Ein paar hundert Biker kommen immer Mitte August zu dem Motorrad-Treffen im Wald bei Jux – bei jedem Wetter. Ein Mittvierziger sagt: „Oft bin ich der Jüngste.“ Diesmal indes ist ein Sechsjähriger mit von der Partie, zur Freude der alten Haudegen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Spiegelberg - Die Hoffnung der älter werdenden Biker, die sich seit fast einem Vierteljahrhundert immer am dritten Augustwochenende im Wald bei Spiegelberg-Jux treffen, hat ein Namen: Conner Hirzel. Der sechsjährige Bub ist mit seiner Mama und der vierjährigen Schwester Meave angereist – zwar in einem VW Passat. Aber der Steppke hat sein Motorrad mitgebracht, ein sogenanntes Pocket Cross. Behelmt sitzt der kleine Mann auf seinem Miniaturmotorrad und gibt ordentlich Gas. Später, sagt Conner und grinst, „will ich ein großes Motorrad fahren“.

 

Das hören die alten Haudegen bei dem Motorradtreffen gerne, denn sie gehören zu einer akut bedrohten Spezies. „Bei den meisten Treffen bin ich einer der Jüngsten“, sagt ein Mittvierziger am frühen Samstagabend während des 23. Juxer Motorradtreffens im Pflanzengarten knapp zwei Kilometer außerhalb des Fleckens. Der älteste Teilnehmer ist 80 und mit einer DKW Baujahr 1928 von Sulzbach hoch getuckert. Er trinkt zwei Bier und fährt wieder heim. Fast alle Gäste sind Wiederholungstäter, manche legen mehrere hundert Kilometer zurück, um dabei zu sein.

Fachsimpeln, Biertrinken, Musikhören mit Livebands

Sie kommen bei jedem Wetter. Auch das Aprilwetter im Hochsommer schreckt sie nicht. Matschiger Boden, nasse Wiesen – alles kein Problem. Gepennt wird trotzdem im Zelt. Die Stimmung ist gut. Sie kommen aus Bayern und aus Berlin, aus dem Ruhrgebiet und aus der näheren Umgebung wie der ältere Herr mit der DKW. Man trifft sich zu Benzingesprächen, zum Fachsimpeln, Biertrinken und Musikhören mit Livebands bis spät in die Nacht.

Veranstalter des Bikertreffens ist der Motorsportclub (MSC) Spiegelberg mit seinem Vorsitzende Reiner Schmidgall. Der 49-Jährige aus Jux ist ein Biker par excellence. Er ist schon mit zwölf Jahren Mofa gefahren, später war er mit einem illegal getunten Mokick unterwegs – alles längst verjährt. Seit 20 Jahren besitzt Schmidgall eine 600er Honda. Im Club stehen fast alle auf Honda, denn, so der Fachmann, „bei einer Honda musst du nicht viel schrauben, die fährt halt“, macht keine Mätzchen.

Wer die meisten Kilometer macht, bekommt den Pokal

Die Biker sind wie eine große Familie. Manfred Lipp aus Bernried in Bayern kommt seit 20 Jahren nach Jux. Er und seine Kumpels gewinnen fast immer den Wanderpokal des MSC. Diese Auszeichnung bekommt die Gruppe, die die meisten Kilometer runterspult. „Köpfe mal Kilometer“, erklärt Schmidgall. In zwei Wochen, sagt er, werde sich der MSC revanchieren. Dann wollen sich die Spiegelberger den Pokal beim Treffen des MC Bernried holen.

Plötzlich verstummt alles Geplauder. Ohrenbetäubender Lärm liegt in der Luft. Qualm steigt auf. Es riecht nach verbranntem Gummi. Tobias Greiner sitzt auf seinem Feuerstuhl, das Vorderrad ist mit einem Holzbalken blockiert. Der Biker gibt Vollgas, das Hinterrad dreht auf einem Brett durch, der Reifen wird abgerieben. Burn-Out, so nennen die Männer diese Motorradgaudi in Jux. Schmidgall lacht, doch dann sagt er: „Wir machen nicht nur Blödsinn.“ Der Club beteilige sich beim Kinderferienprogramm der Gemeinde. Die Einnahmen, die das Motorradtreffen in die Kasse spült, würden für solche Aktivitäten verwendet.

Zu vorgerückter Stunde liegen der sechsjährige Conner und sein kleines Schwesterchen längst im Bett. Die Mama erzählt, dass Conner bald ein größeres Kindermotorrad bekomme. Dann darf die Tochter Conners Pocket Cross fahren.