Im Waldheim wohnt eine neue Gruppe von Flüchtlingen. Die Gemeinde lädt zum Begegnungsfest ein.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Dachswald - Als die Pfarrerin Mirja Küenzlen vor einem Jahr über die neue Notunterkunft im Waldheim Sonnenwinkel informiert hat, war die Dachswaldkirche völlig überfüllt. Und schon im Vorfeld der Veranstaltung waren Bedenken laut geworden. Von alldem ist nicht mehr viel übrig. Das mag eine Erklärung dafür sein, dass zu dem Termin am Mittwochabend lediglich zwölf Bürger gekommen sind. Sie gehören zum Freundeskreis und wollen weiterhin helfen. „Wir haben nicht mit einem Andrang wie vor einem Jahr gerechnet; dass es jetzt aber so wenige sind, ist doch ein wenig speziell“, sagte Küenzlen. Allerdings hätten sich auch viele Mitglieder des Freundeskreises entschuldigt, weil sie verhindert gewesen seien. Dennoch: „Es ist eine Herausforderung, nun wieder alle zusammenzubekommen“, sagte die Pfarrerin.

 

Hilfe wird nach wie vor gebraucht. Seit August leben wieder Flüchtlinge im Waldheim Sonnenwinkel. Die Situation ist aber eine andere als vor einem Jahr. Damals waren vor allem Familien aus einem Auffanglager in Karlsruhe nach Stuttgart gekommen. Nachdem die Stadt ausreichend Flüchtlingsunterkünfte gebaut hatte, zogen die Asylsuchenden um. Zum Teil war es ein tränenreicher Abschied, weil zwischen den Flüchtlingen und den Mitgliedern des Freundeskreises enge Bindungen entstanden waren.

Die Stadt reagiert zurückhaltend

Die Flüchtlinge, die im Sommer neu in den Dachswald gekommen sind, leben alle schon mindestens ein Jahr in Deutschland. Sie waren vorher in anderen Teilen der Bundesrepublik und sind freiwillig nach Stuttgart gekommen – zum Teil wegen ihrer Familien, zum Teil, weil sie sich in der Landeshauptstadt bessere Chancen erhoffen. „Die Stadt möchte die Bären nicht zum Honig locken“, sagte Heiner Küenzlen. Der pensionierte Oberkirchenrat ist mit Mirja Küenzlen verheiratet und im Freundeskreis engagiert.

Heiner Küenzlen meint damit, dass die Stadt zurückhaltend auf Flüchtlinge reagiert, die Stuttgart nicht zugewiesen sind. Darum auch die Notunterkunft, und darum bekommen die Asylsuchenden in der Notunterkunft auch nur bedingt Deutschkurse finanziert. „Uns muss es aber gleich sein, ob die Flüchtlinge der Stadt zugewiesen sind oder nicht. Sie sind da und brauchen unsere Hilfe“, betonte Heiner Küenzlen.

36 Menschen leben derzeit im Sonnenwinkel. Die meisten sind alleinreisende Männer. Es gibt nur drei Familien und damit auch nur drei Frauen. 13 Kinder sind dabei; ein Junge lebt mit seinem Vater im Waldheim, ein anderer mit seinem Onkel. Fast alle kommen aus Syrien, die meisten sogar aus einer Stadt. Fast alle sprechen arabisch. „Das Miteinander funktioniert ganz gut, es ist eine kulturelle Einheit“, sagte Mirja Küenzlen. Nur eine Familie kommt aus Kurdistan, ihre Kinder sprechen nur kurdisch.

Freundeskreis will Flüchtlingen beim Gestalten des Alltags helfen

Die Aufgaben für den Freundeskreis sind damit andere als vor einem Jahr. Es geht nicht darum, beim Ausfüllen der Asylanträge zu helfen. Es geht darum, für die Flüchtlinge eine Wohnung, einen Job oder zumindest ein Praktikum zu finden. „Das ist eine Herausforderung. Aber wir dürfen nicht aufhören zu versuchen, diese Ziele zu erreichen“, sagte Heiner Küenzlen und ergänzte: „Unsere erste Aufgabe ist es jedoch, den Flüchtlingen beim Gestalten ihres Alltags zu helfen.“

So sahen das auch die Mitglieder des Freundeskreises, die am Mittwochabend in die Dachswaldkirche gekommen waren. Sie hatten auch gleich einige Ideen. So soll es zum Beispiel wieder ein Begegnungscafé, Spieleabende und natürlich Sprachkurse geben. Auch die verschiedenen Angebote der Sportvereine in der Umgebung stehen den Flüchtlingen offen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass man die Neuankömmlinge erst an diese heranführen muss. Auch darum will sich der Freundeskreis kümmern. Wichtig sei außerdem die Begleitung der Flüchtlinge, betonte Küenzlen und meinte damit, dass man sich regelmäßig in der Unterkunft blicken lässt, Ansprechpartner ist und seine Hilfe anbietet. „Das meiste ergibt sich dann von ganz allein“, sagte Küenzlen. Um sich besser kennenzulernen, lädt der Freundeskreis am Samstag, 8. Oktober, die Bevölkerung zu einem Begegnungsfest ein. Beginn ist um 16 Uhr im Jugendhäusle an der Barchetstraße, Ende ist gegen 18 Uhr. Wer im Freundeskreis mitarbeiten möchte schreibt per Mail an Ak_fluechtlinge@thomasgemeinde-stuttgart.de.