Im Frühjahr sind auf Mallorca die Temperaturen angenehm und die Strände leer. Beste Zeit für kulinarische Entdeckungen, etwa in Sóller, wo die berühmten Gambas gefischt werden. Auch andere Spezialitäten stammen aus dem Tal im Tramuntana-Gebirge.

Mit der Zigarette im Mundwinkel stapelt Jaime Enseñat (43) die Kisten auf den Anhänger neben seinem Schiff. Gerade eben ist der Fischer mit seinem roten Kutter von einem langen Tag auf dem Meer in den Hafen von Sóller zurückgekehrt. Der kleine Hafenort am Tramuntana-Gebirge liegt in einer engen Bucht, die von allen Seiten von Bergen umgeben ist. Gleich wird die Sonne hinter ihnen verschwinden, doch zuvor taucht sie die Bucht an diesem Spätnachmittag im Frühjahr in ein klares, aber warmes Licht. In den Cafés an der Promenade ist wenig los. An manchen Tischen sitzen Gäste, ein Glas Wein trinkend. Nach ihrem Schuhwerk zu urteilen müssen es Wanderer sein, die ab Februar zu den ersten Gästen in Port de Sóller gehören und die milden Temperaturen für ausgiebige Wandertouren nutzen.

 

Port de Sóller, oder auf Kastilisch auch Puerto, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem netten Hafenort gemausert - dank einer Umgehungsstraße samt Tunnel, die den Verkehr aus dem Zentrum verbannte. Wälzte sich früher die Autolawine direkt am Hafen entlang, ist dieser Bereich nun komplett für den Durchgangsverkehr gesperrt. Nur die alte Straßenbahn mit ihren Holzwaggons darf noch durchzuckeln. Auch die Promenade, die rund um die Bucht führt, erstrahlt in neuem Glanz, was Touristen und Investoren anlockt. Direkt am Wasser sind neue Hotels entstanden, andere im Ort wie das Sentido Porto Sóller haben sich rundum erneuert. „Der Ort hat an Schönheit gewonnen“, resümiert Daniela Bender, die seit zehn Jahren die Entwicklung des Ortes hautnah erlebt, weil sie hier im Auftrag eines deutschen Reiseveranstalters Gäste betreut.

Gambas aus Sóller

Dass Jaime Enseñat als Fischer täglich hart arbeitet, sieht man ihm an: er hat einen Dreitagebart, große, kräftige Hände, trägt eine Ölzeug-Hose und einen groben Pulli. Schon in der vierten Generation lebt seine Familie vom Fischfang - der Vater von drei Kindern ist einer von drei verbliebenen Fischern im Ort. Früher waren es elf, erzählt Enseñat, aber die zunehmenden Vorschriften der EU sowie die sinkende Fangquote haben die Existenz immer schwerer gemacht. Doch heute war Neptun sehr großzügig. Oktopusse, Tintenfische, Petersfische, Wolfsbarsche, Makrelen liegen, schon ausgenommen und sortiert, in den Kisten. Insgesamt 60 Kilo gingen heute ins Netz, erzählt Enseñat und klingt dabei ziemlich zufrieden. „Schaut mal hier“, sagt er und hält eine große Gamba in die Höhe. Ein wahres Musterstück ihrer Gattung mit dem rötlichen, schuppenförmigen Körper, den langen Barthaaren - bei solch einem großen Exemplar bliebe auch nach dem Pulen mehr als ein Happen übrig. Solche Edelstücke sind begehrt, gut bezahlt, aber rar. Meist landen im Netz die mickrigen, weil viel kleineren Geschwister.

Die roten Gambas von Sóller gelten als Delikatesse. Ob sie auch besonders schmecken? Ihr Fleisch ist fest, weiß und es schmeckt leicht nach Meer, hatte die Feinschmecker-Kollegin am Abend zuvor gelobt. In einem Lokal am Leuchtturm, mit grandioser Sicht auf die Bucht, werden die Gambas, sechs an der Zahl, für 25 Euro serviert. Und sie seien wirklich aus Sóller, versichert der Kellner auf Nachfrage. Zwei Drittel aller verkauften Fische auf Mallorca sind laut Fischer Jaime importiert. Serviert werden die Gambas nur in ein bisschen Öl angebraten und kaum gewürzt. Für manche Geschmäcker etwas zu fad, aber mit Salz haben es die Mallorquiner nicht so, das geben sie auch nicht in ihr Brot, was sehr gewöhnungsbedürftig ist. Warum ausgerechnet die Gambas von Sóller so gut sein sollen, darauf hat auch Jaime Enseñat keine rechte Antwort parat. Vielleicht wegen des einzigartigen Schlamms am mallorquinischen Meeresboden, wo die Gambas in etwa 600 Meter Tiefe gefischt werden? Jaime zuckt die Schultern und hebt zur Lobrede auf den Fisch an sich an. Das seien Lebensmittel, die weder gespritzt noch sonst wie künstlich behandelt würden.

