Beim Kongress der Zauberer können auch altgediente Magier so einiges lernen. Der Trend in der modernen Zauberei geht zu guten Storys, in denen magische Tricks eher Nebensache sind.

Sindelfingen - Gebannt hängen 300 Zauberer an den Lippen von Card-Shark – Karten-Hai bedeutet das übersetzt. Mit bürgerlichem Namen heißt er Christian Schenk und ist wahrhaft ein Meister der Kartenmanipulation. Bei einem Workshop beim Festival der Illusionen am Wochenende in der Sindelfinger Stadthalle teilt er seine Geheimnisse großzügig mit Kollegen aus ganz Europa.

 

So versiert ist er, dass sogar preisgekrönte Zauberer sich bei manchem Trick fragen: „Wie macht der Mann das bloß?“ Wenn es ihm gelingt, gestandene Magierkollegen zu verblüffen, dann ist der Hai zufrieden. „Ich spiele nicht für normales Publikum, sondern für Zauberer.“ Denn die große Bühne und das Scheinwerferlicht, das sei nichts für ihn. Ihn fasziniert die Technik und das Equipment der Zauberkünstler. Auf der ganzen Welt, auch in Artisten-Hochburgen wie Las Vegas oder China und Korea, ist Card-Shark alias Christian Schenk aus Essen gefragt – als Zaubererlehrer und Lieferant von ausgefallenen Magiergeräten. „Er ist der innovativste Zauberhändler weltweit“, sagt Andy Häussler vom Magischen Zirkel Stuttgart, der das Sindelfinger Festival der Illusionen organisiert. „Nein, ich bin mehr als ein Händler. Ich bin vor allem ein Entwickler von Zaubergeräten, Designer, ein Kreativer“, widerspricht Schenk.

Gezinkte Karten und Kisten mit doppeltem Boden

In Sindelfingen ist er beim großen Zaubererkongress zwar ein Star, aber trotzdem nur einer von 70 Ausstellern, die im Foyer der Halle gezinkte Karten, Kisten mit doppeltem Boden und und jede Menge anderes Equipment für Magier anbieten. Jedes Jahr im Januar veranstaltet der Magische Zirkel Stuttgart den Zaubererkongress, zu dem auch drei Vorstellungen mit preisgekrönten internationalen Künstlern für die Öffentlichkeit gehören. Der Samstag aber ist ganz dem Austausch der Kleinkünstler gewidmet – und dem Einkauf von neuen Zaubergeräten.

Die Spezialität von Bill Cheung sind falsche Finger mit Blinkfunktion. „Wenn ich damit auf der Bühne stehe, wirkt der Finger für die Zuschauer echt.“ Mit einem Klick bringt Cheung Blumen und anderes zum Leuchten. Der 31-Jährige stammt aus China und lebt seit elf Jahren in Wien, wo er Informatik studierte. Nebenberuflich tritt er weltweit als Zauberkünstler auf. In Sindelfingen ist er zum zweiten Mal dabei. Seit zehn Jahren gehört Cartini alias Helmut Dobrowolny aus Höchstadt in Franken zu den Ausstellern. Er hat Konservendosen im Angebot, die so präpariert sind, dass darin mit etwas Fingerfertigkeit Ringe der Zuschauer verschwinden können.

Stammkundin bei der Messe ist Clown Julchen aus Graben-Neudorf im Kreis Karlsruhe. „Ich bin jedes Jahr hier, um mich mit neuen Accessoires einzudecken. Das Angebot in Sindelfingen ist groß“, sagt die 52-Jährige mit dem bürgerlichen Namen Julia Hartmann. Dieses Mal hat sie rote Papierherzchen gekauft, die sich mit einem Schüttler zu einem Fächer entfalten. „Die kann ich bei meinem Auftritten in der Herzstation einsetzen“, sagt Hartmann. Regelmäßig jede Woche besucht sie als Kliniklclown schwerkranke Kinder in Krankenhäusern in Mannheim und Heidelberg.

Workshop für moderne Zauberei

Im kleinen Saal der Stadthalle beginnt derweil der nächste Workshop. Wieder sind die Plätze gut gefüllt, obwohl es dieses Mal um die Theorie von Illusion geht. Doch vorne steht das Magier-Duo Ta na Manga aus Portugal, das mit seiner poetischen Nummer eines der Highlights des Festivals auf die Bühne bringt. Eine ganz neue, moderne Version von Zauberei verkörpern die jungen Männer. Ihre Philosophie: bisher waren die Tricks das Wichtigste. Um sie herum wurde eine Geschichte gebaut. Ta na Manga geht es vor allem darum, Emotionen zu wecken. Deshalb steht die Story im Zentrum, die Zauberei erfolgt wie nebenbei. Mit diesem Konzept hat das Duo schon viele internationale Preise gewonnen.