Ein Raketenmechaniker aus Leidenschaft führt Leser der StZ durch eines der ungewöhnlichsten Museen der Metropolregion: das Triebwerk-Testgelände bei Lampoldshausen. Es war einer der wichtigsten Geburtshelfer der europäischen Raumfahrt.

Lampoldshausen - Manchmal kann es von Vorteil sein, nicht alles wegzuwerfen. Dem Prüfstandmeister Adolf Frank, der jahrelang Überbleibsel von Raketentests gesammelt hat, ist es zu verdanken, dass in einem Wald nördlich von Heilbronn, unweit der A 81, eines der ungewöhnlichsten Museen der Metropolregion entstanden ist. Im Eingangsbereich des zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen gehörenden Geländes sind Triebwerke und Teile von Prüfständen ausgestellt, die Frank gerettet hat. Sie dokumentieren, wie dort mehr als 50 Jahre lang Raketentechnik getestet worden ist. Im Rahmen der Sommerferienaktion hat der Prüfveteran StZ-Lesern die Geschichte jener ungewöhnlichen Einrichtung nähergebracht, die zu einem der wichtigsten Geburtshelfer der europäischen Raumfahrt geworden ist.

 

Er sei schon als junger Mechaniker von der Raketentechnik begeistert gewesen, in seiner ehemaligen Werkstatt in Öhringen habe er einen Raketenantrieb nachgebaut und damit die Kollegen in Angst und Schrecken versetzt, erzählt Frank. Als er später von den Plänen des Luftfahrtprofessors Eugen Sänger hörte, in Lampoldshausen ein Entwicklungsgelände für Raketenantriebe einzurichten, sah er seine Chance gekommen. 1961 bekam Adolf Frank den Job – und tauchte in eines der spannendsten Kapitel der europäischen Raumfahrt ein. Ging es zunächst um einen einzelnen deutschen Satelliten im All, so wurde daraus schließlich eine Folge von europäischen Programmen, an dessen Ende der Start der ersten Ariane-Rakete an Heiligabend des Jahres 1979 stand. „Das war das größte Geschenk für uns“, erinnert sich Adolf Frank.

Kriegstechnik stand Pate

In den weltraumblau gefärbten Räumen des Forums sind Modelle und Teile jener Raketen ausgestellt, angefangen mit Überresten des Antriebs der Rakete vom Typ Wasserfall. Dieses im Zweiten Weltkrieg entwickelte und nie in Serie gegangene Flugabwehrgeschoss lieferte das Prinzip des Triebwerks mit Flüssigbrennstoff, dessen zwei Komponenten in einer speziellen Brennkammer durchmischt und zur Zündung gebracht wurden. Diese Technik wurde Pate des Europa-Programms, aus welchem später die Ariane hervorging. Teile des Antriebs der Ariane 5, der im Moment leistungsfähigsten Trägerrakete der Welt, sind ebenfalls im Museum zu sehen.

All diese Triebwerke, welche die Raketen ins All befördern, haben in Lampoldshausen umfangreiche Tests absolviert. In einem Film kann man die riesigen Wasserdampfwolken sehen, die über dem Areal aufsteigen, wenn eines der Raketentriebwerke minutenlang einen Probelauf absolviert. „Wenn am größten Prüfstand P5 ein Triebwerk gezündet wird, reicht die Wolke einen Kilometer hoch“ sagt Frank, der sich das Spektakel bereits vom Flugzeug aus angesehen hat. Riesige Mengen Wasserstoff und Sauerstoff verbrennen dann in wenigen Minuten, 5000 Liter Wasser pro Sekunde braucht es, um die Anlage ausreichend zu kühlen.

Nicht immer funktioniert die Kühlung

Eine der größten Herausforderungen sei es gewesen, Absaugeinrichtungen zu bauen, welche auf den Prüfständen die heiße Gase abtransportierten, erzählt Adolf Frank. In der Ausstellung werden Triebwerksteile gezeigt, bei denen die Kühlung nicht funktioniert hat. Deren verbogenes und geborstenes Metall erinnert an die Überreste eines Silvesterkrachers.

Vor allem aber ist die Historie des Testgeländes in Lampoldshausen eine europäische Erfolgsgeschichte. Besonders deutsche und französische Experten hätten im Laufe der Testreihen und Entwicklungen Freundschaft geschlossen, sie hätten gemeinsam Besenlokale besucht oder Fußballspiele gegeneinander ausgetragen. Manches technische Problem habe sich so viel besser lösen lassen, sagt Adolf Frank. Europa sollte die Weltraumforschung vorantreiben, ist seine Auffassung. Das Virus der Raketenbegeisterung hat Adolf Frank vererbt. Seine Tochter Anja hat Luft- und Raumfahrt studiert. Sie machte Karriere und ist heute Leiterin der Versuchsanlagen in Lampoldshausen.

Mit Herz bei der Sache

Die Teilnehmer der StZ-Gruppe, von denen viele technisch interessiert sind, waren begeistert von der Leidenschaft des Prüfstandmeisters. „Er bewegt sich im Museum, als ob er in seinem Wohnzimmer wäre“, sagte Carmen Wenger aus Steinenbronn im Kreis Böblingen. „Man merkt, dass Sie mit Herz bei der Sache sind“, attestierte ihm Michael Knaupp aus Gerlingen (Kreis Ludwigsburg). Und der 13-jährige Nils Schneider aus der Rems-Murr-Kommune Weinstadt fand die zerstörerische Kraft der Triebwerke eindrucksvoll, während seinen Großvater Friedrich Reeger in erster Linie die technischen Erklärungen beeindruckten. „Vor allem von jemandem, der das von der Pike auf gelernt hat.“