Andere Spezialitäten aus Sóller

Ganz im Gegenteil zu Orangen und Zitronen, mit denen im Hinterland die Bäume voll hängen. Die knatternde Straßenbahn (einfache Fahrt 5,50 Euro) verbindet den Hafen mit dem etwa vier Kilometer landeinwärts liegenden Städtchen Sóller, das umgeben ist von Zitronen- und Orangenhainen. Ein Gebiet, das Franz Kraus bestens vertraut ist. Der 60-jährige Deutsche, der von sich sagt, er sei nicht „ausgewandert, sondern nur nach Mallorca umgezogen“, betreibt seit vielen Jahren einen Handel mit mallorquinischen Produkten, dessen Namen „Fet a Sóller“ Programm ist. Es bedeutet „hergestellt in Sóller“ und diese Voraussetzung erfüllen viele seiner Waren. Lebensmittel, so Kraus’ Philosophie, sind Mittel zum Leben, und deshalb sollten sie möglichst natürlichen Ursprungs sein. Die Orangen, die man in deutschen Supermärkten bekomme, seien gewachst, konserviert, mit zu viel Chemie behandelt. Er verkauft deshalb nur reife, unbehandelte Früchte, direkt vom Baum geerntet. Nur solche wandern in die Töpfe einer Behindertenkooperative in Sóller, die für Krause Orangenmarmelade herstellt. Auch hier gilt: keine Chemie, kein Gelierzucker. Stattdessen echter Zitronensaft. Das Ergebnis überzeugt: lecker und fruchtig.

So rot wie die Marmelade und die Gambas ist auch die Sobrassada, eine deftige Wurstspezialität aus Schweinefleisch, Speck und Paprikapulver. Seit über 100 Jahren wird die Streichwurst in Sóller in einer Fabrik hergestellt, deren Leitung die Brüder Toni (39) und Juan Mayol (37) vor einem Jahr von ihrem Vater übernommen haben. Die beiden Jungunternehmer haben so einiges umgekrempelt. So gibt es nun auch einen eigenen Laden und Führungen durch die Wurstproduktion. „Früher konnte nur im Winter produziert werden, wenn es kalt genug war“, erzählt Toni. Am Verfahren und den Zutaten hat sich kaum etwas geändert. In speziellen Reifekammern hängen die Würste auf Holzgestellen „bis zu einem halben Jahr“. Toni: „Je länger sie reifen, desto dunkler wird ihre Farbe und desto intensiver der Geschmack.“ Ein bisschen ähnelt das Ergebnis unserer Mettwurst. Auf jeden Fall: gar nicht fad.

Infos zu Mallorca

Mallorca

Anreise

Zum Beispiel mit Air Berlin, www.airberlin.com oder Eurowings, www.eurowings.com nach Palma de Mallorca. Von dort mit dem Bus an die Plaça Espanya (Plaza España) und umsteigen in den Bus in Richtung Sóller (Linie L 211).

Unterkunft

Sentido Porto Sóller, DZ mit Frühstück ab 100 Euro, sehr schöne Lobby mit Bar und offenem Kamin, Terrasse mit Blick auf die Bucht von Sóller, kleine, aber neu renovierte Zimmer und Pool, www. sentidohotels.com
Etwas außerhalb des Ortes (Auto sinnvoll) liegt das Landgut Finca Ca N’ai, luxuriös und hochpreisig, aber sehr geschmackvoll: Finca Ca N’ai, DZ ab 200 Euro, www.canai.com
Im traditionellen Finca-Stil, zentral in Port de Sóller, DZ ab 130 Euro, www.hotelesport.com

Veranstalter

Pauschalreisen nach Mallorca können günstiger sein als individuelle Buchungen.
Beispiele: Sieben Übernachtungen mit Halbpension, Flug und Transfer zum Hotel ab 613 Euro bei Thomas Cook/Neckermann Reisen, www.thomascook.de , Telefon 02 34 / 96 10 37 41.
Oder fünf Tage inkl. Flug, Transfer und Frühstück ab 1168 Euro bei Airtours, www.airtours.de

Einkaufen

Die Firma Fet a Sóller stellt eigenes Eis her und verkauft mallorquinische Spezialitäten wie Marmeladen, Olivenöle, Mandeln, naturbelassene Orangen, Zitronen sowie Gewürze. Die Lebensmittel stammen überwiegend aus dem Tal von Sóller, wofür auch der Name steht: Fet a Sóller heißt „hergestellt in Sóller“. Geschäfte gibt es in Sóller (gegenüber der Markthalle) sowie an der Strandpromenade von Port de Sóller. Geliefert wird auch nach Deutschland (portofrei ab 30 Euro Bestellwert oder bei Abnahme einer 10-kg-Kiste Früchte), www.fetasoller.com
Die rote Wurst Sobrassada gibt es bei der Firma La Luna in Sóller, Avda. d’Astúries Nr. 4a, www.la-luna.es
Über den Anbau von Orangen- und Zitronenbäumen informiert die Öko-Finca Eco Vinyassa. Bei einem Rundgang lernt man viel über Anbau und Sortenvielfalt. Kosten: 10 Euro inklusive eines Glases frisch gepressten Orangensaft, Mo., Mi., Fr. 10- 14 Uhr, Reservierung über die Homepage erbeten, www.ecovinyassa.com

Einkehren

Bester Platz für den Aperitif inklusive Sonnenuntergang: Bar Nautilus, www.nautilus-soller.com
Die berühmten Gambas von Sóller gibt es im Restaurant Es Faro am Leuchtturm, toller Blick über die Bucht inklusive, www.restaurantesfaro.es
In Sóller: Auf Barhockern und an Bierfässern sitzt man in der Bar Ca’n Pintxo. Dort gibt es leckere Tapas und die aufwendiger hergestellten Vorspeisen Pintxo, www.canpintxo.com