Sie hatten es nicht immer leicht in den vergangenen Jahren und hangelten sich von einem Tief ins nächste. Doch nun ist den Genossen eine Lichtgestalt erschienen – und darüber freut sich auch die Gerlinger SPD.

Gerlingen - Die unangefochtene, wenngleich nicht anwesende Hauptperson am Freitagabend im Gerlinger Rathaus war eindeutig der frisch gekürte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. „Der Martin“, so war in jedem Gespräch und in jedem Grußwort klar und deutlich zu vernehmen, das sei schon ein prima Kerle. „Da, schauen Sie sich mal dieses Video an, ist das nicht witzig?“, schwärmt etwa der SPD-Kreisvorsitzende Macit Karaahmetoglu und hält einem ungefragt das Smartphone unter die Nase. Spontan sei der Martin, witzig, eloquent und einfach etwas Besonderes. Er treffe stets den richtigen Ton und verstehe es, die Menschen mitzureißen.

 

„An Tagen wie diesen“

Der Martin, das ist tatsächlich genau die Lichtgestalt, auf die die Sozialdemokraten – nicht nur in Gerlingen – gewartet haben. Denn nun besteht endlich wieder Hoffnung, aus dem Tief herauszukommen, nach vorne zu blicken und vielleicht sogar den nächsten Bundeskanzler stellen zu können. In Gerlingen wurde zwar eigentlich der 125. Geburtstag des Ortsvereins gefeiert, aber die Bundespolitik war allgegenwärtig. Und so griffen die sieben Musiker der Band Hidden Champions kräftig in ihre Gitarrensaiten und jubelten den Tote-Hosen-Song „Tage wie diese“.

Der Zeitpunkt für die Jubiläumsfeier könnte tatsächlich nicht besser sein, sagte auch der Gerlinger Bürgermeister Georg Brenner. „Die Euphorie, die derzeit in Ihrer Partei herrscht, wird Ihnen ja sicher nicht unrecht sein“, sagte das Stadtoberhaupt und verwies gleichzeitig darauf, dass es nicht einfach sei, diese euphorische Stimmung nun auch zu halten. Denn, so habe es auch kürzlich Martin Schulz formuliert: „Der Alltag ist nicht der Bundestag, der Alltag ist das Rathaus.“ Es gebe also viel zu tun.

Die SPD hat in Gerlingen vieles erreicht

Die SPD habe in Gerlingen in all den Jahren aber viel erreicht, lobte Brenner. Stets sei sie bei den Gemeinderatswahlen mit einer eigenen Liste angetreten und habe mitgeholfen, Gerlingen vom Dorf zur Stadt zu entwickeln. Eine klare Absage erteilte der Bürgermeister indes der vorsichtigen Frage des Ortsvereinsvorsitzenden Joachim Thomas nach der Senkung der Kinderbetreuungsgebühren. „Der Beitrag, den die Eltern derzeit leisten, ist in Relation zu den Gesamtkosten wirklich relativ gering. Man darf die Eltern nicht aus ihrer Verpflichtung entlassen.“

Als „sehr glücklich darüber, was derzeit in der Partei passiert“, bezeichnete sich die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier in ihrer Festrede. „Man darf dennoch nicht überschnappen, sondern muss sich die Demut bewahren und immer draufschauen, was passiert“, mahnte sie. Allerdings sprächen die Zahlen in der baden-württembergischen SPD für sich, der „Martin-Effekt“ sei unglaublich: Seit Januar seien 1400 neue Parteimitglieder hinzugekommen, so etwas habe sie noch nie erlebt. „Die Leute wollen mit anpacken, das ist wirklich toll.“ Das Jahr 2017 werde irgendwann ein Datum sein, über das man sprechen werde.

Breymaier berichtete von einem kürzlich erfolgten Besuch amerikanischer Politiker in Stuttgart. Einer habe den ehemaligen SPD-Chef Nils Schmid gefragt, „was das denn nun mit diesem Martin“ sei. Schmid habe ausführlich geantwortet, doch die Antwort, so Breymaier, sei eigentlich ganz einfach: „Eigentlich wissen wir es nicht, was es ist. Aber es ist einfach toll.“