Seit einem halben Jahr sitzt Ulrike Izuora zu Hause – bei voller Bezahlung. Der OB hat sie freigestellt. Dagegen klagte sie vor dem Arbeitsgericht. Doch dieses entschied: Izuora hat keinen Anspruch auf ihren bisherigen Job. Die Stadt darf ihr andere Arbeit geben.

Sindelfingen - Ihren Job als Integrationsbeauftragte der Stadt Sindelfingen bekommt Ulrike Izuora wohl nicht zurück. Dies hatte die 46-Jährige vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht einklagen wollen. Doch das Gericht wies die Klage am Mittwoch ab. Die Begründung: im öffentlichen Dienst gibt es keine genaue Stellenzuschreibung. Eine Angestellte muss zwar in einer in ihrer Gehaltsstufe angesiedelten Position und entsprechend ihren Fähigkeiten beschäftigt werden. Einen Anspruch auf eine konkrete Tätigkeit hat sie aber nicht.

 

Der Fall ist auch für das Arbeitsgericht eher ungewöhnlich: Seit mehr als einem halben Jahr sitzt Izuora zu Hause – bei voller Bezahlung. Eine Kündigung hat sie nicht erhalten, auch keine Abmahnung. Ein Angebot zur Aufhebung ihres Arbeitsvertrags von Seiten der Stadt hat sie abgelehnt. Die Gründe für ihre Suspendierung sind nicht bekannt. Bei einer ersten gescheiterten Güteverhandlung am Arbeitsgericht im Januar hieß es, Izuora solle Dinge gesagt haben, die sie als Angestellte des Öffentlichen Dienstes nicht hätte sagen dürfen. Details aber wurden nicht genannt, Izuora bestreitet diesen Vorwurf.

Seit Oktober freigestellt

Der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer hatte sie am 21. Oktober freigestellt. „Der OB sagt: ‚Ich will sie nicht mehr auf diesem Posten’. Mehr gibt es nicht“, sagte Izuoras Anwalt, Dieter Schenk, während der Verhandlung über den Grund für diese Freistellung. Niemand widersprach dieser Darstellung, auch nicht der Sindelfinger Hauptamtsleiter Manfred Pöschl, der als Vertreter der Stadtverwaltung an der Verhandlung teilnahm, das Reden aber dem Anwalt der Stadt überließ

Offiziell baut Izuora im Moment Überstunden ab. 800 hätten sich angesammelt, war bei Gericht zu hören. „Meine Mandantin ist nicht damit einverstanden, dass sie deswegen freigestellt wird. Es gibt keine Vereinbarung über ein Arbeitzeitkonto“, sagte Izuoras Anwalt. Ungewiss ist, wie es weiter geht, wenn Izuora demnächst alle Überstunden abgebaut hat. „Warten wir doch mal ab“, sagte der Anwalt der Stadt.

Izuora wäre auch bereit, in eine andere Tätigkeit zu wechseln, solange diese gleichwertig mit ihrer jetzigen sei, sagte sie vor Gericht. Aber bisher habe sie kein Angebot von der Stadt erhalte. Dies sei so nicht richtig, monierte der Anwalt der Stadt Sindelfingen. Man habe Izuora eine vorübergehende Tätigkeit in der städtischen Galerie angeboten. Doch dazu sei gleich ein umfangreicher Fragenkatalog ihres Anwalts gekommen. „Für uns kommt dieses Angebot nicht in Frage, weil es nicht mit dem Personalrat abgestimmt wurde“, sagte Izuoras Anwalt darüber. Die Einschaltung des Personalrats sei in diesem Fall nicht notwendig, weil es sich um eine Tätigkeit handle, die nicht länger als zwei Monate daure, argumentierte die Gegenseite.

Internationale Vereine fordern Wiedereinstellung Izuoras

„Ich will nicht die Springerin der Stadtverwaltung werden und alle sieben Wochen eine neue Tätigkeit beginnen. Ich möchte eine Dauerstellung“, machte Izuora klar. Doch darüber hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Das Urteil verkündete die Kammervorsitzende Susanne Schräjahr-Nüßle erst am Mittag. Keine der beiden Parteien war zugegen. Eine Stellungnahme wollte deshalb auch keiner abgeben. „Wir warten auf die schriftliche Urteilsbegründung“, sagten Izuora und die Sprecherin der Stadtverwaltung unisono. Sollte Izuora das Urteil ablehnen, könnte sie Revision einlegen und das Verfahren würde in die nächste Instanz gehen.

Die internationalen Vereine der Stadt sind ungehalten über die Situation, haben sie doch seit einem halben Jahr keinen Ansprechpartner mehr. Vor einigen Wochen haben einige in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister Vöhringer gefordert, Izuora wieder einzusetzen. „Wir haben ihre Arbeit in den letzten fünf Jahren als durchgehend positiv, kompetent und engagiert erlebt“, heißt es in dem Schreiben. Ihre Freistellung sei für die Unterzeichner „nicht nachvollziehbar“. Sindelfingen sei „so multikulturell wie kaum eine andere Stadt im Land“. Deshalb brauche man eine Hauptamtliche für Projekte im interkulturellen und interreligiösen Bereich.

Auch Ulrike Izuora bedauert, dass sie ihr bisheriges Amt nicht mehr ausüben darf. „Ich habe 20 Jahre Erfahrung im interkulturellen Bereich. Es ist schade, wenn der Stadt dieses Wissen nicht zu Gute kommt. insbesondere einer Stadt wie Sindelfingen, in der die Hälfte der Einwohner einen Migrationshintergrund hat.“