Der SÖS-Kandidat Hannes Rockenbauch steht weiter in der Kritik: Die Fraktionsräume im Rathaus soll er nicht für Wahlkampfzwecke nutzen dürfen.

Das parteifreie Bündnis Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) und sein Oberbürgermeister-Kandidat, der Stadtrat Hannes Rockenbauch, Stuttgart - legen beim Vergleich mit den etablierten Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat stets hohe moralische Maßstäbe an. Man will sich abgrenzen von vermeintlichen oder tatsächlichen parteipolitischen Kungeleien in Hinterzimmern, will offen und transparent agieren und ist stolz darauf, keinen Parteiapparat zu haben. Die SÖS begreift sich als Vertretung der außerparlamentarischen Protestbewegungen im Rathaus, was ihr 2009 bei der Kommunalwahl immerhin 4,6 Prozent Wählerstimmen eingebracht hat.

 

Doch bei der zwingend vorgeschriebenen Trennung von Fraktionsarbeit und SÖS-Aktionen innerhalb und außerhalb des Rathauses lassen Rockenbauch und die Seinen schon mal Fünfe gerade sein. So gab der OB-Kandidat auf seiner Homepage im Internet, auf der er auch um Spenden für seinen Wahlkampf wirbt, noch am Freitag nonchalant als Kontaktadresse die Fraktionsräume der SÖS im Rathaus an. Und auch die Homepage des parteifreien Bündnisses wird ausweislich des Impressums vom Rathaus aus betreut und gepflegt – demnach also von Mitarbeitern der SÖS-Stadträte, die eine Fraktionsgemeinschaft mit der Linken bilden. Zudem lädt die SÖS ins Rathaus ein, ohne zwischen Fraktionssitzungen und Sympathisantentreffen zu differenzieren.

2008 die Freien Wähler gerüffelt

2008 hatte der damalige Verwaltungsbürgermeister Klaus-Peter Murawski in einem ähnlichen Fall die ebenfalls parteilosen Freien Wähler gerüffelt, weil sie auf einem Bettelbrief an Sympathisanten um Spenden für ihre politische Arbeit geworben hatten (die StZ berichtete). Der Absender damals: der Kreisverband der Freien Wähler, dessen Sitz ebenfalls mit Marktplatz 1 – also Rathaus – angegeben worden war. Murawski, mittlerweile zum Staatssekretär in der Landesregierung aufgestiegen, beließ es damals bei einem Rüffel. Begründung: die Wählervereinigung habe nicht gewusst, dass eine Verquickung von Partei- und Fraktionsarbeit unzulässig sei.

Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, heißt es im Volksmund – auch wenn niemand die SÖS wegen des Regelverstoßes gleich als „kriminelle Vereinigung“ bezeichnen würde, wie es Rockenbauch jüngst mit der LBBW gemacht hat. Doch spätestens seit der sogenannten Portoaffäre um den Ex-CDU-Stadtrat Roland Schmid, der 2007 Einladungen zum Neujahrsempfang der Cannstatter CDU von der Fraktionsgeschäftsstelle im Rathaus versenden ließ, müsste auch Rockenbauch, damals noch Einzelstadtrat, wissen: Partei- und Fraktionsarbeit sind strikt voneinander zu trennen. So steht es in der „Satzung über die Finanzierung der Arbeit der Fraktionen, Gruppierungen und Einzelmitglieder“, die der Gemeinderat 2007 mit der Stimme von Rockenbauch beschlossen hat. Die Fraktionen erhalten das Geld aus der Stadtkasse für die Arbeit im Rathaus. Es versteht sich von selbst, dass es nicht für Parteiarbeit oder gar für Wahlkampfzwecke verwendet werden darf. Dementsprechend will nun Murawskis Nachfolger, Bürgermeister Werner Wölfle, dem Gebaren des Bündnisses einen Riegel vorschieben. Es sei unzulässig, die mit städtischem Geld für die Fraktionsarbeit betriebenen Internetauftritte für den OB-Wahlkampf zu verwenden, so Wölfle auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung.

Für die Konkurrenz ein gefundenes Fressen

Hannes Rockenbauch sprach gegenüber der StZ im Hinblick auf die Kontaktadressen auf den Internetseiten von einem Fehler: „Das wird umgehend korrigiert.“ Er betonte aber, die Internetbetreuer seien ehrenamtlich tätig. Für die politische Konkurrenz ist der laxe Umgang der SÖS mit den Vorschriften dennoch ein gefundenes Fressen. Sie ärgert sich schon lange über die holzschnittartigen Darstellungen der Gemeinderatsarbeit im SÖS-Blatt „Stadtplan“, bei der die Mitglieder von SÖS und Die Linke den Part der Guten spielen. So verkündete dort etwa der Stadtrat der Linken, Tom Adler, im Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft SWSG habe nur Maria-Lina Kotelmann (SÖS/Linke) gegen die Mieterhöhungen von 60 Prozent für die SWSG-Wohnungen auf dem Hallschlag gestimmt. Im Protokoll der Aufsichtsratssitzung ist allerdings kein ablehnendes Votum Kotelmanns vermerkt.