1965 – vor 50 Jahren – ging der Kindergarten für körperbehinderte Kinder auf den Hengstäckern in Möhringen in Betrieb. Seit 25 Jahren ist in dem Haus auch eine Regelkindergartengruppe untergebracht.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Für Bürgermeister Matussek war es eine „ausgezeichnete Lösung“. Diese Worte wählte er, als er 1965 – vor 50 Jahren – den Schulkindergarten für körperbehinderte Kinder offiziell eröffnete. „In verstärktem Maße ist die Öffentlichkeit seit der Gründung des Vereins für spastisch gelähmte und andere körperbehinderte Kinder auf deren Notlage aufmerksam geworden“, heißt es in dem Zeitungsartikel von damals. Die Hilferufe der betroffenen Eltern seien nicht ungehört verhallt.

 

„Das war die 68er-Generation“, sagt Monika Mayer, die den Kindergarten zusammen mit Angela Schmitt leitet. Erst Mitte der 1960er-Jahre hatte das Land die Schulpflicht für behinderte Kinder eingeführt. Mütter und Väter erhoben ihre Stimme und wollten ihren Kindern eine größtmögliche Teilhabe ermöglichen.

Bei den städtischen Ämtern war der Tenor damals dennoch ein anderer. „Dort ging es darum, mit Hilfe einer frühzeitigen Förderung Spätschäden zu vermeiden“, sagt Mayer. Das geht auch aus dem Zeitungsartikel hervor: „Jeder Monat, der ungenutzt verstreicht, kann vor allem für spastisch gelähmte Kinder nicht wieder gut zu machende Nachteile für ihre Wiedergesundung bringen“, ist dort zu lesen.

Das Gesundheitsamt überwachte die Einrichtung

„Das Gesundheitsamt überwachte die Einrichtung. Die dortigen Ärzte legten fest, wer in den Kindergarten gehen darf und wer nicht“, sagt Mayer. Der Schulkindergarten war Neuland für alle Beteiligten. Es gab keine Fachliteratur für die Pädagogen. Das einzige, was es gab, waren Bücher, die eigentlich für Mediziner gedacht waren.

Heute ist vieles anders. Die Erzieher und die Physiotherapeuten haben eine sonderpädagogische Zusatzausbildung. Und es gibt sogar eine Kinderkrankenschwester im Haus. Das ist auch notwendig. „Unsere Kinder sind oft schwerst mehrfachbehindert“, sagt Mayer. Der Personalbedarf und vor allem die Notwendigkeit an gut ausgebildeten Fachleuten sei damit deutlich gestiegen. Außerdem werden viel mehr Hilfsmittel gebraucht. Die Rollstühle, Rollatoren und andere Geräte stehen auf dem Gang. Dadurch ist es eng geworden. „Wir hätten gern mehr Platz. Wir haben auch schon Ideen entwickelt“, sagt Mayer. Doch vor einiger Zeit hat die Stadt einen Masterplan für das gesamte Sonderschulzentrum auf den Hengstäckern erstellt. Das Ergebnis: der Kindergarten kann nicht mehr saniert werden. Über kurz oder lang will die Stadt das Haus abreißen. „Das wird aber nicht vor 2020 passieren.“

25 Jahre Kooperation

Die Sonnenblume ist einer der wenigen Sonderschulkindergärten überhaupt. Aber nicht nur das macht ihn zu etwas Besonderem. Seit 1985 kooperiert das Team mit einem Regelkindergarten. Zunächst waren es gegenseitige Besuche am Nachmittag. „Doch man hat schnell erkannt, wie sehr das gegenseitig befruchtet“, sagt Mayer. 1990 – vor 25 Jahren – wurde die Zusammenarbeit verstetigt. Eine Gruppe aus dem Regelkindergarten am Friedemannweg zog mit in das Gebäude auf den Hengstäckern. Vieles machen die behinderten und nicht behinderten Kinder gemeinsam. Doch nach wie vor sind es unterschiedliche Träger: auf der einen Seite das Jugendamt, auf der anderen Seite das Schulverwaltungsamt und das staatliche Schulamt. Für die beiden Teams ist das nicht immer einfach.

Nachdem die zusätzliche Kindergartengruppe in das Haus auf den Hengstäckern eingezogen war, platzte dieses aus allen Nähten. Für eine Erweiterung musste das Team dennoch lange kämpfen. Die damalige Leiterin rief eine Spendenaktion unter der Überschrift „Ein Dach für den Kindergarten“ ins Leben. So kam ein Grundstock zusammen, den die Kinder, das Personal und die Eltern an das Schulverwaltungsamt übergaben. 1996 wurde der zusätzliche Raum eröffnet. „Seitdem haben wir einen Bewegungs- und Begegnungsraum, einen Ort für Elternabende und Feste, den wir nicht mehr missen wollen“, sagt Mayer.

Das nächste große Fest ist geplant. Am 20. Juni begeht die Sonnenblume ihr doppeltes Jubiläum. Gefeiert wird aber in der benachbarten Schule. Denn für so ein großes Fest ist der Pavillon dann doch zu klein.