Bild und Gegenbild: Größer könnte der Kontrast kaum sein zwischen dem bisherigen SPD-Landeschef Nils Schmid und seiner Nachfolgerin Leni Breymaier. Sie soll auf dem Parteitag am Samstag in Heilbronn gewählt werden.

Stuttgart - Als Nils Schmid am Abend der Landtagswahl 2011 auf der Wahlparty der Grünen erschien, wurde er heftig bejubelt. Die CDU war abgewählt, Grüne und Rote hatten eine Mehrheit, allerdings eine grün-rote und keine rot-grüne. Sorgenvoll schauten die Grünen jedem Sozialdemokraten, dessen sie habhaft wurden, in die Augen und fragten: „Akzeptiert ihr die Rolle des Juniorpartners?“ Nils Schmid akzeptierte, was dem SPD-Landeschef schwerfallen musste. Die Grünen vor der traditionsreichen SPD? Das konnte nicht, das durfte nicht sein. Aber er hielt Wort. So wie er auch am Wahlabend des 13. März 2016 eine sogenannte Deutschland-Koalition kategorisch ausschloss: „Die Menschen in Baden-Württemberg wollen Winfried Kretschmann als Ministerpräsidenten“, sagte er und trat damit allen Spekulationen und Überlegungen entgegen. Das war nicht ganz selbstlos gedacht – hätte die SPD Kretschmann verhindert und gemeinsame Sache mit CDU und FDP gemacht, wäre das dem politischen Selbstmord gleichgekommen. Aber bei den Grünen hat man Schmid nicht vergessen, dass er Haltung bewies.

 

Persönlich muss sich der mit 43 Jahren immer noch junge Ex-Vizeministerpräsident allerdings neu orientieren. 2011 fuhr er das schlechteste Wahlergebnis der Landes-SPD ein, um dieses fünf Jahre später fast zu halbieren. Schmid zieht es nun in den Bundestag, nachdem er mit einiger Verzögerung wahrnahm, dass er sich als Parteichef nicht würde halten können. Den Landesvorsitz soll Leni Breymaier übernehmen, die Wahl ist für diesen Samstag auf dem Parteitag in Heilbronn vorgesehen.

Breymaier in Vielem das Gegenbild zu Schmid

Breymaier (56) ist in vielem das schiere Gegenbild zu Schmid. Hier der 1,0-Abiturient mit Prädikatsexamen in Jura, der bei dem renommierten Verfassungsrechtler Ferdinand Kirchhof seine Doktorarbeit schrieb. Dort die Einzelhandelskauffrau Breymaier, die in Ulm bei Horten als stellvertretende Abteilungsleiterin den Verkauf von Sportartikeln managte, 1982 als Hauptamtliche zur Deutschen Angestellten-Gewerkschaft ging, später Vizevorsitzende des DGB im Land wurde und schließlich die einflussreiche Landesbezirksleitung bei der Gewerkschaft Verdi übernahm. Schmid ist dafür bekannt, dass er nur Wasser trinkt, stilles Wasser – und so kommt er in der Öffentlichkeit auch an. Breymaier pflegt hingegen eine – mitunter überschießend – deftige Sprache, was signalisieren soll, dass sie „Politik mit Emotion“ macht.

Die um ihre Machtpfründe bangenden Netzwerker in der SPD wollten sie als Landesvorsitzende verhindern. Breymaier gilt als Parteilinke – von ihr wird erwartet, dass sie das Thema soziale Gerechtigkeit wieder glaubwürdig für die SPD besetzt. Dies allerdings mit Augenmaß. So sagt sie auch: „Ich bin nicht in der Linkspartei, in der man den ganzen Tag glaubt, recht zu haben, die aber nichts verändert.“ So sehr links empfindet sich Breymaier gar nicht, sie sei nur ihren Überzeugungen treu geblieben, derweil sich die Gesellschaft nach rechts bewegt habe. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück, der sich auch für den Landesvorsitz interessiert hatte, warnt: Als Kopie der Linken werde die SPD unter die Räder kommen.

Der eigentliche Grund, weshalb sich Breymaier der netzwerkenden Konkurrenz relativ schnell entledigte, ist die Sehnsucht nach Authentizität. In Zeiten schwindender Parteienmacht rückt der Mann oder die Frau an der Spitze in den Mittelpunkt. Siehe Winfried Kretschmann, der vielen Bürgern in Baden-Württemberg als ihr Vertrauensmann in der Politik gilt. Allerdings braucht es Zeit, um solch ein Vertrauenskapital anzuhäufen. Wird die SPD der künftigen Landesvorsitzenden diese Zeit gewähren?