Eine Woche lang werden leere Wohnungen auf dem Hallschlag zu einem Experimentierfeld für junge Menschen. In kostenlosen Workshops lernen sie, wie aus Paletten Möbel werden und wie sie selbst ihren Stadtteil gestalten können.

Bad Cannstatt - Ganz einfach war es nicht. Ein Jahr lang haben Gitti Scherer von der Projektinitiative Stuttgart hoch fünf und Naemi Keuler vom Kulturkabinett (KKT) Pläne geschmiedet, Sponsoren gesucht und im Stadtteil die Werbetrommel für das Sommeratelier Hallschlag gerührt, bei dem Jugendliche und junge Erwachsene noch bis Freitag kostenlos an kreativen Workshops teilnehmen können. Viele Unterstützer haben sie in dieser Zeit gefunden, aber nicht genug: Statt 42 000 kamen nur 26 000 Euro zusammen, die Anmeldungen flatterten nicht so zahlreich ins Haus wie gehofft.

 

Aufzugeben war für die beiden Powerfrauen aber nie eine Option. „Für mich ist es auch ein ganz persönliches Anliegen, ein Experimentierfeld für Jugendliche zu gestalten“, sagt Scherer. Sie selbst habe ihr Potenzial in der Schule erst spät und nur dank einer Theatergruppe entfalten können, in der sie aktiv war. „Wir haben das Beste aus der Situation gemacht“, ergänzt Keuler. Viele Helfer und Workshopleiter leisteten auch ehrenamtliche Arbeit oder engagierten sich in ihrer Freizeit. Weil man sich kurzerhand entschieden habe, auch Flüchtlingsorganisationen ins Boot zu holen, seien rund die Hälfte der etwa 70 Teilnehmer Flüchtlinge, die sich mit ihren ganz eigenen Talenten einbrächten: „Bei unserem Musikworkshop wurden zum Beispiel schon Lieder aus Spanien, dem Libanon und dem Irak zum Besten gegeben.“

Möbel aus Paletten und Visionen der perfekten Stadt

Im Nachhinein, glaubt Keuler, könne es sich als Glück erweisen, dass viele Flüchtlinge sich im Sommeratelier engagierten: „So sehen sie gleich, dass es überhaupt nicht problematisch ist“, so Keuler. In den leer stehenden Häusern der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft (SWSG) an der Lübecker Straße 8 bis 10, wo die Kreativ-Workshops stattfinden, sollen nämlich übergangsweise von Juni an Flüchtlinge untergebracht werden.

Zurzeit wird in den leeren Wohnungen auf dem Hallschlag musiziert, gefilmt, eine Wohlfühl-Lounge kreiert, die Hauswände werden mit Graffiti verschönert. Die Hallschlag-Reporter dokumentieren alles: Im Blog ist unter anderem zu lesen, wie sich die Teilnehmer des Filmworkshops mit den Visionen ihrer eigenen perfekten Stadt auseinandersetzen, wie Möbel aus Paletten entstehen oder wie ein Schriftzug für ein gelungenes Graffiti entsteht. „Wir lernen auch viel“, sagt die 15-jährige Tutku, die sich am Reporter-Workshop beteiligt. Auf dem Programm stehen dafür zum Beispiel ein Foto-Workshop oder Sprechtraining. „Wir wollen den Jugendlichen zeigen, dass sie selbst etwas schaffen und gestalten können“, sagt Scherer. Die Ergebnisse auch zu präsentieren, sei ein wichtiger Bestandteil dieses Prozesses. Am Wochenende wird es deshalb ein Atelierfest geben, bei dem sich die Türen der eigentlich leer stehenden Häuser für alle öffnen.

Atelierfest und internationales Picknick

Für die Initiatorinnen ist der Hallschlag ein Pilotprojekt. „Wir würden gerne in den kommenden Jahren in anderen Stadtteilen weitermachen“, sagt Scherer. Wichtig sei, dass das Projekt jeweils zum Stadtbezirk passe: „Wir stellen die räumlich-zeitliche Organisationsstruktur, die Inhalte werden von den Menschen vor Ort entwickelt.“

Termine
: Das Atelierfest beginnt am Freitag, 29. Mai, um 18 Uhr mit der Präsentation der Workshops. Anschließend ist bis Mitternacht eine Party mit DJs. Am Samstag, 30. Mai, sind die Ateliers an der Lübecker Straße 8 bis 10 von 14 bis 20 Uhr geöffnet, es gibt Infostände und Workshops. Am Sonntag, 31. Mai, beginnt um 11 Uhr ein internationales Picknick. Weitere Informationen stehen im Internet unter www.sommeratelier-hallschlag.de.