Die extrem schlechte Luft in Delhi macht die Bewohner krank, beschäftigt Politiker und verschreckt Touristen sowie Geschäftsleute. Zum Lichterfest machen die vielen Feuerwerke die Luft nicht sauberer. Die Hauptstadt ächzt.

Delhi - Die Augen brennen, der Kopf schmerzt. Menschen husten grauen Auswurf, in den Krankenhäusern drängen sich Patienten mit Atemproblemen. Überall in der indischen Hauptstadt Delhi waberte in den vergangenen Wochen ein giftig-gelber Nebel und kriecht auch in die Wohnungen . Der Smog hat in diesem Herbst ein solches Ausmaß angenommen, dass man über zwei Wochen kaum mehr die Sonne sah. Sogar das Höchste Gericht stufte die Lage als „alarmierend“ ein.

 

Es schien, als ob sich der Himmel über Indiens 14-Millionen-Kapitale ausgerechnet zum indischen Lichterfest Diwali, einer Art hinduistisches Weihnachten, erneut verdüstern würde. Diwali ist Indiens wichtigstes Fest. Dabei werden traditionell Geschenke ausgetauscht. Häuser, Straßen und Wohnungen erleuchten im Glanz von Kerzen und Lichtern. Damit die nicht vollends hinter dem giftigen Staubnebel verschwinden, hatte die Regierung von Delhi an die Bevölkerung appelliert: bitte keine Böller, bitte kein Feuerwerk. Doch das kommt wenig gut an: Licht und Lärm gehören zu Diwali. Bei diesem Fest wird nämlich der Sieg des Guten über das Böse, des Lichts über das Dunkel zelebriert.

Nach dem Diwali-Fest könnte der Smog zurückkehren

Am Dienstag meldeten Meteorologen dann einen klaren Tag in der indischen Hauptstadt. Nach dem Diwali-Fest könne der Smog zurückkehren, warnten Meteorologen – die Wetterlage der kommenden Tage sei ungünstig, zudem erwarteten die Experten schlechtere Luftwerte wegen der zahlreichen beim Lichterfest abgeschossenen Feuerwerkskörper. Der Smog von Delhi könnte sich für die aufstrebende Wirtschaftsmacht derweil zu einem ernstem Problem auswachsen. Er schreckt nicht nur Touristen, sondern auch ausländische Geschäftsleute. Der britische Sender BBC verglich die indische Hauptstadt bereits mit einer „Gaskammer“. Der „Economist“ berichtete von Schätzungen, nach denen der Delhi-Smog jedes Jahr 10 500 Menschen töte. Das Magazin riet, die Stadt während Diwali und zu den schlimmsten Smog-Zeiten zu verlassen.

Der Smog, ein Cocktail aus giftigen Abgasen, werde von Jahr zu Jahr schlimmer, meint das in Delhi ansässige Centre of Science and Environment. „Die gegenwärtigen Level an Luftverschmutzung sind extrem hoch und extrem giftig“, heißt es. 2001 war die Luftqualität zunächst deutlich besser geworden, nachdem Delhi Busse, Taxis und Autorikschas zwangsweise auf Gas umstellte. Doch die Zunahme des Verkehrs hat diese Verbesserung längst aufgefressen.

Warum Delhi vom Smog geplagt ist

Die indische Hauptstadt Delhi ist anfällig für Smog. Im Herbst und Winter herrscht oft eine Inversionswetterlage vor. Abgase von Industrieanlagen, Öfen oder Verkehrsteilnehmern stauen sich dann wie unter einer Glocke. Windstille und eine hohe Feuchtigkeit verstärken die Smogneigung. Üblicherweise beginnt die Smog-Saison aber erst im Dezember. 2012 zog der Smog bereits am 28. Oktober auf. Die Luftwerte sind seither so schlecht wie noch nie.

Warum der Smog in diesem Jahr so stark und früh kam, ist unklar – und politisch umstritten. Delhis Regierungschef Sheila Dikshit machte die Strohfeuer der Bauern in den benachbarten Bundesstaaten verantwortlich: Der von ihnen verursachte Rauch ziehe nach Delhi. Dagegen verweist das Forschungszentrum CSE auf die explodierende Zahl der Autos. Angeblich rollen jeden Tag fast tausend neue Pkw auf Delhis Straßen. Dazu gesellen sich tausende mit Kohle befeuerte Ziegelöfen in und um die indische Hauptstadt.