Aus dem Schatten des langjährigen Ministerpräsidenten Kurt Beck oder „König Kurt“, wie er oft genannt wurde, ist seine Nachfolgerin Malu Dreyer dank ihrer freundlichen und zugewandten Art längst herausgetreten.

Mainz - Von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat Christian Ciesielski eine ausgesprochen positive Meinung. „Aus unternehmerischer Sicht wirkt sie sehr angenehm, bringt frischen Wind“, sagt der Juniorchef der Firma Wepa Apothekenbedarf in Hillscheid im Westerwald. Bei ihrem Vorgänger Kurt Beck habe er dagegen manches als angestaubt empfunden, der habe eher „wie ein Auslaufmodell“ agiert.

 

Das Familienunternehmen Wepa beliefert mehrere tausend Apotheken in Deutschland unter anderem mit Geräten zum Mischen von Medikamenten oder zum Blutdruckmessen. Und es ist eine von mehreren Firmen und Kultureinrichtungen, die Dreyer auf ihrer Sommerreise durch Rheinland-Pfalz diese Woche besuchte. Auf allen Stationen des Programms unter dem Motto „Industrielle Innovation und Fachkräfte“ punktete die 53-Jährige mit ihrem Charme, ihrem alles andere als gespielt wirkenden Interesse und der Art, wie sie auf Menschen zugeht – vom Firmenchef bis zum Arbeiter in der Produktion.

Die nächste Wahl wird kein Selbstläufer für Dreyer

Gut anderthalb Jahre nach ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin ist Dreyer mit ihrem eigenen Stil aus dem Schatten von „König Kurt“, wie Beck oft genannt wurde, längst herausgetreten. Allerdings muss sie sich noch immer stark mit den von ihm hinterlassenen landespolitischen Problemen herumschlagen. Die Flughäfen Hahn und Zweibrücken und vor allem das Millionengrab am Nürburgring lassen die im Frühjahr 2016 anstehende Landtagswahl nicht zum Selbstläufer für die Sympathieträgerin werden. Doch Dreyer bleibt gelassen. Nein, sie grübele nicht über eine zündende neue Idee für den Wahlkampf, betont sie. „Mein Wahlerfolg hängt davon ab, dass wir gut und glaubwürdig regieren“, sagt sie selbstbewusst.

Dabei setzt sie auf Bildung, gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und den Schuldenabbau. Vor allem das Thema digitale Revolution, das sie gerne „Industrie 4.0“ nennt, bewegt sie – und dass Rheinland-Pfalz für junge Menschen attraktiv bleibt. Gerne hört die Regierungschefin daher beim Besuch der Firma Leifheit in Nassau, dass dort die Auszubildenden in einer Juniorfiliale schon unternehmerische Verantwortung übernehmen und auch den Facebookauftritt des Unternehmens verantworten. Oder sie lobt beim Softwareunternehmen IBS in Horch-Grenzhausen deren Engagement für digitale Produktion und Qualitätsmanagement etwa beim Autobau oder der Planung von Fabriken auf dem PC.

Oppositionsführerin Julia Klöckner sieht keinen Fortschritt

Dass der Flughafen Zweibrücken insolvent wurde, nachdem die EU 56 Millionen Euro an Subventionen zurückgefordert hatte, war aber zweifellos ein harter Schlag für ihre rot-grüne Landesregierung. Und bis Oktober erwartet Dreyer die Entscheidung der EU-Kommission über den Nürburgring. Dabei fürchtet sie weniger eine mögliche Rückforderung von 500 Millionen Euro Subventionen. Denn die würden ohnehin in die Insolvenzmasse des Projekts eingehen. Viel wichtiger sei, dass Wettbewerbskommissar Juan Almunia die inzwischen erfolgte Vergabe des Nürburgrings an das Unternehmen Capricorn bestätige.

Denn der dabei unterlegene Konkurrent Nexovation aus den USA hat Beschwerde bei der EU eingelegt. Wird der stattgegeben, müssten Rennstrecke und Freizeitpark neu ausgeschrieben werden – das wäre ein Debakel für die Regierung in Mainz. Weniger Grund zur Sorge sieht Dreyer beim Flughafen Hahn, zu dem es schon positive Signale aus der EU gegeben habe.

CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner setzt indes alles daran, Dreyer bei der Wahl in anderthalb Jahren abzulösen und lässt naturgemäß kein gutes Haar an der Regierungschefin. „Der Wechsel in der Staatskanzlei hat zwar ein neues Gesicht, aber keinen Fortschritt gebracht“, sagt sie. Denn jetzt zeige sich, das die alten Probleme auch die neuen seien und weitere hinzukämen. Zudem vermisse sie eine Vision, wie sich Dreyers Regierung die Entwicklung von Rheinland-Pfalz vorstelle. Die Ministerpräsidentin dagegen ist optimistisch, dass bei den Gesprächen über den Länderfinanzausgleich am Ende eine Einigung erzielt wird.