Der Wagenhallen-Macher Thorsten Gutbrod redet über Subkultur, Schrottplätze und eine Insel mitten in Stuttgart.

Stuttgart - Auf dem Schrottplatz nebenan wühlen sich Baggerschaufeln durch Schuttgebirge. Eine Schlaglochpiste führt zu den Wagenhallen im Inneren Nordbahnhof. In dem Backsteinbau ist eine deraufregendsten Kulturlandschaften Deutschlands entstanden. Rund 80 Künstler arbeiten in Ateliers. Sie haben Zukunft: Kürzlich ist der Mietvertrag für die Wagenhallen um fünf Jahre verlängert worden. An diesem Tag dreht der SWR seinen neuen "Tatort" auf dem Gelände. Auf einer Kulissenmauer steht der Satz "Wir wollen keine Spekulantenschweine!". In den Wagenhallen sitzt Thorsten Gutbrod auf einer Bierbank. Der 36-Jährige wirkt auf den ersten Blick wie ein Sunnyboy. Aber wie tickt der Macher der Wagenhallen wirklich?

Herr Gutbrod, wir befinden uns hier in der Nähe der City, gar nicht so weit vom Bahnhof entfernt - und doch wirkt dieser Ort wie eine abgeschiedene Insel.


Stimmt, ich bin wirklich selten in der Stadt. Meistens ist sie mir zu voll, und ich habe schnell keine Lust mehr drauf. Die Wagenhallen sind ein Paralleluniversum in Stuttgart. Das Ganze funktioniert wie eine kleine geschlossene Volkswirtschaft. Da die meisten Künstler kaum rausgehen, brauchen sie nur wenig Geld. Das meiste davon geht für Bionahrungsmittel drauf.

Wie romantisch. Also ernähren sich die Künstler auf dem Gelände von Luft, Liebe und Biorüben?


Nee, viele von unseren Leuten haben es schon ziemlich weit nach oben geschafft. Die haben Galeristen, einige sind in der Staatsgalerie vertreten. Die anderen arbeiten nebenher. Die knüppeln zwei, drei Monate in einem Job, verdienen ein bisschen Geld und konzentrieren sich danach wieder auf ihre Kunst.

Das hört sich idealistisch an. Was aber passiert mit ihnen, wenn sich die Kunst nicht verkauft?


Für die Künstler zählt ihre Idee - was danach kommt, interessiert viele kaum. Ich gehe dann auf die Leute zu und frage sie: "Was willst du nun mit deiner Kunst machen?" Dann gucken die mich oft mit großen Augen an. Rente, Absicherung und so - das ist für die kein Thema.

Für Sie spielt das Geld aber eine entscheidende Rolle. Sie betreiben die Wagenhallen gemeinsam mit Ihrem Partner Stefan Mellmann als Kultur-, aber eben auch als Wirtschaftsbetrieb.


Wir wollten bewusst kein Verein sein, sondern ein Kulturbetrieb auf privatwirtschaftlicher Basis. Deshalb haften wir für jeden Cent mit unserem Privatvermögen.