Die Kleinkunstbühne Kabirinett in Großhöchberg nimmt die Besucher mit auf die Reise zum „Dorf in den Lüften“. Eine Stippvisite bei den Proben für das neue Live-Hörspiel, die völlig freie Inszenierung eines alten Stücks von Jules Verne.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Spiegelberg - Wer ein neues Stück im Kabirinett besucht, den kann so leicht nichts umhauen. Die Wiederholungstäter – und es gibt jede Menge Stammgäste der Kleinkunstbühne in Großhöchberg – warten geradezu darauf, mal wieder so richtig überrascht zu werden. In der Vergangenheit konnte es passieren, dass die Akteure auf der Bühne in dem Spiegelberger Teilort fast im Chaos versinken, wie bei dem Stück „Spezialwerkstatt“. Regelmäßig servieren der Theaterchef Thomas Weber und seine Mitstreiter in den Räumen der Probierbühne auf dem Lande während der Vorstellungen eine zünftige Mahlzeit – dann wird der Name im doppelten Wortsinn zum Programm.

 

Ende Februar spielen Weber und sein Kollege Alexej Boris erstmals ihr neues Stück „Das Dorf in den Lüften“, ein völlig frei nach dem gleichnamigen Abenteuerroman von Jules Verne inszeniertes Live-Hörspiel. Die Verne-Originalvariante spielt in einem schier undurchdringlichen Urwald in Afrika. Günter Maurer, der oft für den SWR arbeitet, führt Regie. Das Kabirinett verlegt das Geschehen – na wohin wohl ? – in den Schwäbischen Wald. Weber und seinen Partnern dürfte es wieder einmal grandios gelingen, viele Zuschauer zu verblüffen – auch jene, die im Kabirinett eigentlich gar nichts mehr erschüttern kann. Dieses Zwischenfazit jedenfalls ziehen die Gäste des sogenannten Werkstatteinblicks, den Weber, Boris, ihr Regisseur und ein Regieassistent den gut zwei Dutzend Mitgliedern des Kabirinett-Fördervereines gewähren.

Die Mimen kennen sich ihren Zeit auf der Schauspielschule

Wer gedacht hätte, dass Multitasking eine Fähigkeit ist, die nur Frauen beherrschen, der wird während dieses Live-Hörspiels von der ersten Minute an eines Besseren belehrt. Die beiden Mimen, die sich seit ihren Zeit auf der Schauspielschule vor knapp 20 Jahren kennen, schlüpfen in mehrere Rollen. Zugleich bedienen sie die verrücktesten Gerätschaften und entlocken diesen die skurrilsten Geräusche. Das Trompeten eines Elefanten zum Beispiel, das Brummen eines fahrenden Geländewagens oder das Zwitschern von Vögeln. Weber und Boris verwandeln sich in die Abenteurer Max und Johann, in den Fährtenleser Karl und in einen mit rollendem R sprechenden russischen Oligarchen, der diese kuriose Expedition in nie besuchte Ecken des Schwäbischen Walds gesponsert hat.

Die Mimen lesen mal Texte ab, mal sprechen sie völlig frei. Immer wieder müssen Weber und Boris die Audiodateien mit der sanften Erzählstimme der Stuttgarter Schauspielerin Elisabeth Findeis starten und stoppen. Das Quartett der Akteure auf Abenteuertour verwandelt sich im Laufe des Stücks offenbar in ein Trio – so ganz genau weiß man ja nach den paar Hörproben noch nicht, wie das Stück tatsächlich endet.

Zeugen einer Neuschreibung der golbalen Historie

Der Russe jedenfalls wird in einer Szene von den Dickhäutern umgerannt. Dieses Missgeschick hindert Max, Johann und Karl aber nicht daran, ihre Suche nach dem mysteriösen weißen Fleck im Schwäbischen Wald fortzuführen – obgleich Johann wegen der vielen Gefahren im Forst, etwa den angriffslustigen Eingeborenen, gerne abbrechen würde. Max überzeugt den Mitstreiter, dass das Abenteuer weiter gehen muss. Unmittelbar nach der Probe der Szenen des neuen Stücks erzählt Thomas Weber augenzwinkernd, dass die Abenteurer auf der Suche seien „nach dem Ursprung der Menschheit“. Wer weiß, womöglich werden die Zuschauer im Kabirinett, draußen im Schwäbischen Wald, zu den ersten Zeugen einer Neuschreibung der globalen Historie.

Alexej Boris jedenfalls erklärt vielsagend: „Wir werden den Beweis liefern.“ Wofür genau? Das wird erst am Freitag, 27. Februar, bei der Premiere verraten.