Soziale Einrichtungen im Süden: die Ordensfrau stellt sich den Fragen der Bezirksbeiräte zu ihrer Franziskusstube unter der Paulinenbrücke.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Manchmal erwächst auch im größten Elend etwas Gutes. Ein kleines Gärtchen unter der Paulinenbrücke ist es, welches Schwester Margret von der Franziskusstube in den letzten Wochen besonders erfreut. Drei ehemalige Drogenabhängige bewirtschaften diese knapp zwei Quadratmeter große Parzelle mit viel Engagement und Liebe. „Das ist ein kleines Wunder“, erzählte die 69-jährige Franziskanerin in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats Süd. Es macht sie stolz, mit welch großer Mühe, die Frauen das Stückle bepflanzen und natürlich auch bewachen.

 

Eine Heimat für die Obdachlosen in Stuttgart

Zu Beginn seiner Amtszeit hatte sich Bezirksvorsteher Raiko Grieb (SPD) vorgenommen, die sozialen Vereine und Einrichtungen im Süden stärker in den Fokus zu nehmen. In knapp zehn Minuten haben diese nun regelmäßig in den Sitzungen die Chance, ihre Arbeit vorzustellen und sich den Fragen der Bezirksbeiräte. Schwester Margret klärte die Lokalpolitiker in der Sitzung über die aktuelle Situation unter der Paulinenbrücke auf. Seit 1997 kümmert sie sich dort um die Obdachlosenszene – dreimal hat die Franziskusstube seit ihrem Bestehen den Ort gewechselt.

Morgens gibt es Frühstück. Nach einer kleinen Besinnung setze sie sich mit „ihren Leuten“ zusammen hin, sagt Schwester Margret. Im Laufe der letzten 20 Jahre sei die „Stube“ längst für die Obdachlosen eine Heimat geworden, „ein Haltepunkt“. Besonders gefreut habe sie daher, dass bei einer Trottwar-Stadtführung von „der wichtigsten Einrichtung der Stadt“ die Rede war.

Streng genommen gehört die Franziskusstube natürlich zum Bezirk Mitte. Grieb war es dennoch ein Anliegen, „die Institution für Obdachlose“ ebenfalls in die Serie mit aufzunehmen. So beschäftigen die Auswirkungen der Szene rund um den Rupert-Mayer-Platz durchaus auch immer wieder die Bezirksbeiräte im Süden. Daher ist man allgemein froh, dass Schwester Margret vor Ort zu haben. „Die Franziskusstube ist wirklich unser Juwel“, sagte Wolf-Dieter Wieland(FDP). Ohne diese Einrichtung läge vieles mehr im Argen, ergänzte er und geriet dann fast ins Schwärmen: „Ihre Arbeit ist so vorbildlich und grandios.“

Heinrich Kaiser von der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus hatte befürchtet, dass es durch die Aufwertung des Quartiers im Zuge des Gerber-Neubaus zu einer Verdrängung der Szene käme. Dies konnte die Franziskanerin nicht bestätigen, ganz im Gegenteil. „Das hilft sogar unseren Leuten“, sagt sie. „Sie gehen da rein und zwar ordentlich gekleidet und versuchen nicht aufzufallen.“ Sie sei mit der neuen Situation deshalb sehr zufrieden.

Mehr psychisch Kranke leben auf der Straße

Der CDU-Mann Frank Jakob lobte die wertvolle Aufgabe und ihre langjährige Erfahrung in Brennpunkt-Gebieten. Er wollte deshalb eine Einschätzung der Schwester, wie sich die Gesellschaft in der Innenstadt in den letzten Jahren verändert hat. Das sei eine schwierige Frage, entgegnete sie. Immer habe es verschiedene Strömungen gegeben. Derzeit gebe es sehr viele Polen, die schwerst alkoholabhängig seien und auf der Straße herumhingen. „Das ist mir ein Rätsel, warum“, sagte sie. Auch die Zahl der stark psychisch Kranken steige konstant an. „Das macht mir wirklich Sorgen.“ Und ergänzte: „Da wünsche ich mir wirklich mehr Ruhe in unserer Gesellschaft, damit die Leute mehr durchschnaufen können.“

„Nachdenklich“ stimmten die Ausführungen von Schwester Margret die Bezirksbeirätin Christa Niemeier. Sie machte sich Sorgen um einen potenziellen Nachfolger. „Es ist ein wenig gefragter Beruf“, sagte die Schwester dazu. Dennoch: wenn es sein müsse, gehe es auch weiter.