Das Einkaufszentrum scheitert mit einer Klage, mit der es seine Pläne durchsetzen wollte. Die Richter kritisieren, die Stadt Sindelfingen habe es versäumt, die Stadt Böblingen und betroffene Behörden über das Projekt zu informieren.

Sindelfingen - Schlappe für das Breuningerland vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht: Dieses wies eine Klage des Einkaufszentrums gegen die Stadt Sindelfingen ab. Das Unternehmen will seine bestehende Shopping-Mall an der Autobahn 81 um knapp 10 000 Quadratmeter auf gut 42 000 Quadratmeter erweitern. Die Stadt hatte dies erlaubt – eigenmächtig nach Ansicht der Richter. Sie haben die Pläne daher vorerst gestoppt. Denn sie werfen der Stadt vor, sie habe ihre Pflicht missachtet, die Nachbarstadt Böblingen und den Regionalverband Stuttgart über das Bauvorhaben des Breuningerlands zu informieren, bevor sie den Bauvorbescheid freigegeben hat.

 

Doch damit nicht genug: Außerdem bestünden bei solch großen Erweiterungsplänen – es gehe um „mehr als das Zehnfache eines Einzelhandels“, so der Richter – die Pflicht, ein ordentliches Planungsverfahren einzuleiten. Daran hätte auch das Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) als Aufsichtsbehörde beteiligt werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Deshalb sei der Bauvorbescheid rechtswidrig gewesen, und das Regierungspräsidium habe dessen Rücknahme rechtmäßig angeordnet.

Berufung ist wahrscheinlich

Einer Bauvoranfrage der Firma hatte die Stadt zunächst im November 2012 stattgegeben, sie musste den Bescheid aber auf Anordnung des RP zurücknehmen. „Diese Rücknahme des Bauvorbescheids ist rechtmäßig“, sagte der Vorsitzende Richter Friedrich Klein. Das Breuningerland will nun das Urteil prüfen und über das weitere Vorgehen beraten. Eine Berufung am Verwaltungsgerichtshof scheint wahrscheinlich. Diese lässt das Gericht auch ausdrücklich zu, „wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache.“

Sowohl die Aufsichtsbehörde als auch der Regionalverband Stuttgart begrüßten die Entscheidung des Gerichts. „Wir sehen unsere Rechtsauffassung bestätigt. Die Vorgaben zur Beteiligung des Verbands Region Stuttgart und der Nachbargemeinden im Sinne eines koordinierten Miteinanders gelten“, sagte die Regionaldirektorin Nicola Schelling. „Kommunale Planungsaussagen müssen in formal korrekten und transparenten Verfahren zustande kommen“, meinte der Planungsdirektor der Region, Thomas Kiwitt. „Das RP hat immer verstanden, dass ein erfolgreiches Unternehmen den Wunsch nach Erweiterung hat. Gleichwohl kann dies nur unter Berücksichtigung der geltenden Rahmenbedingungen erfolgen“, heißt es in einer Stellungnahme der Behörde. Auch die Stadt Böblingen sieht sich bestätigt: „Der Schutz des innerstädtischen Einzelhandels muss Vorrang vor großflächigen Einzelhandelserweiterungen am Stadtrand haben.

Der Sindelfinger Rathauschef kritisiert Regionalverband

Bernd Vöhringer dagegen, der Oberbürgermeister der Stadt Sindelfingen, der an der Urteilsverkündung teilnahm, ist damit nicht zufrieden, obwohl er den Prozess gewonnen hat. Denn die Stadt unterstützt eigentlich das Breuningerland bei den Erweiterungsplänen. Den Vorwurf, die Region, das RP und die Nachbarstädte nicht beteiligt zu haben, wies der OB zurück. „Wir haben mit allen Gesprächen geführt.“ Und man habe geprüft, ob sich die Erweiterung negativ auf den Einzelhandel in Sindelfingen und den Nachbarkommunen auswirke. Dies sei nicht der Fall.

Neben dem juristischen Scharmützel sieht Vöhringer eine politische Dimension. „Die Region misst mit zweierlei Maß. Das neue Stuttgarter Einkaufszentrum Milaneo liegt nicht direkt in der Innenstadt. Das wurde genehmigt.“ Er hofft, dass eine Beschwerde der EU-Kommission Erfolg hat, die die strengen Vorgaben des Stuttgarter Regionalverbands als wettbewerbswidrig einstuft. Ob die Erweiterungspläne auch auf der juristischen Ebene weiter verhandelt werden, liegt am Breuningerland. Es prüft, ob es in Berufung geht. Eines sei klar, sagte dessen Anwalt: „Das Breuningerland gibt seine Erweiterungspläne nicht auf.“

Zu Recht abgestraft

Die Schummelei ist aufgeflogen. Der Versuch der Sindelfinger, unter Umgehung geltender Rechtsvorgaben den Ausbau des großen Einkaufszentrums zu ermöglichen, ist nun vor Gericht gescheitert. Die Stadt sollte daraus lernen: Es ist nicht gut, Aufsichtsbehörden und vor allem die Nachbarkommunen vor den Kopf zu stoßen. Bei der Planung solch großer Einkaufszentren, die sich auf den Einzelhandel der Innenstädte auswirken können, müssen auch andere Städte mitreden dürfen. So ist es Usus, und so haben es die beiden Nachbarn Sindelfingen und Böblingen auch vereinbart. Die Sindelfinger haben sich nicht daran gehalten – und wurden nun dafür abgestraft.

Eine ganz andere Frage jedoch ist, ob die Vorgaben des Verbands Region Stuttgart bei Bauvorhaben auch rechtens sind. Sie gelten als besonders rigide, strenger als in anderen Regionen. „Die Region ignoriert die Bedürfnisse bestehender Unternehmen“, kritisieren nicht nur der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer und die Vertreter des Breuningerlands.

Auch von anderen Kommunen und Firmen in der Region sind immer wieder solche Vorwürfe zu hören. Und auf hoher politischer Ebene – in Brüssel nämlich – beobachtet man diese Praxis genau. Zwei Regionapläne rügt die Europäische Kommission – einer davon ist der Stuttgarter. Mit Spannung wird erwartet, wie die Prüfung dieser Beschwerde ausgeht. Das dürfte sich auch auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs auswirken – sollte das Breuningerland Berufung einlegen.