Exklusiv Das Land erstellt einen Solidarpakt für die Hochschulen, der ihnen für die kommenden fünf Jahre finanzielle Sicherheit geben und für alle Hochschularten gelten soll. Wolfram Ressel, der Rektor der Uni Stuttgart, macht sich im Interview für die besonderen Bedürfnisse der Universitäten stark.

Stuttgart – - Der Kampf ums Geld ist entbrannt. Das Land erstellt einen Solidarpakt für die Hochschulen, der ihnen für die kommenden fünf Jahre finanzielle Sicherheit geben soll. Der Plan gilt für alle Hochschularten. Für die besonderen Bedürfnisse der Universitäten macht sich Wolfram Ressel, der Rektor der Uni Stuttgart stark. Als stellvertretender Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz wehrt er sich gegen Verteilungskämpfe und fordert mehr Geld für alle.
Herr Ressel, die Universitäten haben mit der Schließung von Studiengängen gedroht, wenn es nicht mehr Geld gibt. Nun hat der Bund Zusagen gemacht. Hat sich die Lage entspannt?
Die Lage hat sich überhaupt nicht entspannt. Es hat noch keiner gesagt, wohin die Bundesmittel fließen. Auch ist unklar, in welcher Größenordnung sie umverteilt werden.
Allein aus der Bafög-Neuordnung werden im Land 71 Millionen frei, wo soll das Geld eingesetzt werden?
Wir haben einen Zusatzbedarf von 682 Millionen errechnet. Das ist fast das Zehnfache dessen, was durch das Bafög für Baden-Württemberg frei wird. Aber der Anfang stimmt uns positiv. Unser Problem ist, wir wissen nicht, wie viel in die Schulen geht und wie viel die Hochschulen tatsächlich bekommen. Man muss sehen, dass die Schülerzahlen stetig zurückgehen, die Studierendenzahlen wachsen dagegen stetig auf und werden langsamer zurückgehen als ursprünglich erwartet. Die neuesten Prognosen der Kultusministerkonferenz rechnen für Baden-Württemberg sogar noch im Jahr 2023 mit höheren Anfängerzahlen als 2010.
Auf Landesebene laufen die Verhandlungen zum Solidarpakt. Es zeichnet sich ab, dass die Grundfinanzierung erhöht wird. Sind Sie mit dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen zufrieden?
Die Landesregierung hat uns zwar einige gute Rahmenbedingungen, aber noch keine Zahlen genannt, und sie hat auch noch nicht gesagt, wie hoch der Aufwuchs sein wird und wie sie ihn finanzieren will. Insofern hat sich für uns noch nichts Entscheidendes getan. Die Verhandlungen laufen schleppend, sodass es am 24. Juni wieder eine landesweite Studierendendemonstration in Stuttgart geben wird.
Woran hakt es bei den Verhandlungen?
Das Land hat ein zentrales Problem und das ist die Schuldenbremse. Aufgrund der sprudelnden Steuereinnahmen erheben viele Bereiche finanzielle Ansprüche, auch die Hochschulen.
Was wollen die Universitäten?
Wir fordern einmal einen dreiprozentigen Aufwuchs in der Grundfinanzierung, denn diese wurde seit 1998 nicht erhöht. Weiter verlangen wir, dass das Budget jährlich um die Inflationsrate plus einem Prozent steigt, wie auch vom Wissenschaftsrat gefordert. Sehr wichtig sind für die Universitäten die Energiekosten. Anders als die anderen Hochschularten, bei denen das Finanzministerium diese Kosten übernimmt, müssen die Universitäten die Energiekosten aus den Mitteln für Forschung und Lehre bezahlen. Wir geben jetzt 52 Millionen Euro mehr für Energie aus, als noch vor zehn Jahren. Die Kosten haben sich mehr als verdoppelt. Es geht dabei vor allem um den Energiebedarf für die Forschungseinrichtungen. Allein der Höchstleistungsrechner an der Uni Stuttgart kostet im Jahr vier Millionen Euro mehr an Energie für die Kühlung. Daher brauchen wir in unserem Etat mindestens die im Jahr 2014 tatsächlich angefallenen Energiekosten.
Wie hoch sind die Forderungen der Universitäten in Euro?
Wir verlangen die Erhöhung der Grundfinanzierung der Universitäten um 682 Millionen.
Die Mittel des Landes sind begrenzt. Einzelne Rektoren fordern wieder Studiengebühren. Ist das die Haltung der Rektorenkonferenz?
Studiengebühren sind ein Thema, das uns sicherlich wieder erreichen wird. Wenn die Grundfinanzierung nicht substanziell erhöht werden kann, müssen wir längerfristig über andere Finanzierungsquellen sprechen. Allerdings gehen wir davon aus, dass Studiengebühren derzeit politisch nicht opportun sind. Wenn wir die 682 Millionen bekämen, könnten wir unsere Haushalte für die nächsten fünf Jahre auskömmlich finanzieren, dann sind für uns Studiengebühren kein Thema.