Immer mehr Spanier wollen hierzulande arbeiten. Dabei mangelt es nicht an der fachlichen Kompetenz., das Problem ist vielmehr die Sprache.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - In einer anderen Sprache zu arbeiten, das macht sich sehr gut im Lebenslauf", sagt José SÖnchez. "Wenn du später in den USA oder in Dubai arbeiten willst, wird alle Welt anerkennend denken: Dieser Typ ist in Deutschland gewesen!", ergänzt NicolÖs Giménez. Die beiden sind jung - SÖnchez 30 Jahre alt, Giménez 27 -, sie sind gut ausgebildet - der Ältere ist Physiker, der Jüngere Betriebswirt -, sie sind ungebunden, und vor allem sind sie karrierebewusst. Was sie sonst noch vom gewöhnlichen Spanier unterscheidet: Sie sprechen Deutsch. Die Koffer sind gepackt. Vom 1. September an werden sie bei der Abat AG in Bremen als SAP-Berater arbeiten.

 

Deutschland sucht Fachkräfte, manche Betriebe händeringend. Das hat sich in Spanien, wo nach dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes fast fünf Millionen Menschen arbeitslos sind, herumgesprochen. Als Angela Merkel Anfang Februar den spanischen Regierungschef Zapatero besuchte, geisterte die Nachricht durch die Medien, sie bringe eine Mappe voll Jobangebote mit. Eine Frau aus dem südspanischen Almerâa fuhr mit dem Auto zur deutschen Botschaft nach Madrid, weil sie gehört hatte, dort könne man sich um einen Arbeitsplatz in Deutschland bewerben. Beides bestätigte sich nicht, aber das Interesse an Deutschland war geweckt.

In Bremen hörte Hinrich Meisterknecht, der Personalchef der Abat AG - spezialisiert auf die Einführung von SAP-Software in der Autoindustrie und der Logistikbranche -, von der neuen spanischen Lust auf Deutschland. Im Mai ging er mit einer Anzeige bei Spaniens größter Internet-Jobbörse auf die Suche nach zehn neuen Mitarbeitern. 39 Leute meldeten sich. Die meisten kamen wegen fehlender Deutschkenntnisse nicht in Frage. Nach einer Runde von Bewerbungsgesprächen im Juni erhielten drei Bewerber einen Arbeitsvertrag, unter ihnen José SÖnchez und NicolÖs Giménez. Von zehn offenen Stellen hatte die Abat AG drei besetzen können. Der Personalchef Meisterknecht war schon ziemlich zufrieden.

Die Sprache ist die größte Hürde auf dem Weg nach Deutschland

Zwischen 1960 und 1973 warb die Bundesrepublik Deutschland 600000 Spanier an, die als billige Hilfskräfte in der Industrie gebraucht wurden. Die Sprache war egal. Heute sucht Deutschland gut ausgebildete Fachleute mit Deutsch-Kenntnissen. Die Fachleute wären in Spanien zu finden, aber nur wenige von ihnen sprechen Deutsch: etwa 1,7 Prozent der Erwachsenen, nach einer Studie des staatlichen Sozialforschungszentrums CIS.

Die Sprache ist die größte Hürde auf dem Weg nach Deutschland. "Sobald du dort in einem Team arbeitest oder mit Kunden zu tun hast, wird die Sprache fundamental", glaubt NicolÖs Giménez. Er selbst hatte einen Startvorteil, weil seine Mutter Österreicherin ist. Aber zu Hause in Alicante sprachen sie meist nur Spanisch - den großen Sprung nach vorn tat er während eines Erasmus-Stipendiums in Hamburg. Sein neuer Kollege José SÖnchez begann sich mit 19 für Deutschland zu interessieren, als er sich in Frankreich in eine Deutsche verliebte. Auch er wurde später als Erasmus-Student in der deutschen Sprache heimisch und blieb drei Jahre in Bayreuth.

Heute stellen beide fest, dass das einmal Erlernte ihrer Karriere nützt. Sie gehören nicht zu den fast fünf Millionen Spaniern ohne Job - "Leute mit guter Ausbildung haben hier in Spanien keine Probleme, Arbeit zu finden", sagt SÖnchez -, aber sie wollen beruflich vorankommen, und Deutschland scheint ihnen auf dem Weg nach oben eine nützliche Station zu sein. Deutsche Arbeitgeber, die sich auf dem spanischen Arbeitsmarkt nach Beschäftigten umschauen, sollten wissen, dass sie sich dort, wie überall, in einen Wettbewerb um die Allerbesten begeben.