Das Landesdenkmalamt beim Regierungspräsidium hält den 43 Jahre alten Bau für erhaltenswert. Eine künftige Sanierung wird deshalb schwierig.

Sindelfingen - Bei den Bürgern und auch bei den Rathausmitarbeitern ist das Sindelfinger Rathaus durchaus umstritten. Als „protziger Betonbau“ oder „langweiliges Verwaltungsgebäude“ wird es immer wieder mal bezeichnet. Und doch halten die Experten des Regierungspräsidiums Stuttgart die Architektur des Gebäudes für so bedeutsam, dass sie es nun unter Denkmalschutz gestellt haben.

 

Im November 1970 war das Rathaus eingeweiht worden. 31 Millionen D-Mark hatte sich die Stadt damals die neue Verwaltungszentrale kosten lassen. Das war in einer Zeit, als in Sindelfingen die Gewerbesteuer reichlich floss und in wahre Prunkbauten investiert wurde. Auch der Glaspalast ist damals entstanden und die Bibliothek. Für eine 75 000-Einwohnerstadt wurde das Rathaus laut dem Architekturführer der Architektenkammer konzipiert – eine Zahl, die die Stadt mit heute 61 000-Einwohnern wohl kaum jemals erreichen wird. Entworfen wurde es von den Stuttgarter Architekten Günter Wilhelm und Jürgen Schwarz.

Verwaltung sieht Auszeichnung mit gemischten Gefühlen

Die Erhaltung des Rathauses liege insbesondere „wegen seines hohen dokumentarischen und exemplarischen Wertes und wegen seines hohen Maßes an Originalität und Integrität im öffentlichen Interesse“ – so die Begründung des Stuttgarter Regierungspräsidiums (RP). Es stehe beispielhaft für den Rathaustyp, der die Verwaltung vom Bereich für die Bürger und dem Ratssaal trennt. Diese Bauweise war erst in den 60er Jahren modern geworden.

In Sindelfingen sieht man diese Auszeichnung mit gemischten Gefühlen. „Wir fühlen uns natürlich geehrt, dass unser Rathaus nun unter Denkmalschutz steht. Das ist eine Auszeichnung für die Stadt und zeugt auch von der Bedeutung des Hauses. Allerdings ist unser Rathaus ein Gebäude, das sich in vollem Betrieb befindet. Wir müssen daher gewährleisten, dass es auch als Denkmal den Ansprüchen einer modernen und zukunftsorientierten Verwaltung genügt“, so die Stellungnahme des Oberbürgermeisters Bernd Vöhringer.

Vor allem, was die Sanierung des Gebäudes angeht, wird es nun mit dem Denkmalschutz schwieriger. „Wir müssen künftig eine Sanierung vorab mit dem Regierungspräsidium abklären“, sagt Rolf Possehl, der Abteilungsleiter Baurecht.

Sanierung wird kompliziert

Und anstehen würde so einiges. „Unser Lastenaufzug ist seit geraumer Zeit defekt, wir haben neue Brandschutzauflagen und vor allem müssten wir das Rathaus dringend energetisch sanieren“, zählt Possehl nur einige wichtige Arbeiten auf. Vor allem die Fenster, die aus Energiegründen ausgetauscht werden müssten, bereiten ihm Kopfzerbrechen. „Es wird alles etwas komplizierter, aber Details wissen wir noch nicht.“

Beantragt hat die Aufnahme der Sindelfinger Verwaltungszentrale als Denkmal übrigens niemand. „Das ist ein Projekt des Regierungspräsidiums, das sich zurzeit die Verwaltungsbauten aus den 1960er und 70er Jahren anschaut“, sagt Possehl. Vom RP war dazu gestern keine Auskunft zu bekommen.

Mehr als 300 Angestellte und Beamte haben ihren Arbeitsplatz im Rathaus. Dieses war bereits um die Jahrtausendwende umfassend saniert worden. Unter anderem hatte man damals mit PCB belastete Bauelemente entfernt. Einige Abteilungen hatten während der Sanierung das Gebäude räumen müssen.

Ein Interview mit dem stellvertretenden Leiter des Denkmalamts, Martin Hahn, lesen Sie hier.