Ihr aktuelles Programm heißt „Ich bleib dann mal jung“. An diesem Freitag gastiert Sissi Perlinger im Bürgerhaus in Rommelshausen.

Rommelshausen - In

 
ihren Auftritten begeistert sie das Publikum. Doch die Bayerin hat ebenso schon Phasen tiefer Erschöpfung hinter sich. Auch darüber spricht sie im Gespräch mit unserer Zeitung.
Frau Perlinger, wir sind beide 53. Aber fühlt man sich nicht oft eher wie 35? Zumindest, wenn kein Spiegel in der Nähe ist.
Es gab bei mir auch schon mit 18 Jahren Tage, an denen hab’ ich mich wie 80 gefühlt, zum Beispiel nach ´ner Party. Und heute, wenn ich zu Trommelmusik am Strand tanze, fühle ich mich immer noch wie 20. Es ist von Moment zu Moment anders; schön, dass man es in der Hand hat, worauf man seinen Fokus lenkt.
Wer so im Rampenlicht steht wie Sie, kennt die eigene Außenwirkung sicher genau?
Ich hab mich schon mit drei Jahren gern geschminkt und verkleidet, aber nicht für die Außendarstellung, sondern für mich allein daheim, weil sich das Lebensgefühl dadurch verändert. Schminke und Kostüme sind die besten Drogen. Ich sage immer „Lidstrich, Rouge und roter Mund und Wimpern kleben hält gesund.“
Wir beide stecken „knietief in den 50ern“. Und dennoch sagen Sie: Das Beste kommt noch! Offenbar dürfen wir uns in Rommelshausen auf ein Aufbauprogramm freuen.
Ich habe es definitiv so erlebt, dass bei mir mit dem Älterwerden alles immer besser geworden ist, und ich habe mir durch die Arbeit an der Thematik den inneren Schalter von Angst auf Vorfreude und Dankbarkeit umgelegt. Ich erlebe nach der Show auch ganz viele Menschen, die sagen: „Bravo, so mach’ ich das jetzt auch.“
Aber mal ehrlich, was ist denn nun am Altwerden witzig?
Im Ruhestand kann man sich endlich seine geheimsten Träume und Sehnsüchte erfüllen, das ausgeflippteste Zeug. Es soll Beamte geben, die haben angefangen zu arbeiten.
„Schlaue graue Flower Power“ – klingt das nicht ein bisschen wie Graue Panther?
Ich habe mir viel abgeguckt bei den Alt-Hippies in Goa und auf Ibiza. Die haben in ihrer Jugend die Welt revolutioniert und dann auch das Älterwerden für sich neu erfunden, und zwar mit den Werten, die auch mir am wichtigsten erscheinen. Wenn wir alle etwas bewusster, achtsamer und liebevoller sind, wird die Überalterung zu einem Segen für diese Welt.
Sie sind ausgebildete Tänzerin: Wie ist es denn mit dem Beine-Hochwerfen?
Ich habe das Tanztraining ein bisschen zurückgeschraubt und mich in den letzten Jahren mehr auf meine Gitarre und mein Schlagzeug konzentriert. Damit kann ich hoffentlich noch bis ins ganz hohe Alter groovy bleiben. Außerdem sagt die Gehirnforschung ganz klar, dass es kein besseres Training gibt für die grauen Zellen als zu musizieren, weil das gesamte Hirn dabei im Einsatz ist.
Auf der Bühne zeigen sie zahlreiche „fetzige Choreografien“! Sie legen die Messlatte ja schon ganz schön hoch.
Es ist einfach so, dass unsere Seele in Bildern denkt und optische Eindrücke viel länger im Gedächtnis bleiben. Die Menschen erleben eine vielseitige Show und gehen mit 550 verschiedenen starken Bildern im Kopf nach Hause. Die gehen viel tiefer als 1000 Worte, die zum einen Ohr rein- und zum anderen wieder rausfallen.
„Beinharte Pointen im Dreizeilentakt“ muss man als Zuschauer erst mal verkraften!
Humor ist erwiesenermaßen das Gesündeste und Lebensverlängerndste, was es gibt. Der Körper baut Stress ab und schüttet Glückshormone aus. Davon kann man gar nicht genug kriegen. Die Leute lachen so viel, dass sie nach der Show völlig aufgedreht und glücklich sind. Das ist für mich der schönste Moment, wenn ich dann beim Autogrammegeben die ganzen tollen Rückmeldungen bekomme.
Wie sollen die Zuschauerinnen und Zuschauer denn aus dem Saal gehen?
Ich gehe da nicht strategisch ran, sondern habe in erster Linie das Bedürfnis, den Menschen Horizonte zu erweitern und ihren Blick auf die unfasslich tollen Möglichkeiten zu lenken, die wir heute bekommen haben durch die viel längere Lebenserwartung. Dass ich dann ganz oft höre: „So was Schönes habe ich noch nie gesehen, endlich mal jemand, der positiv ist!“ Das macht mich natürlich sehr, sehr glücklich.
Die Zeit Ihrer Krise – Stichwort Burn-Out – liegt ja nun schon eine Weile zurück. Geht man da gestärkt draus hervor, oder sagen Sie eher: Wär‘ nicht unbedingt nötig gewesen?
Um Gottes Willen, diese Krise war das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Ich habe deswegen eine Therapie gemacht und begriffen, was mich dazu getrieben hat, mich so zu überarbeiten. Daraufhin habe ich mein gesamtes Leben umgestellt und nehme mir seitdem genügend Zeit für meine Kreativität und mein inneres Wachstum und widme mich außerdem nur noch den Dingen, die wirklich meine Berufung sind.
Von „zwei Düsenjägern in den Ohren“ schrieben Sie 2010 im Buch „Auszeit“ über ihre Tinnitus-Erfahrung. Wie geht es Ihnen heute damit, haben Sie sich komplett erholt?
Ja, ich habe viele Jahre gebraucht, um die tiefe Erschöpfung auszukurieren, die dieses Jahr absoluter Schlaflosigkeit hinterlassen hat, aber der Tinnitus ist nach drei Jahren Therapie und regelmäßigem autogenem Training wieder ganz weg gegangen. Heute bin ich sehr sensibel geworden und merke sofort, wenn mich was stresst, und habe zig Methoden, wie ich das Adrenalin ganz schnell wieder abbauen kann.
Eine Weltenbummlerin seit jeher – gilt das auch heute noch?
Ich brauche heute nicht mehr rumzureisen, denn ich habe mich „eingegrooved“ auf meinem festen Rhythmus, den Sommer auf Ibiza und den Winter in Goa zu verbringen. Ich bin da auch nicht im Urlaub, sondern ich lebe dort, um in Ruhe schreiben, üben, trainieren und meditieren zu können.
Seit 2006 verzichten Sie ja bewusst auf die Annahme von Aufträgen für Film und Fernsehen. Ist das immer noch so? Ab und zu sieht man Sie ja schon noch in Talkshows?
Ich mache natürlich noch Werbung für meine Live-Auftritte, aber ich spiele keine TV- oder Filmrollen mehr. Das ist ein hochinteressanter Ausflug gewesen, aber es ist mir zu unkreativ. Ich bin viel lieber selbstbestimmt und verwirkliche alle meine kühnsten Fantasien live jeden Abend neu.