Von Vietnam aus will der Ökovisionär Hans-Peter Hamann die hippen Hosen auch aus ökologischer Sicht tragbar machen. Als Verbündeten hat er einen Kleiderhändler in Sachsenheim gefunden.

Sachsenheim - Hans-Jörg Hamann versteht die Welt nicht mehr. Da wirft der 68-jährige Textilprofi seine ganze Berufserfahrung in die Waagschale, weil er Jeans, so wie sie üblicherweise hergestellt werden, für untragbar hält. Erst werden sie mit chemischen Keulen aufwendig eingefärbt, dann erhalten sie ihren begehrten „used look“ – ebenfalls mit Hilfe der ganzen Bandbreite der Chemie. Die Umwelt ist der Verlierer. Hamann hat eine Färbe- und Bearbeitungsmethode gefunden, die ganz ohne Chemie und giftiges Abwasser auskommt. Und der Konsument? „Sobald etwas einen ökologischen Anstrich hat, wird es als unmodisch aussortiert“, sagt Hamann. „Wie soll man da die Welt retten?“

 

Idealistisch und weich

Doch nichts weniger hat der Idealist Hamann sich auf die Fahnen geschrieben, mit einem Projekt, dessen Faden in Vietnam gesponnen – und in Sachsenheim aufgenommen wird. Per Mail und Zufall stieß Konrad Buck vom „House of Jeans“ in Großsachsenheim auf den Öko-Pionier aus Hameln. Er ließ sich von der Idee überzeugen und orderte einige Chargen der Jeans. Die Ware fühlt sich deutlich weicher an, als handelsübliche Jeans. Ansonsten sind sie vor allem eines: extrem auffällig. Alle Arten von Färbungen, Waschungen und Zerstörungseffekten hat Hamann mit seinen Hosen ausprobiert. „Wir wollen zeigen, dass wir die volle Palette der Technik beherrschen – nur mit ökologischen Mitteln“, sagt Hamann.

Doch der Verkauf könnte besser sein, gibt Buck zu. „Es werden immer wieder welche gekauft, aber ein reißender Absatz sieht anders aus.“ Neben dem Öko-Manko liegt das auch am stolzen Preis. Die Jeans sind ab 70 Euro zu haben – die meisten kosten aber 150 Euro und mehr.

Gesucht wird: ein Großinvestor

Der Preis liegt nicht so hoch, weil Hans-Jörg Hamann sich bereichern will. Der ehemalige Geschäftsführer des Textilausstatters Steilmann hat vielmehr ein betriebswirtschaftliches Problem: die niedrigen Stückzahlen. „Wir bräuchten einen Großinvestor, der uns eine Produktionsstrecke baut“, sagt Hamann. Mit einer anständigen Serienproduktion könne seine Jeans sogar günstiger sein, als die konventionelle Konkurrenz. Denn die Entsorgung des verunreinigten Abwassers mache für sie mehr als 50 Prozent der Kosten aus.

Doch so lange der Konsument nicht nach der Chemiekeule in den Jeans frage, die im übrigen auch verheerende gesundheitliche Folgen für die Arbeiter habe, ändere sich der Markt wohl nicht – weil die Großproduzenten keinen Anreiz hätten, ihre Produktionsart zu ändern. Bis dahin setzt Hans-Jörg Hamann auf seine Verbündeten und seine Talente.

Malen mit Jeanswasser

Zu seinen Verbündeten zählt neben Konrad Buck aus Sachsenheim auch Peter Parwan von der Öko-Lifestyle-Bewegung „Lohas“ . Weil das Lohas-Label die Konsumenten alleine nicht überzeugt, tut Hans-Jörg Hamann Dinge, die er auch noch kann. Vermarkten zum Beispiel. Und malen. Als junger Kerl habe er Landschaftsbilder für Heimatvertriebene gemalt. Jetzt malt er mit dem Färbewasser von seinen Jeans. Jedem Modell wird ein passender Original-Hamann an die Seite gestellt. Zu sehen sind die Werke momentan im Hochzeitshaus in Hameln, wo Hans-Jörg Hamanns Schwester wohnt. Und natürlich in einem neuen Laden, der kürzlich in der Hamelner Altstadt eröffnet hat. Er gehört einem gewissen Konrad Buck . . .

Auf Tuchfühlung

Erfinder
Der Erfinder der Jeans, Levi Strauss, hat seine Hosen für Goldgräber entwickelt: Der US-amerikanische Stoffhändler entwarf robuste Hosen , die möglichst lange halten sollten.

Nachfolger
Heute sind Jeans im Trend, die möglichst kaputt aussehen. Das dafür angewendete Sandstrahlen ist extrem gesundheitsgefährdend. In der Türkei wurden Fälle der Lungenkrankheit Silikose bekannt, deshalb wurde die Technik dort verboten. Doch in anderen Ländern wird sie weiter angewandt.