Die Bundestagskandidaten der CDU, SPD, Grünen, FDP, Linken und der AfD werden von den Elftklässlern des Gymnasiums in den Pfarrwiesen interviewt.

Sindelfingen - Die Elftklässler des Sindelfinger Pfarrwiesen-Gymnasiums haben am Montag den Bundestagswahlkampf eingeleitet. Wie es schon seit einigen Jahren Tradition ist, luden sie die aussichtsreichsten Kandidaten zum Talk ein. Das Besondere an diesem Format: Die Politiker präsentieren sich nicht in einer großen Talkrunde, sondern einzeln in kurzen Runden wechselnder Schülergruppen, die sich akribisch auf die Interviews vorbereitet haben. Da dieses Mal sechs Kandidaten zu berücksichtigen waren, traten diese in Zweiergruppen an. Dabei wurden die Parteien bunt gemischt.

 

Spannend versprach das Duell Grüne gegen AfD zu werden, es verlief dann aber vergleichsweise harmlos. Das lag vor allem daran, dass sich der AfD-Kandidat Markus Frohnmaier mit radikalen Äußerungen zurückhielt und in einigen Punkten auf einer Linie mit dem Grünen Tobias Bacherle lag. Beide, sowohl der 22-jährige Bacherle als auch der drei Jahre ältere Frohnmaier, wollen den Cannabiskonsum legalisieren, wobei der AfDler einschränkte, dass dies nicht die Position seiner Mutterpartei sei, sondern nur einer Gruppierung der Jugendorganisation. Zu ihrer Meinung über die jeweils andere Partei befragt, wurden dann aber beide Jungpolitiker deutlich: „Die Grünen sind eine langweilige Partei. Sie wollen ständig schulmeistern. Sie sind gegen alles, sind für ein Alkoholverbot, Rauchverbote, ein Tempolimit“, wetterte Frohnmaier. „Draufhauen, zurückrudern, wiederholen – das ist die Strategie der AfD“, konterte Bacherle. „Sie steht für eine brillante Rhetorik, mit der sie immer wieder feine Provokationen einstreut und dann sagt, das haben wir so nicht gemeint.“

Streicheleinheiten und Backpfeifen

Wie sehen sich die ehemaligen Koalitionspartner CDU und FDP, wollten die Schüler von deren Vertretern Florian Toncar und Marc Biadacz wissen. „Dass die FDP nicht mehr im Bundestag ist, merken wir. Es fehlt die liberale Stimme“, sagte Marc Biadacz (CDU). Allerdings müsse die Partei aufpassen, nicht nur eine gesellschaftliche Gruppe zu bedienen, sondern sich um die Interessen vieler zu bemühen, sagte der Christdemokrat. Die CDU sei zu sehr auf eine Person zugeschnitten, kritisierte der FDP-Mann Florian Toncar. „Wenn Frau Merkel irgendwann abtritt, ist da niemand. Dabei gibt es auch in der CDU genügend gute Leute.“

Jasmina Hostert von der SPD und der Linke Richard Pitterle, die gemeinsam in einer Runde antraten, zeigten wiederum Sympathien füreinander. Eine rot-rot- grüne Koalition können sich beide vorstellen. „Ich koaliere lieber mit Leuten, die eine ähnliche Position haben“, sagte Hostert. „Und die sehe ich bei den Linken und den Grünen in vielen Punkten.“ Eine Fortsetzung der großen Koalition wünscht sie sich auf keinen Fall.

Richard Pitterle sieht im Moment ein gesellschaftliches Klima für eine solche Koalition. „Ich denke, wir brauchen sie. Wenn Merkel weitermacht, dann kommt die AfD auf mehr als 30 Prozent. Wir brauchen die CDU in der Opposition, um die rechten Kräfte zu binden.“

Flüchtlinge und Integration sind das Hauptthema

Thematisch ging es bei den Interviews der Gymnasiasten vor allem um die Themen Flüchtlinge und Integration. Der AfD-Mann Frohnmaier wurde dazu besonders kritisch befragt. Er betonte mehrfach, dass das Asylrecht ein Recht auf Zeit sei und die Flüchtlinge bald wieder in ihre Heimat zurückkehren müssten. Florian Toncar meinte: „Frau Merkel hat es gut gemeint, aber falsch angepackt.“ Sie habe die Grenzen im Sommer 2015 geöffnet, ohne die anderen Regierungschefs zu fragen.“ Richard Pitterle hingegen meint, Merkel habe die Grenzen nicht geöffnet, sondern nicht schließen lassen, und das sei richtig gewesen. Doch er kritisierte, genau wie Florian Toncar, dass anschließend zu wenig geschehen sei. „Man hat die Kommunen nicht richtig für die Aufnahme der Menschen ausgestattet.“

„Man hätte in dieser Situation im vergangenen Jahr nicht anders reagieren können“, sagte die SPD-Frau Jasmina Hostert. Um zu verhindern, dass noch mehr Flüchtlinge kommen, müsse man weitere Kriege verhindern. „Und dann müssen wir aufhören, Waffen nach Saudi-Arabien und anderswo zu liefern“, ergänzte Hostert.