte. Sowohl der Ende der 1960er Jahre erbaute Glaspalast – einst ein Prestigeobjekt der Stadt – als auch das 1990 eingeweihte Oktogon, das der Galerie als zusätzlicher Ausstellungsort dient, stellte das Landesdenkmalamt nun unter besonderen Schutz. „Wir entwickeln uns langsam zur einer Stadt der Architektur“, meinte der OB mit leicht ironischem Unterton. War doch erst im vergangenen Jahr das Sindelfinger Rathaus, ein Bau aus den 1970er Jahren, unter Denkmalschutz gestellt worden.

 

Letztendlich sind dies Auswirkungen der goldenen Jahre der Stadt. Als in den 1970er Jahren die Gewerbesteuer unermesslich zu strömen schien, lautete die Devise in Sindelfingen: klotzen statt Kleckern. Man leistete sich eine Infrastruktur, die einer weit größeren Stadt angemessen wäre, und setzte dabei auf Qualität. Das ist laut Ulrike Plate, der Referatsleiterin für Denkmalkunde beim Regierungspräsidium, ein Kriterium für die Einstufung als Denkmal.

Zwar sind inzwischen die Steuerquellen nicht versiegt, aber das Geld fließt nicht mehr in Strömen, sondern tröpfelt eher. Immer wieder gibt es große Einnahmeeinbrüche. Viele Jahre der Haushaltskonsolidierung liegen hinter der Sindelfinger Stadtverwaltung und dem Gemeinderat. Und in besonders harten Jahren wurde auch immer wieder der Ruf laut, sich von einigen der teuren Bauten zu trennen, die nun in die Jahre gekommen sind und deren Sanierungen viele Millionen Euro kosten. Hans Grau, der Fraktionschef der Grünen, war einer der Stadträte, die in der Haushaltskrise 2009/2010 gefordert hatten, den Glaspalast zu schließen. Davon distanziert er sich heute. „Schließlich haben wir der Sanierung zugestimmt.“ 14 Millionen Euro kostet sie. Der erste Abschnitt wurde im vergangenen Jahr abgeschlossen. „Glücklich bin ich über den Denkmalstatus nicht“, sagt Hans Grau. „Das kostet nur Geld.“

Sanierungen mus das Landesdenkmalamt genehmigen

Das befürchtet offenbar auch die Stadtverwaltung. „Wir wissen um die Auswirkungen eines solchen Status“, sagte der OB in der Gemeinderatssitzung. Müssen doch künftige Sanierungen immer mit dem Landesdenkmalamt abgesprochen werden und sind in der Regel teurer als Renovierungen von Gebäuden ohne Schutzstatus.

Doch was macht ein Gebäude zu einem Denkmal? „Mit dem Alter hat das nichts zu tun“, sagt Ulrike Plate. „Es muss aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse am Erhalt geben.“ Kriterien sind dabei laut Plate – neben der schon erwähnten hohen Bauqualität – „eine besondere Ästhetik“ oder typische Merkmale einer bestimmten Zeit oder eines Baustils an einem Gebäude. Als ein „typischer Verwaltungsbau“ sei zum Beispiel das Rathaus eingestuft worden, sagt Plate.

Die Begründung für die Würdigung des keine 30 Jahre alten Oktogons und des Glaspalastes, der bis heute eine bedeutende Sport- und Veranstaltungshalle in der Region ist, liegt noch nicht vor. Deshalb steht auch nicht fest, ob es für den zweiten Teil der Glaspalastsanierung und für die anstehende Renovierung des Oktogons besondere Auflagen gibt. „Das müssen wir prüfen, wenn die Begründung da ist“, sagt die Stadtsprecherin Nadine Izquierdo.