Der Münchener Technologiekonzern plant die Streichung von 1700 Stellen, weitere 1000 Jobs sollen verlagert werden. Betriebsbedingte Kündigungen will das Unternehmen möglichst vermeiden. Die IG Metall ist alarmiert.

München - Noch sind die jüngsten Sparrunden nicht abgeschlossen, da setzt Siemens bereits zum neuerlichen Abbau von Arbeitsplätzen an. Insgesamt 2700 Stellen sollen innerhalb der nächsten drei Jahre in Deutschland gestrichen, verlagert oder an externe Dienstleister übertragen werden, kündigte der von Joe Kaeser geführte Konzern in München an. Besonders betroffen sind die interne Unternehmens-IT sowie die digitale Fabrik und die Zugsparte, aber auch die Ausbildung des Konzerns. Siemens kündigte eine Konzentration der bundesweit bislang 33 Ausbildungsstandorte an.

 

Die IG Metall reagiert auf die Ankündigungen mit Befremden. „Es wurde etwas gemunkelt, aber das Ausmaß überrascht“, kritisierte der für Siemens zuständige Gewerkschafter Hagen Reimer in München. Details seien noch nicht mitgeteilt worden, weshalb die Gewerkschaft die neuen Sparpläne nicht abschließend beurteilen könne.

Alarmglocken würden aber mehrfach läuten, vor allem beim Punkt Ausbildung, die bei Siemens immer vorbildlich gewesen sei. Hier spricht der Konzern von einer Anpassung der bundesweit 33 Ausbildungsstandorte bis 2021 sowie einer stellenweisen Übertragung auf andere Ausbildungsdienstleister. Die IG Metall befürchtet, dass mindestens ein Drittel der Standorte wegfällt. Ein Siemens-Sprecher wollte keine Zahl nennen, betonte aber, dass es bei der Übertragung auf andere Dienstleister ausschließlich um Azubis gehe, die Siemens heute für andere Unternehmen ausbildet und deren Berufe man selbst im Hause nicht braucht. Die originäre Siemens-Ausbildung werde nicht auf Dritte übertragen.

1350 Stellen in der internen IT sind betroffen

Was Stellenabbau und Verlagerung betrifft, steht die Siemens-interne IT wegen der zunehmenden Digitalisierung des Konzerns mit insgesamt 1350 betroffenen Jobs im Zentrum. Dabei werden je zur Hälfte Jobs gestrichen und an Dienstleister übertragen. Parallel würden im IT-Bereich auch Stellen aufgebaut, um zukunftsträchtige Geschäfte mit Cybersicherheit oder Plattformen zur Datenanalyse zu stärken, sagte ein Siemens-Sprecher. Dabei gehe es um eine dreistellige Zahl von Arbeitsplätzen. Grundsätzlich wolle Siemens nun versuchen, vom Jobverlust bedrohte Mitarbeiter für offene Stellen im Konzern zu qualifizieren.

Erklärungsbedürftig ist auch die Baustelle bei der digitalen Fabrik. Sie ist im Konzern aktuell einer der herausragenden Bereiche mit den zum Halbjahr 2016/17 höchsten Gewinnsprüngen aller Siemens-Divisionen. Hier will Siemens im Großraum Nürnberg mehrere bestehende Logistiklager in einem neuen Zentralstandort in Amberg bündeln und diesen von einem Dienstleister betreiben lassen. Dabei werden 600 Jobs gestrichen und 250 weitere Arbeitsplätze ausgelagert. Siemens wolle damit vor allem Kosten drücken, kritisiert die IG Metall. Beim Logistik-Dienstleister würden sich Bezahlung und Arbeitsbedingungen verschlechtern, wie es die Autoindustrie schon vorgemacht habe. Bezahlung und Arbeitsbedingungen seien Teil der Gespräche, die Siemens nun mit Beschäftigten und IG Metall im Zuge des neuen Sparpakets führen werde, sagte ein Sprecher dazu lediglich.

In Krefeld fallen 300 Jobs in der Bahnsparte weg

Unumstritten sind die Gründe dagegen beim geplanten Stellenabbau der Mobilitätssparte. Hier trifft es mit 300 Arbeitsplätzen den Standort Krefeld mit dem Bau von Straßenbahnen, U-Bahnen und Zügen. Auch das Zuggeschäft hat zuletzt zwar gute Zahlen vorgelegt und fast zehn Prozent operative Rendite erreicht, aber die Auftragseingänge schrumpfen. Siemens beteuert, zuletzt Aufträge an die Konkurrenz verloren zu haben, was am Preis und der bei Siemens zu hohen Kostenbasis gelegen habe. Damit meint Siemens nicht nur die Dauerrivalen Alstom aus Frankreich und die kanadische Bombardier, die ihr Weltgeschäft für Züge von Berlin aus führt.

Zu knabbern haben die Münchner nun auch am weltgrößten Bahntechnikanbieter CRRC aus China. Der drängt mittlerweile auf westliche Märkte und hat dazu voriges Jahr in Wien ein Vermarktungsbüro eröffnet. Die Deutsche Bahn wiederum betreibt nun auch ein Einkaufsbüro am CRRC-Firmensitz. Der chinesische Weltmarktführer löst bei Siemens, Bombardier und Alstom zunehmend Alarmstimmung aus, weil er wegen seiner Größe verbunden mit niedriger Kostenbasis bedrohlich wird. Auch deshalb verhandeln Siemens und Bombardier hinter den Kulissen über eine Verschmelzung ihrer Bahntechnik.

Bundesweit arbeiten für Siemens aktuell noch 113 000 Beschäftigte und damit rund ein Drittel des weltweiten Personals des Unternehmens. Vor der nun angekündigten Sparrunde hatte der Konzern hierzulande bereits den Abbau von 1700 Stellen im Geschäft mit Automatisierungs- und Antriebstechnik verfügt.