Selbst wer sein Geld für ein Jahr auf einem Festgeldkonto parkt, bekommt im Schnitt nur 0,3 Prozent Zinsen. Doch die niedrigen Zinsen bieten auch Chancen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - „Die Deutschen sparen sich ärmer.“ Auf diese griffige Formel bringt der Fondsverband BVI das, was sich auf den Bankkonten der Republik abspielt. Selbst wer sein Geld für ein Jahr auf einem Festgeldkonto parkt, bekommt im Schnitt nur 0,3 Prozent Zinsen. Das reicht nicht einmal, um die Inflationsrate von derzeit 0,6 Prozent auszugleichen. Das Ersparte verliert also an Wert. Trotzdem verwahren die Deutschen den größten Teil ihres Geldes auf Bankkonten und Sparbüchern: 39 Prozent der Ersparnisse werden laut Zahlen der Bundesbank bei den Kreditinstituten oder bar gehortet. Weitere 38 Prozent sind bei Lebensversicherungen oder Pensionskassen angelegt, die ebenfalls unter den niedrigen Zinsen ächzen. Aktien oder Anteile an Aktienfonds, die bei größerem Risiko auch höhere Ertragschancen bieten, besitzt nur jeder neunte Deutsche.

 

„Die Deutschen denken mit der Logik der schwäbischen Hausfrau: ‚Was man einmal gespart und zur Seite gelegt hat, ist sicher‘“, kommentierte kürzlich Ulrich Kater, der Chefvolkswirt der Dekabank. „Sie beachten nicht, dass es auch auf die Verwaltung des Ersparten ankommt.“ Logisch, dass ein Fondsanbieter wie die Deka so argumentiert. Doch selbst der Bundesverband deutscher Banken empfahl Verbrauchern kürzlich, einen Teil ihres Geldes von Sparkonten abzuziehen – und in Aktien oder Investmentfonds umzuschichten.

Denn viele Kreditinstitute haben inzwischen ein Problem mit der Verwaltung der Kundeneinlagen. Überdeutlich wurde das, als Ende Oktober die thüringische Skatbank Negativzinsen für Vermögende einführte: Wer mehr als drei Millionen Euro auf ihren Konten parkt, muss draufzahlen. Der Hintergrund: Für Tagesgeld und andere kurzfristige Kundeneinlagen müssen Banken ein Sicherheitspolster vorhalten. Sie müssen der Aufsicht nachweisen, dass sie bei einem plötzlichen Abfluss an Kundengeldern die Lücke problemlos stopfen können. Ein geeignetes Mittel dafür sind Wertpapiere, die jederzeit verkäuflich sind – beispielsweise Bundesschatzanweisungen. Diese Papiere sind aber ebenfalls mit negativen Zinsen belastet, verursachen den Banken also Kosten. Das Gleiche gilt, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank horten.

Für Normalsparer wohl keine Negativzinsen

Dass Negativzinsen auch für Normalsparer eingeführt werden, ist trotzdem unwahrscheinlich. Der Reputationsschaden für die Banken wäre wohl zu groß. Doch vermutlich werden die Zinsen noch lange so niedrig sein, dass sie die Inflationsrate nicht ausgleichen. Das nagt nicht nur an den Spareinlagen, sondern schmälert auch die Erträge aus Lebensversicherungen. Für neue Verträge gilt ab 2015 nur noch ein Garantiezins von 1,25 Prozent. Zieht man Abschlussgebühren und andere Verwaltungskosten ab, fällt der garantierte Ertrag sogar noch geringer aus. Nach Berechnungen der Allianz sind den deutschen Privathaushalten durch die niedrigen Zinsen bereits in den vergangenen Jahren Einnahmen in Milliardenhöhe entgangen. Zwar sparten die Verbraucher umgekehrt auch Geld durch niedrige Kreditzinsen, heißt es in einer Studie des Versicherungskonzerns, aber unter dem Strich ergebe sich für den Zeitraum 2010 bis 2014 ein Minus von insgesamt 22,8 Milliarden Euro – im Vergleich zum Zinsniveau der Vorkrisenjahre 2003 bis 2008. Umgelegt auf die deutsche Bevölkerung belaufe sich der Nachteil auf 281 Euro pro Kopf. Der Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, sprach in einem Interview sogar von Mindereinnahmen von 300 Milliarden Euro seit 2008. Diese Zahl bezieht sich allerdings auf die gesamte deutsche Volkswirtschaft, nicht allein auf die Privathaushalte.

Als möglichen Ausweg aus der Zinsfalle empfiehlt der Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Indexfonds. Der Anleger wird damit an der Entwicklung eines ganzen Korbs von Aktien oder anderen Wertpapieren beteiligt. So sei schon bei einem Sparbetrag von 100 Euro monatlich eine breite Streuung der Risiken möglich, sagt Nauhauser. Ausschließen lassen sich Verluste damit allerdings nicht. Wer hundertprozentig sicher sein will, zu einem bestimmten Zeitpunkt mindestens seinen Einsatz zurückzubekommen, für den sind Fonds keine Lösung.

Nach Ansicht Nauhausers ändern die niedrigen Zinsen deshalb letztlich nichts daran, dass jeder Sparer eine Grundsatzentscheidung treffen muss: „Wer größten Wert auf Sicherheit legt, muss die niedrigen Zinsen akzeptieren. Wer dagegen Wechselkursschwankungen akzeptiert, sollte auch die damit verbundenen Chancen für sich nutzen. Und alle, die dazwischen liegen, machen halt einen Mix.“