Von 2015 an sollen jährlich 300 Sozialwohnungen in Stuttgart entstehen. Die Zahl beantragter Darlehen ist davon weit entfernt, was nicht nur der Mieterverein kritisiert. Die Stadtverwaltung ist aber zuversichtlich, ihre Ziele zu erreichen.

Stuttgart - OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte im aktuellen Haushalt und in seinem Wohnkonzept klare Ziele formuliert: 600 geförderte Wohneinheiten pro Jahr – davon 300 Sozialwohnungen. Angesichts der tatsächlich beantragten Darlehen scheint es jedoch fraglich, ob seine Ziele erreicht werden. 2013 wurden bei der L-Bank lediglich Fördermittel für 66 Sozialwohnungen in Stuttgart beantragt.

 

Im Land wurden 2013 bei der L-Bank 40 Anträge auf Förderdarlehen zum Neubau von Sozialwohnungen gestellt. Nur drei dieser Anträge im Zuge des im Landeswohnraumförderungsprogramms kommen aus Stuttgart. 887 Sozialwohnungen sollen landesweit subventioniert werden – lediglich 66 Einheiten davon entfallen auf Stuttgart. Das Kreditprogramm der landeseigenen Bank ist der gängige Weg zur Finanzierung von Sozialwohnungen. „Wer eine solche Wohneinheit bauen will, der nutzt in aller Regel diese Landesförderung“, erklärt der Vorsitzende des Stuttgarter Mietervereins, Rolf Gaßmann, und fügt an: „Aus eigenen Mitteln baut keiner eine Sozialwohnung.“

„Außerhalb der Landesförderung ist es nicht möglich, Sozialwohnungen zu bauen“, bestätigt auch der Pressesprecher der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), Peter Schwab. Bezeichnenderweise stammen alle drei Anträge für die 66 Wohnungen in Stuttgart von dem städtischen Tochterunternehmen. 2014 will die SWSG Anträge für 36 Wohnungen stellen. Von 2015 an sollen dann jährlich 100 Anträge gestellt werden, sagt Schwab.

Kaltmiete soll nicht mehr als 7,50 Euro betragen

Die Landesförderung beträgt aktuell rund 40 000 Euro pro Wohnung. Im städtischen Haushalt gibt es weitere Mittel. Unter dem Punkt „Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus“ finden sich für 2014 folgende Zahlen: 200 Wohnungen und zwei Millionen Euro. Für jede Wohnung macht das zusätzlich 10 000 Euro. Von 2015 an will die Stadt dann jährlich 300 soziale Wohneinheiten fördern. Erklärtes Ziel der Verwaltung ist es, dass die monatliche Kaltmiete pro Quadratmeter in diesen Wohnungen 15 Jahre lang maximal 7,50 Euro betragen darf. Das bedeutet, der Bauherr, egal ob es sich dabei um einen privaten Investor, eine Genossenschaft oder die städtische Wohnungs- und Städtebaugesellschaft handelt, muss sich verpflichten, die Mieten für diesen Zeitraum auf dem geforderten Niveau zu halten. Im Gegenzug erhält der Bauträger die Fördermittel.

Die Differenz zwischen den Zielen des OB und den beantragten Darlehen gibt im Wahlkampf Anlass für Kritik. „Wenn wir weiter ,business as usual‘ machen, erreichen wir das Ziel von 300 Sozialwohnungen pro Jahr niemals“, sagt der Spitzenkandidat der Stuttgarter SPD, Martin Körner. „Die Stadt muss mit einem Bündnis für Wohnen endlich wieder mehr Wohnungsunternehmen für den Bau besonders preiswerter Mietwohnungen motivieren.“

Ihn verwundere es „leider überhaupt nicht, dass für Stuttgart so wenige Anträge gestellt wurden“, erklärt Rolf Gaßmann. Auch der Vorsitzende des Mietervereins kritisiert, dass es in der Landeshauptstadt keinen runden Tisch mit Vertretern von Verwaltung und privaten Wohnbauträgern gibt. Dass in Stuttgart lediglich 66 der landesweit 887 Sozialwohnungen gefördert werden sollen, bezeichnet Gaßmann als Armutszeugnis. Aus Sicht der Wohnungswirtschaft sei das Zusammenspiel aus städtischer und Landesförderung durchaus attraktiv, so Gaßmann. „Es ist aber Aufgabe der politischen Ebene, Genossenschaften und Bauträger für den sozialen Mietwohnungsbau zu gewinnen“, kritisiert er.

Dass die Landesförderung tatsächlich nachgefragt wird, beweist der Blick in andere Städte im Südwesten. Stuttgart liegt trotz des angespannten Immobilienmarkts landesweit nur auf Rang sechs. Für Konstanz wurden 2013 Mittel für 181 Wohneinheiten beantragt, danach folgen Heidelberg (133), Friedrichshafen (105), Tübingen (78) und Reutlingen (74).

Stadtverwaltung zeigt sich zuversichtlich

Ob die geringe Anzahl der für Stuttgart beantragten Darlehen allerdings schon das K.O.-Kriterium für die Kuhnschen Sozialwohnbauziele ist, steht noch nicht endgültig fest. „Wann die im Jahr 2013 beantragten 66 Wohneinheiten in den Bau gehen, können wir leider nicht sagen, da diese Entscheidung in den Händen der Bauträger liegt“, sagt Detlef Grabowski, der Sprecher der L-Bank. Es lasse sich auch anhand zuvor beantragter Fördermittel nicht definitiv sagen, wie viele Sozialwohnungen 2014 in Bau gehen oder fertiggestellt werden. Und: „Die aktuellen Zahlen zu gewährten Darlehen lassen sich nicht mit den Vorjahren vergleichen“, so Grabowski. „Denn die gesetzlichen Vorgaben haben sich deutlich verändert.“ Die Landesförderung wurde nach langer Prüfung deutlich aufgestockt.

Die Stadtverwaltung ist nach wie vor zuversichtlich, die selbst gesteckten Ziele erreichen zu können. „Niemand kann derzeit genau vorhersehen, wie viele Sozialwohnungen in den kommenden Jahren tatsächlich gebaut werden“, erklärt der Pressesprecher der Stadt, Andreas Scharf. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine Talsohle beim Bau dieser Wohneinheiten erreicht.“ Im Jahr 1995 wurden in Stuttgart 1388 Sozialmietwohnungen gebaut, 2012 waren es hingegen nur noch 27. „Aus diesem Grund hat der Oberbürgermeister das Ziel ausgegeben, 300 neue Sozialwohnungen im Jahr zu schaffen. Doch das können wir nicht allein tun“, so Scharf. Man werde aber an den eigenen Zielen festhalten.