Ein Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam über die Verteilung des Vermögens zeigt: In Deutschland besitzen 36 Milliardäre so viel wie die ärmere Hälfte der Bundesbevölkerung. Das hat weitreichende Folgen für die Gesellschaft.

Davos - Welche Folgen hat es für Gesellschaften, wenn wenige Personen mehr besitzen als die Hälfte der Bürger? Diese Frage wirft die Entwicklungsorganisation Oxfam in ihrer neuen Studie „Eine Wirtschaft für 99 Prozent“ auf. Demnach haben die acht reichsten Milliardäre weltweit mehr Kapital angehäuft, als den ärmeren 50 Prozent der Weltbevölkerung zur Verfügung steht. Die große Mehrheit der Menschen – die „99 Prozent“ - erleide dadurch massive Nachteile.

 

Oxfam veröffentlicht den Bericht anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos. Dort wird unter anderem diskutiert, ob eine zunehmende Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen zwischen Armen und Reichen den Aufstieg des neuen Nationalismus begünstigen. Manche Manager machen sich Sorgen darüber, dass zu große Ungerechtigkeit Wähler zu Politikern wie Donald Trump und den Befürwortern des britischen EU-Austritts treiben.

Unter den acht reichsten Männer der Welt sind Bill Gates und Warren Buffett

Die acht reichsten Männer der Welt besaßen 2016 zusammen angeblich knapp 400 Milliarden Euro. Darunter sind die US-Unternehmer Bill Gates (Microsoft), Warren Buffett (Berkshire Hathaway), Jeff Bezos (Amazon) und Marc Zuckerberg (Facebook).

Im Vergleich zur entsprechenden Veröffentlichung im Januar 2016 ist die Polarisierung jetzt noch stärker. Damals gab Oxfam an, 62 Milliardäre würden so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Auf Basis besserer Statistiken habe man jetzt aber festgestellt, dass die Vermögen noch konzentrierter seien. Die Berechnungen von Oxfam basieren unter anderem auf weltweiten Vermögensdaten der Bank Credit Suisse. Insgesamt liege etwa 90 Prozent des Weltvermögens in den Händen von nur zehn Prozent der Weltbevölkerung.

In Deutschland besitzen laut Oxfam 36 Milliardäre so viel wie die ärmere Hälfte der Bundesbevölkerung. An der Spitze stehen Mitglieder der Familie Albrecht (Aldi), Susanne Klatten (BMW) und Georg Schaeffler.

Diese Entwicklung führt laut Oxfam zu drei nachteiligen Folgen. Zum einen könnten sich die Superreichen dank ihres immensen Kapitals zunehmenden politischen Einfluss auch auf demokratisch gewählte Regierungen verschaffen. Zweitens „fühlen sich immer mehr Menschen abgehängt“, sagte Jörn Kalinski, Kampagnenleiter von Oxfam Deutschland. Das Gefühl der Ungerechtigkeit „untergräbt den Glauben an die Demokratie“ und „bereitet den Boden für Rechtspopulisten“. Drittens fehle das Geld, das die Superreichen bunkern würden, um wünschenswerte öffentliche Aufgaben zu erfüllen, beispielsweise Schulen zu bauen und zu renovieren.

Oxfam fordert internationale Mindeststeuersätze für Konzerne

Die Entwicklungsorganisation fordert deshalb staatliche Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene, um an einen Teil der gehorteten Vermögen heranzukommen. So sollen Steueroasen geschlossen, internationale Mindeststeuersätze für Konzerne und höhere Steuern für Reiche eingeführt werden. In den vergangenen Jahren gab es politische Versuche in diese Richtung. Die Industrieländer-Organisation OECD verstärkte ihre Aktivitäten gegen Steuerparadiese, in denen Investoren Geld verstecken. Die EU arbeitet an gemeinsamen Steuerregeln für Konzerne. Unter anderem wegen des geplanten Austritts Großbritanniens aus der EU könnten solche Maßnahmen bald aber schwerer durchzusetzen sein. Die britische Regierung hat schon durchblicken lassen, dass sie die Steuern für Unternehmen eher senken als anheben will.