Daniel Dietrich ist ein besonderes Talent. Als herausragender Darsteller beim „Sindelfinger Jedermann“ begeistert er das Publikum. Dabei beginnt er seine Ausbildung an der Stuttgarter Hochschule für Darstellende Kunst erst im Herbst.

Sindelfingen - Er ist die Entdeckung der noch jungen Sindelfinger Biennale, soviel steht schon fest: Daniel Dietrich, 19 Jahre jung, geboren in Stuttgart als Sohn eines Rumäniendeutschen und einer Rumänin, aufgewachsen in Sindelfingen, wo er vor einem Jahr das Abitur am Gymnasium Unterrieden machte. Ein ruhiger junger Mann, der freundlich und offen auf Menschen zugeht. Doch viele Sindelfinger dürften ihn ganz anders kennengelernt haben: als verschlagen, bösartig und hinterlistig. So agiert er auf der Bühne vor der Kulisse der Martinskirche. Als fanatischer Hassprediger ruft er zum Mord an allen Andersdenkenden auf. So eindrücklich, dass es vielen Zuschauern Himmelangst wird.

 

Daniel Dietrich ist der alle überragende Darsteller in der 64 Personen umfassenden Schauspieltruppe, die beim Sommertheater den „Sindelfinger Jedermann“ spielen. Überwiegend Laien machen mit, aber auch einige Halbprofis mit jahrelanger Erfahrung in Laiengruppen. Zu ihnen zählt auch Daniel Dietrich.

Aus dem Hobby wird der Traumberuf

Mit zwölf Jahren begann er in der Theatergruppe der Sindelfinger Schule für Musik, Tanz und Theater (SMTT) mit den ersten Schauspielversuchen. Eine Lehrerin schickte ihn, sie hatte sein Talent erkannt. „Meine erste Rolle war die eines konservativen türkischen Vaters, der seine Tochter zwangsverheiratet“, erzählt Dietrich. Der Schauspielunterricht einmal in der Woche machte ihm Spaß. Zwei Jahre später übernahm Carmen Stallbaumer die Leitung der Theaterabteilung. „Da wurde das Ganze intensiver. Wir haben mehr darüber nachgedacht, was wir machen“, sagt Dietrich. Trotzdem sei die Schauspielerei nach wie vor ein Hobby für ihn gewesen.

Zum Traumberuf wurde sie für den jungen Mann vor zwei Jahren beim Stadtjubiläum. Der Künstlerische Leiter Frank Martin Widmaier suchte vor dem großen Jubiläumswochenende noch einen Darsteller und fragte bei der SMTT an. „Anfangs war er nicht überzeugt von mir. Das hat sich aber schnell gegeben“, sagt Dietrich gar nicht schüchtern. Er machte mit beim Zeitspaziergang im Sommerhofenpark und assistierte bei der Regie des Multimediaspektakels „Sindolfs Traum“. Auch im Januar bei der Abschlussveranstaltung des Jubiläums hatte er eine Rolle. „Als ich auf der Bühne stand, ist mir erstmals die Ernsthaftigkeit bewusst geworden.“ Damals reifte in ihm der Entschluss, Schauspieler zu werden. Widmaier riet ihm: „Sprich bei Schauspielschulen vor.“

Die ersten Versuche waren jedoch ernüchternd. „In Ludwigsburg, ich war noch 17, sagte man mir: ‚Du hast Talent, aber Dir fehlt noch Lebenserfahrung.’“ Auch in Berlin und Hamburg wurde er abgelehnt. In München schaffte er es in die Endrunde. Doch dann hieß es: „Wir wollen Sie wieder sehen. Aber arbeiten Sie daran, was Sie auf der Bühne wollen.“

Frustriert nahm der junge Mann an einem letzten Vorsprechen teil – in Stuttgart. „Die Spannung war weg. Ich bin da ziemlich nüchtern rein und mit neuen Texten.“ Das war offenbar das Erfolgsrezept. „Von 800 Bewerbern wurden acht genommen, ich gehöre dazu.“ Im Oktober beginnt er sein Schauspielstudium an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst.

Die Eltern unterstützen ihn

Ihm ist bewusst, auf was er sich einlässt: ein Schauspielerleben ohne feste Verträge, möglicherweise ein Leben von der Hand in den Mund. Das schreckt ihn nicht – und seine Eltern stehen hinter ihm. Kompromisse will Daniel Dietrich keine eingehen. „Ich will nicht einen sicheren Job und nur nebenbei Theater machen. Nur auf der Bühne kann ich mich ganz fallen lassen.“

Beim „Sindelfinger Jedermann“ habe er schon den Rat der Münchner Schule umgesetzt. „Ich habe mich intensiv eingelesen“, sagt Dietrich. Aufzeichnungen von Auftritten des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels und von IS-Predigern hat er sich angeschaut. Ein Schauspieler müsse vor allem ein guter Beobachter sein. Und so schlüpft er perfekt in die Rolle des fanatischen Priesters. „Wenn ich auf der Bühne stehe, denke ich an nichts anderes. Dann bin ich ganz und gar dieser Prediger.“