Für die Amateurfußballer des TV Aldingen und des TV Möglingen geht es jeden Sonntag um alles. Weil es aber so gut wie keinen Sportjournalisten interessiert, machen sie sich ihre Sportschau auf Youtube einfach selbst.

Für die Fußballer des TV Möglingen und des TV Aldingen geht es diesen Sonntag um alles. Um 15 Uhr wird in Möglingen das Topspiel um die Meisterschaft in der Kreisliga B1 Enz/Murr angepfiffen – neunte Liga. Weil sich dafür nur wenige Sportjournalisten und schon gar keine Kamerateams interessieren, machen die Kicker ihre Sportschau und ihre Live-Ticker selbst – in den sozialen Netzwerken Youtube, Facebook oder Twitter.

 

Die beiden Teams der zweitniedrigsten Liga betreiben dabei so viel Aufwand wie manche hochklassigen Vereine. Sie posten Vorberichte, Ergebnisse und Bilder, stellen Videos ein und veröffentlichen weltweit die aktuellen Spielstände.

Manchmal sind die Bilder verwackelt, aber das ist egal

„Es ist ein Baustein, um zu zeigen, dass der Verein professionell geführt ist und es sich lohnt, am Sonntag auf den Sportplatz zu gehen“, sagt Yannick Grauer vom TV Aldingen. Berichte in den Amtsblättern reichten nicht mehr aus, um junge Fans anzulocken. Die C-Jugendspieler des TV Aldingen kämen erst zu fast jedem Heimspiel der ersten Mannschaft, seit Grauer vor zwei Jahren auf Facebook in die Offensive gegangen ist.



Die Konkurrenz aus Möglingen macht ähnliche Erfahrungen. Dank der Werbung in den Sozialen Medien sollen 2012 mehr junge Menschen bein Elferkönig-Turnier mitgemacht haben als zuvor. „Wer nicht mit der Zeit geht, ist immer nur zweiter Sieger“, sagt Armin Rau, der Leiter der Fußballabteilung des TV Möglingen.

Den Kickern ist es dabei egal, dass ihre Youtube-Videos in manchen Szenen verwackelt sind, weil dem Kameramann in der 75. Minute der Arm abfällt. Bisweilen läuft der ballführende Spieler auch ohne sichtbaren Kopf über den Platz, oder ein Foul im Strafraum ist nur am äußeren Bildrand zu sehen, weil die Kamera dem Ball zur Eckfahne gefolgt ist. Hauptsache, die Videos sind da. Die Anhänger der Vereine wollen sie unbedingt sehen. Manchmal sogar die Gegner wie der TSV Grünbühl, der auf seiner Internetseite auf die Clips der Aldinger verlinkt.

Am Sonntag kommt es zum Zweikampf

„Es sind vor allem Spieler, die anrufen, wenn eine Stunde nach dem Abpfiff das Video noch nicht online ist“, sagt Yannick Grauer. Der Mann hinter dem Youtube-Kanal TVA-TV ist als Fußballer nur ein Amateur, als Sportfilmemacher aber fast ein Profi. Neben dem Studium der Kommunikationswissenschaften arbeitet er für den VfB Stuttgart und dreht Videos über die Bundesligamannschaft für das Vereinsportal. Das Gleiche versucht er so oft wie möglich auch für den TV Aldingen zu machen.

Für seinen Verein kann er die Videos aber nur schneiden. Drehen muss der Kameramann Erwin Hipp, weil Yannick mit der Nummer 13 als Stürmer selbst auf dem Platz steht. Am Sonntag kommt es vielleicht zum Zweikampf mit Daniel Mohr, der als Abwehrspieler beim TV Möglingen für deren Auftritt in den Sozialen Netzwerken zuständig ist.

Die ganze Mannschaft hilft mit

Die beiden bewältigen das Pensum nicht alleine. Rund um Mohr arbeitet zum Beispiel ein ganzes Team. Ein Mitspieler schreibt die Spielberichte, ein anderer schneidet die Videos. Probleme gibt es kurioserweise dann, wenn kein Mitspieler verletzt ist: „Wenn alle fit sind, haben wir keinen, der die Kamera bedient“, sagt Daniel Mohr. Wenn beim TV Aldingen der Kameramann Erwin Hipp nicht dabei ist, geht es Yannick Grauer nicht anders. Deshalb fehlen auf den Youtube-Kanälen immer wieder mal Spielzusammenfassungen.

Auf Facebook fließen die Informationen dagegen ohne Pause ein. Dort kündigen beide Vereine jedes Spiel an, auch von Jugendmannschaften. Nach einem Abpfiff gibt es sofort das Ergebnis, bevor ein paar Stunden später der komplette Spielbericht folgt. Der 200. Facebook-Fan der Möglinger hat immerhin eine Stadionwurst gewonnen und muss für das Spitzenspiel keinen Eintritt bezahlen. Ob die neuen Schuhe von Spieler Thomas Killburg den Leuten gefallen, hat Daniel Mohr auf Facebook auch schon gefragt. Der Online- und Medienmanagement-Student hat auch eine Anwendung für Twitter auf der Vereinshomepage eingebaut. Die Tweets laufen jetzt wie ein Live-Ticker ein. Jede Torchance, jedes Foul und jedes Tor kann sofort gemeldet werden. Wenn jemand Zeit hat.

Der Titelkampf wird doch auf dem Platz entschieden

Die Vereine machen sich viel Arbeit für die gut 6000 Videoaufrufe im Aldinger Kanal. Die Möglinger haben gerade mal 1600. Und Facebook-Fans verirren sich auch nur jeweils 200 auf die Seiten der Vereine. Für die Kicker geht es aber auch um den Spaß und darum, sich ein bisschen wie ein Profi zu fühlen. „Wenn man ehrlich ist, wollen wir schon das Profitum imitieren, auch wir Verantwortlichen“, sagt Armin Rau.

Wer am Ende Meister wird, entscheidet sich aber nicht in den Sozialen Netzwerken. Das wird morgen Nachmittag auf dem Spielfeld ausgemacht. Der Dritte empfängt den Ersten. Gewinnen die Gäste aus Aldingen, sind sie schon fast Meister. Gewinnt Möglingen, können sie noch einmal angreifen. Wie es ausgegangen ist, kann man von 17.30 Uhr an auf Facebook nachlesen oder sich am Abend auf Youtube anschauen.