Ministerpräsident Kretschmann hat eine frohe Botschaft für die Beamten: Die Absenkung der Eingangsbesoldung werde zurückgenommen. Dies soll ein Signal für eine bessere Zusammenarbeit mit dem Beamtenbund sein. Landesbundchef Stich zeigt sich dafür aufgeschlossen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Sechs Minister – mithin das halbe Kabinett – waren am Donnerstagabend beim politischen Sommerfest des baden-württembergischen Beamtenbundes vertreten. Sie waren Zeuge eines ungewohnt angenehmen Tons zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seinem Kontrahenten, Landesbundchef Volker Stich. Nachdem sich die beiden schon vor einer Woche unter vier Augen verständigt hatten, machten sie den neuen Konsenskurs nun öffentlich.

 

Regelmäßige Gesprächskreise werde man einrichten, sagt der Grüne, „so dass Sie frühzeitig erfahren was anliegt und dass wir frühzeitig Ihre Gegenvorschläge erfahren“. Man wolle in eine Phase des kontinuierlichen Austauschs kommen, „wo wir fair miteinander umgehen“, versprach er.

Kretschmann zeigt sich einsichtig

Als erste frohe Botschaft brachte er die Rücknahme der Absenkung der Eingangsbesoldung mit. „Wir sind Argumenten zugänglich“, sagte Kretschmann. Diese Zusage könne Stich schon mal auf seinem Pluskonto verbuchen. Es sei der Koalition aber nicht leicht gefallen, weil ein so „großer Brocken“ woanders eingespart werden müsse. Selbst sein jüngster Sohn habe seine Unterschrift unter die entsprechende Forderung aus der Beamtenschaft gesetzt. Dies sei zwar nicht der Grund für die Entscheidung gewesen, scherzte der Regierungschef, aber die Zeit sei reif dafür.

Die Vorgängerregierungen Schwarz-Gelb und Grün-Rot hatten allen Beamten das Gehalt in den ersten drei Dienstjahren um vier Prozent (bis zur Besoldungsstufe A11) und um acht Prozent ab der Stufe A12 gekürzt. Für Stich hat die Rücknahme, wie er sagte, oberste Priorität. Der öffentliche Dienst habe zunehmend Probleme, qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, warnte er nachdrücklich – nicht nur in Mangelbereichen, sondern auch in der Finanzverwaltung, in Gesundheitsämtern, der Sozialarbeit und Polizei. Es bestehe Handlungsdruck für die Regierung. Der Beamtenbund fordert eine Rücknahme auf einen Schlag statt nur schrittweise oder gar nach Berufsgruppen gestaffelt. Die CDU-Fraktion hat er offenbar auf seiner Seite, wie auf dem Sommerfest zu hören ist. Die Rücknahme würde das Land erst einmal 55 Millionen Euro pro Jahr kosten. „Wie schnell das im Einzelnen sein wird, muss man sehen“, setzte Kretschmann nur noch ein kleines Fragezeichen. Finanzministerin Edith Sitzmann, mit der Stich am Montag zusammenkam, hat sich noch nicht so genau festgelegt (und traf erst nach den Reden ein).

Andere Sparmaßnahmen drohen noch

Allerdings stehen noch weitere mögliche Sparopfer aus – eine gedeckelte Übertragung der Ländertarifabschlüsse 2017 auf ein Prozent etwa, eine Nullrunde gar oder die Abschmelzung der Pensionen. „Ohne Schmerzen für die Beamten wird es leider nicht abgehen“, sagte Kretschmann. Bei einem Personalkostenanteil von 40 Prozent im Haushalt „kann man so etwas nicht am Personal vorbei machen“. Es tue ihm Leid, aber „Sie können anscheinend wählen, wen sie wollen: Immer wieder wird es Ihnen gesagt“. Das war ein Seitenhieb auf frühere Warnungen Stichs, dass sich die Beamten von den Grünen an der Wahlurne abkehren würden.

Dennoch reichte auch der Landesbund-Chef seine Hand „zu einer konstruktiven, besseren Zusammenarbeit mit der Landesregierung“ – aber „nicht grenzenlos“, wie er betonte. Offenbar müssten 800 Millionen Euro eingespart werden: zur Hälfte über die kommunalen Zuweisungen und durch Sparmaßnahmen bei den Beamten. Gleichzeitig gebe es Nebenabreden für zusätzliche Ausgaben. Nun frage er sich, welche Ausgabenschwerpunkte Kommunen und Beamten finanzieren müssten. Da hätten nicht nur Steuerzahlerbund und Rechnungshof Anspruch auf Transparenz.

„Der Beamtenbund in Baden-Württemberg steht zur Schuldenbremse“, sagte Stich. In anderen Ländern wie Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen werde das hohe Ziel aber nicht mit der gleichen Verve angestrebt. „Sollte am Ende Baden-Württemberg als bundesdeutscher Musterknabe das Ziel der Nullverschuldung allein durch Sparen bei Kommunen und Beamten erreichen – das wäre eine verkehrte Welt.“