Ein Konflikt unter Anwohnern der Sindelfinger Altstadt landet vor dem Böblinger Amtsgericht. Der eine Nachbar will sein Auto auf einem öffentlichen Parkplatz abstellen, der andere Nachbar will genau das verhindern.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Die Stadt Sindelfingen hat den Unfrieden gestiftet, indem sie in der Martinsgasse zwei öffentliche Parkplätze einrichtete. Seither streiten sich zwei Nachbarn um deren Nutzung: Der eine will dort parken, der andere will ihn daran hindern – mit einer Todesdrohung. Deshalb standen der Anwohner von der Martinsgasse und sein Sohn nun vor dem Böblinger Amtsgericht. „Weil ich meinen Lebensmittelpunkt in der Altstadt habe und dort nicht weg möchte, bin ich zur Polizei“, erklärte der als Zeuge geladene Nachbar in der Verhandlung. Die Angeklagten stritten die Vorwürfe ab. Dennoch wurde der Vater zu einer Strafe von 500 Euro verurteilt, der Sohn erhielt einen Freispruch.

 

Keine Drohung, ein Versprechen

„Ich steche dich ab“, soll der Mann im vergangenen Dezember gesagt haben, und dass er seine Mutter und seine Ehefrau vergewaltigen werde. „Das ist keine Drohung, sondern ein Versprechen“, soll der Sohn ergänzt haben. Der 43-Jährige war in die Martinsgasse gekommen, um ein Foto von den Parkplätzen zu machen. Sie waren im Herbst an der Rückseite seines Gebäudes installiert worden, nachdem er die Stadt darum gebeten hatte zu klären, wem die Fläche gehöre. Martinsgassen-Anwohner stellten daraufhin Mülltonnen und Fahrräder auf den Parkplätzen ab, um sie zu blockieren. Sie würden die wirtschaftliche Existenz seiner Familie gefährden, argumentierte der Angeklagte: Gegenüber betreibe seine Lebenspartnerin eine Autosattlerei. „Wer das Brot von meinem Kindern nehmen will, muss meinen Kopf nehmen“, will er dem Nachbarn erklärt haben.

Die Zeugen konnten wenig zur Klärung beitragen. Gegen einen weiteren Nachbarn, der im Haus des Angeklagten wohnt, stellte die Staatsanwältin sogar ein Verfahren wegen Falschaussage in Aussicht. „Solche Worte sind niemals gefallen, das ist doch Quatsch“, sagte er über die Drohungen. „Wir wollen einfach unsere Ruhe haben“, erklärte er für die Martinsgassen-Anwohner und gab offen zu, sein Fahrrad auch als Parkplatzblockade einzusetzen. Er hatte behauptet, den Streit vom Fenster aus gehört zu haben. Doch auf dem Foto, das der 43-Jährige kurz zuvor gemacht hatte, war er nicht zu sehen. Einem weiteren Zeugen mangelt es an Deutschkenntnissen. Der dritte Zeuge leidet unter Tinnitus und kann kaum etwas hören, und der vierte will an dem Tag nicht zu Hause gewesen sein.

Polizistin wundert sich nicht

In ihrem Strafantrag stützte sich die Staatsanwältin auf die Aussage einer Polizistin. Sie sollte nach dem Streit gegenüber dem Angeklagten eine Gefährderansprache halten. „Ich bin gar nicht zu Wort gekommen“, berichtete sie. Anschließend entfernte sie noch die auf den Parkplätzen abgestellten Fahrräder. „Die sind öffentlich“, sagte sie, „ich wundere mich nicht, dass sich die Leute ärgern.“ Für den Vater forderte die Staatsanwältin eine Geldstrafe von 800 Euro, für den Sohn eine dreimonatige Freiheitsstrafe – auch weil beide einschlägig vorbestraft sind. Der 23-Jährige hätte ins Gefängnis müssen, da er unter Bewährung steht. Der Richter urteilte milder, weil der betroffene Nachbar bei der Polizei teilweise andere Angaben gemacht hatte als vor Gericht. Er legte den Beteiligten nahe, die Sache zu befrieden. Der Angeklagte kündigte an, in Berufung zu gehen.