In der neuen Folge „Soko Stuttgart“ am Donnerstagabend spielt die Stuttgarter Theaterhaus-Kompanie Gauthier Dance eine wichtige Rolle. Und ihr Chef Eric Gauthier liefert sogar die Leiche.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Eric Gauthier liegt tot im Rosensteinpark. Eben noch joggte der Stuttgarter Künstler mit coolen Kopfhörern auf den Ohren und dynamisch ausgreifenden Sprüngen trotz nächtlicher Dunkelheit durch den Schlossgarten, nun liegt er schon mit zwei Messerstichen im Bauch totenbleich zwischen den Rabatten. Tja, so schnell hat sich’s ausgetanzt.

 

Keine Angst, wir sind hier nicht auf den Zeitungsseiten mit den knallharten Fakten, sondern in der TV-Welt der Fiktion: „Weitertanzen“ heißt die neueste Episode der ZDF-Vorabendserie „Soko Stuttgart“, in der Eric Gauthier nur eine Rolle spielt, nämlich jene des „Tanzstars“ Jerome Witherman. Sein Auftritt ist auch nur kurz; schon nach zwei Minuten ist der Kanadier ein Fall für die Spurensicherung.

Dafür hat Eric Gauthiers Theaterhaus-Kompanie Gauthier Dance einige Auftritte mehr in dieser neuen „Soko“-Folge. Immer wieder sehen wir die junge Truppe auf der großen Bühne in forschen Schrittfolgen, und natürlich wähnt die routinierte Kommissarin Martina Seiffert (Astrid M. Fünderich) den Täter schnell in durchgeknallten Tänzerkreisen. Dringend unter Tatverdacht kommen nach und nach Julia Weyher, die Choreografin und Verlobte des Tänzers, die sich nur wenige Stunden vor der Tat mit ihm lauthals gestritten hat, der Bühnen-Nebenbuhler Gregor Dumas, der einst schon beim Staatsballett in Berlin mittels Einsatz roher Körperkräfte unangenehme Konkurrenten auszuschalten wusste, sowie die hysterische Kostümbildnerin Nadine, die in den hübschen Witherman unglücklich verliebt war und dummerweise einen ihrer auffälligen Ohrringe neben seinem Bett verloren hat.

Gauthier Dance – ein Aushängeschild der ganzen Stadt

Ja, man muss es leider wieder feststellen, an Platituden sind deutsche Fernsehkrimis gewiss nicht arm. Auch bei „Soko Stuttgart“ werden alle gängigen Klischees gerne bedient, Hauptsache, es treibt die Geschichte irgendwie voran. Zumindest die regionalen Zuschauer werden aber entschädigt durch bekannte Schauplätze. Und die Tanzfreunde diesmal noch dazu mit einigen Auftritten ihrer Lieblinge von Gauthier Dance. Die gemeinsame Arbeit des ZDF-Teams mit der Tanzhaus-Kompanie macht deutlich, wie sehr Gauthier Dance zum Markenartikel und Aushängeschild der ganzen Stadt geworden ist.

Das Soko-Team darf in der Episode „Weitertanzen“ allerdings ständig damit prahlen, von Kultur keine Ahnung zu haben und „das ganze Gehopse“ sowieso völlig überflüssig zu finden. Wäre da nicht der Kriminaldirektor Michael Kaiser (Karl Kranzkowski), der sich als leidenschaftlicher Freund des Balletts entpuppt und sich daran erinnert, in der „Stuttgarter Allgemeinen“ einen großen Bericht über den neuen „Star der freien Tanzszene“ gelesen zu haben – gäbe es also diesen Kaiser nicht, würden die Kollegen vermutlich noch lange in die falsche Richtung tappen und aus dem Fundort der Leiche im Rosensteinpark unbeirrbar schließen, es gäbe einen Bezug der Tat zur nachts dort florierenden „schwulen Stricherszene“ – ein Milieu, das im ZDF-Vorabendprogramm noch immer wie einst zu Schwarz-Weiß-Zeiten dadurch ins Bild kommt, dass im fahlen Schein der Laternen grobschlächtige Burschen in Karohemden und verschreckte Herren in Anzügen durch die Büsche schleichen.

Seien wir nicht so anspruchsvoll, es ist ja noch Vorabend. Und ganz zum Schluss nimmt der Kriminaldirektor den jungen Kommissar-Spund Rico Sander sogar mit in die Tanzpremiere („Haben Sie ein Glück, dass meine Frau krank geworden ist“), damit der auch mal „ein bisschen Bildung“ abbekommt. Ganz erfolgreich scheint die Strategie der kulturellen Erziehung aber nicht zu sein. „Das war doch wohl Dienstzeit?“, fragt Rico zum Schlussapplaus.