Boykotte können die Falschen treffen, Kontrollen sind schwierig. Wie will man da faire Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion gewährleisten? Und welche Macht hat der Verbraucher? Über diese Fragen sprechen Experten auf dem CSR-Forum in Ludwigsburg.

Ludwigsburg - Der Appell ist leidenschaftlich: „Bitte respektieren Sie unsere Arbeiter – geben Sie ihnen faire Preise und fairen Gewinn!“, ruft Nazma Akter ihren Zuhörern zu, die sich in Ludwigsburg zum größten deutschen Kongress zur sozialen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, kurz: CSR) versammelt haben. Nazma Akter setzt sich als Präsidentin eines Bekleidungsverbandes und Generalsekretärin einer Stiftung für die Rechte der Textilarbeiterinnen in Bangladesch ein. In Ludwigsburg berichtet sie bei einer Podiumsdiskussion zu „CSR in der weltweiten Textil-Lieferkette“ über die Verhältnisse in ihrem Heimatland.

 

„Dies ist kein faires und verantwortungsvolles Geschäft“, betont Nazma Akter mehrfach und schildert anschaulich die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen, unter denen die Arbeiterinnen in dem nach China zweitgrößten Produktionsland für Kleider arbeiten müssen. In jüngster Zeit haben Unfälle und Brände in Textilfabriken die Weltöffentlichkeit auf die in Situation in Bangladesch aufmerksam gemacht. Gleichwohl ist Daniel Seidl, der Direktor der deutsch-bangladeschischen Industrie- und Handelskammer, froh, dass es aus Protest gegen die teilweise schlimmen Verhältnisse dort nicht zu einem Boykott von Textilien aus Bangladesch gekommen ist. Immerhin seien vier Millionen Frauen und ihre Familien auf das Einkommen angewiesen, das ihnen die Arbeit in der dortigen Textilindustrie bietet.

Bei manchen Preisen ahnt man, dass es nicht fair zugeht

Mehrfach wurde allerdings bei der Diskussion deutlich, dass die auch in Deutschland teilweise extrem niedrigen Textilpreise keine fairen Arbeitsbedingungen in Bangladesch ermöglichen. Daher appelliert auch Hubert Weiger, der Vorsitzende des bayerischen Landesverbandes des Naturschutzbundes BUND, an den Verbraucher, sein Einkaufsverhalten zu ändern. Die Textilkonzerne fordert er auf, nicht nur die Schwierigkeiten zu verdeutlichen, sondern einen Fahrplan zur Verbesserung der Situation zu entwickeln.

Das allerdings ist alles andere als einfach – auch das zeigt sich bei dieser Diskussion in Ludwigsburg immer wieder. So sei es vor allem sehr schwierig, von außen auf die Unternehmen einzuwirken, wie Jan Eggert berichtet, der früher Chef der Business Social Compliance Initiative (BSCI) war. Insbesondere seien Kontrollen nur sehr schwer durchzuführen. Am einfachsten sei dies für Firmen möglich, die in eigenen Fabriken in Bangladesch produzieren. Und Daniel Seidl ergänzt, dass nicht jede bekannte Textilmarke für gute und Discounter nicht notwendigerweise für schlechte Arbeitsbedingungen stehen – weil manche „gute“ Fabriken gleichzeitig auch im niedrigpreisigen Sektor produzierten.

Als Fazit der Veranstaltung lässt sich feststellen, dass der Weg zu einer nachhaltigen und sozial verantwortlichen Textilproduktion in Bangladesch ein komplexer und schwieriger Prozess ist, der viel Zeit und guten Willen erfordert. Der Verbraucher kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten, indem er sich bei billigen Textilien fragt, unter welchen Bedingungen sie entstanden sein müssen. Auch kann er sich, dazu raten Experten, im Internet über das Unternehmen informieren, bei dem er seine Kleider kauft. Das ist zwar keine Garantie, dass sich Worte und Taten decken – schließlich kann man in Prospekten und auf Internetseiten viel behaupten –, doch es ist immer noch besser, als sich gar nicht um die Herkunft der Ware zu kümmern.