Das Tief aus der StZ-Umfrage hat die Genossen im Land geschockt. Die Basis ist frustriert, die Bundestagsabgeordneten fürchten um ihre Mandate. Nun soll die Kommunikation zwischen Regierung, Fraktion und Partei verbessert und Querschläge aus den eigenen Reihen vermieden werden.

Stuttgart - Die Basis grummelt und die Bundestagsabgeordneten sind nervös. Die Südwest-SPD sieht ihre Felle davon schwimmen. Der Unmut geht zurück auf die jüngste Umfrage von Stuttgarter Zeitung und SWR. Dabei hat die baden-württembergische SPD einen empfindlichen Dämpfer bekommen. Gegenüber der Landtagswahl 2011 fielen die Genossen von 23 auf 19 und damit unter die moralisch bedeutsame 20-Prozent-Marke zurück. Und ausgerechnet mit der für die SPD besonders bedeutsamen Bildungspolitik sind die Bürger ausgesprochen unzufrieden.

 

Das allein wäre Grund genug für eine deutliche Aussprache im Parteipräsidium und im Landesvorstand gewesen. Doch inzwischen haben die Genossen auch wieder mehrfach ihr ausgeprägtes Talent bewiesen, sich ins eigene Knie zu schießen. Bei den einschlägig Verdächtigen steht der Fraktionschef Claus Schmiedel ganz oben auf der Rangliste. Dass er am selben Tag das Uraltthema neunjähriges Gymnasium aufs Tapet brachte, an dem sein Parteifreund, der Kultusminister Andreas Stoch, verkündete, dass mehr Lehrer für Gymnasien und berufliche Schulen eingestellt würden, hat die Basis und die Parteiführung empört.

Schmid hat Ärger mit Berlin und Brüssel

Die Aktion sei symptomatisch für die SPD, die sich darin hervortut, durch eigene Leute eigene Erfolgsmeldungen zu überdecken, klagen führende Genossen. Schmiedels Vorwurf, Lehrer seien Heulsusen, hat ihm im Landesvorstand ebenfalls heftige Kritik eingebracht. Zwar teilen die meisten Genossen Schmiedels Zuspitzung nicht, dagegen steht er nicht allein mit der Auffassung, dass die SPD die Lehrer angesichts der Einsparungen im Schulbereich ohnehin nicht mehr auf ihre Seite holen können wird.

Aber auch der Landesvorsitzende selbst blieb diesmal nicht außen vor. Nils Schmid hat sich den Zorn der Abgeordneten in Berlin und Brüssel zugezogen, weil er in einem Brief an Finanzminister Schäuble (CDU) vor Nachteilen bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer gewarnt hatte. Damit torpediere er eine zentrale Forderung der SPD in einem Wahljahr, zeigten sich seine Parteifreunde entsetzt. Vom Inhalt seines Schreibens nimmt Schmid nichts zurück, aber er räumt ein, „das hätte man besser abstimmen können“.

Tacheles geredet

All das kam dieser Tage im Landesvorstand auf den Tisch und es wurde Tacheles geredet. Jetzt hofft man auf Besserung. Man habe nicht einzelnen die Schuld gegeben, heißt es aus dem Vorstand. Die Grünen munkeln, seit der Berufung des parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführers Andreas Stoch zum Kultusminister habe die Fraktion Oberwasser. Allem Kräftemessen zum Trotz sei die Partei dennoch nicht im Krisenmodus, sagt ein rotes Regierungsmitglied. Mit besserem Mannschaftsspiel komme man aus der verfahrenen Situation heraus. An der guten Absicht fehlt es nicht. „Wir brauchen eine bessere Verzahnung zwischen Partei, Fraktion und Regierungsmitgliedern“, sagt Nils Schmid, der als Parteichef, Abgeordneter, Finanz-und Wirtschaftsminister alle drei Bereiche bereits in seiner Person vereint.

Der Befund ist nicht neu. Schmids Kritiker werfen ihm vor, er vernachlässige die Partei. Die fühlt sich abgehängt. An der Basis komme von der Regierungsbeteiligung im Land nichts an, klagen Kreisvorsitzende wie Abgeordnete. Das alte Lied, dass die Grünen durch den Ministerpräsidentenbonus einen Vorteil hätten, mag in der SPD aber kaum mehr jemand hören.

Mit Regierungsmitgliedern im Sommer punkten

„Wir müssen kommunikative Disziplin halten“, ermahnt der Bundesratsminister Peter Friedrich seine Genossen, „und über unsere Erfolge reden“. Traditionell hinkt die baden-württembergische SPD dem Bundestrend einige Prozentpunkte hinterher. Das soll anders werden. „Wir müssen den Landesregierungsbonus für die Bundestagswahl nutzen“, gibt sich Friedrich entschlossen. Die Regierungsmitglieder sind für die Wahlkampfeinsätze im Sommer jedenfalls schon fest gebucht.

„Wir müssen uns richtig anstrengen und eine abgestimmte lange Linie herausarbeiten“, hat auch der Landesvorsitzende Nils Schmid aus der großen Zahl „ungeschminkter Rückmeldungen“ bei der Vorstandssitzung mitgenommen. Zu sehr verzettelt sich die Partei nach Schmids Einschätzung in Detailfragen und verliert dabei die großen Ziele aus dem Blick, die sich einprägsam kommunizieren ließen. Übersetzt hieße das, statt Lehrerstellen aufzurechnen und Zweigliedrigkeitsprobleme zu wälzen, über Bildungsgerechtigkeit und den SPD-Klassiker Aufstieg durch Bildung zu reden. Doch Themen zu setzen, habe die SPD bisher versäumt.

Verzahnungsgremien müssen noch erarbeitet werden

Die Lösungsansätze triefen vor ernsthaftem Bemühen – wie weit und wann sie tragen, ist fraglich. Von engeren Abstimmungsrunden zwischen Fraktion, Regierung und Partei ist die Rede. Spezielle Verzahnungsgremien müssten noch erarbeitet werden, meint Schmid. Die bisherigen Fachbeiräte hätten jedenfalls zumindest in der Bildung nicht gehalten, was sie versprochen haben. Die Partei wünscht auch mehr Präsidiumssitzungen, um enger am Puls der Regierenden zu sein. Fazit des Vorsitzenden: „Alle wollen das gleiche“. Nur sieht es manchmal gar nicht danach aus.