Wo gibt’s denn sowas? Levent hat dem Wahlvolk einen Pool versprochen – und ist prompt zum Bürgermeister gewählt worden. Jana, die zweite Rathauschefin, hat kurzerhand das Briefgeheimnis abgeschafft. Willkommen in der Spielstadt Remsolino!

Waiblingen - „Bürgermeister können machen, was sie wollen“, ist der siebenjährige Levent überzeugt. Kein Wunder, dass er sich als Kandidat für den Posten in der Kinderspielstadt Remsolino hat aufstellen lassen. Und tatsächlich haben deren Bewohner ihn zum „Smiley-Bürgermeister“ erkoren – dem Rathauschef, der speziell für die Belange der jüngsten Bürger eintritt. Für seinen Wahlerfolg hat Levent eine Erklärung: „Ich hab’ den Bürgern ein Freibad versprochen und mein Versprechen gehalten.“ Tatsache: Der Pool, den er mitgebracht hat, steht bereit für die erste Party.

 

„So schnell hat glaube ich noch nie ein Bürgermeister seine Versprechen eingelöst“, bestätigt Nicole Dora, die bereits zum sechsten Mal dabei ist und in diesem Jahr gemeinsam mit Nadine Keuerleber die Leitung der Spielstadt übernommen hat. Levent plant derweil schon seinen nächsten Coup: „Ich will, dass die Leute mehr Lohn bekommen.“ Keine Frage – auch diese Forderung dürfte ihm die Herzen der Wählerschaft zufliegen lassen.

Briefe werden nun kontrolliert

Aber auch Jana, Levents elfjährige Bürgermeister-Kollegin, ist während ihrer noch kurzen Amtszeit nicht untätig gewesen. Sie hat kurzerhand das Briefgeheimnis für nichtig erklärt, nachdem die Polizei einen Brief mit beleidigendem Inhalt bekommen hat. „Jetzt werden alle Briefe erst im Rathaus oder bei der Polizei überprüft“, sagt Jana. Was die Justiz wohl dazu meint?

„Das Gericht von Remsolino hat viel zu tun“, sagt Nadine Keuerleber. Doch im Moment machen die Richter Pause. Ganz in der Nähe, am Arbeitsplatz von Stefanie Weidl, geht es auch ruhig zu. Die meisten Remsolino-Bürger suchten sich ihre Jobs selbst, sagt die junge Frau, die nicht nur in der Spielstadt, sondern auch im wahren Leben bei der Agentur für Arbeit tätig ist. Sie meldet nahezu Vollbeschäftigung und einige freie Stellen. „Die Jobs in der Spülküche sind eher unbeliebt“, sagt Weidl und verrät, wie sie auch diese Stellen vermittelt: „Wer dort arbeitet, bekommt nun statt sechs Remstalern einen Stundenlohn von 15.“

Mit einem Startgeld von 15 Remstalern seien die Kinder am Montag ins Rennen gegangen, erklärt Nicole Dora. Von ihrem erarbeiteten Lohn müssten sie Steuern und einen Beitrag zur Krankenkasse abführen. Den Rest dürfen sie nach Gusto investieren: in einen Mietwagen – der gespendete Fuhrpark reicht vom Bobbycar über Skateboards bis zum Rollstuhl – in Schmuck vom Juwelier, Blumen aus der Gärtnerei, Kunst aus der Ideenwerkstatt oder selbstgemachte Seife, welche die Apotheke anbietet. Wie im wahren Leben machen Stände, die Essbares bieten, ein gutes Geschäft: in der Bäckerei brummt es ebenso wie am Würstelstand, der mit Sonderangeboten lockt.

Erwachsene dürfen nur unter Aufsicht rein

„Achtung, Achtung“, schallt es durch ein Megafon, „das Krankenhaus bietet eine Impfung an, die Pflicht ist. Sie kostet zwei Remstaler.“ Und schützt angeblich vor der Blaureta-Krankheit, die blaue und rote Pusteln verursacht. Um die Ecke biegt eine Gruppe erwachsener Besucher in signalgelben Westen. Sie gehen brav im Gänsemarsch, jeder hält sich mit einer Hand an einem Seil fest, Ausscheren ist verboten. Nur so, bei offiziellen Führungen, dürfen Eltern die Stadt betreten. Denn in Remsolino haben nun mal die Kinder das Sagen.

Hier haben Kinder das Sagen

Zahlen
Zum sechsten Mal hat die Kinderspielstadt Remsolino in diesen Sommerferien für zwei Wochen ihre Pforten geöffnet. Teilnehmen können bis zu 250 Kinder pro Woche, die dort in verschiedenen Berufen arbeiten können und dafür entlohnt werden: mit Remstalern. Eltern und andere Erwachsene außer dem Remsolino-Team haben nur im Rahmen von Führungen Zutritt zum Gelände. Dieses Jahr sind in der ersten Woche 154 Kinder dabei, in der zweiten 214. Sie werden montags bis freitags von zwölf Hauptamtlichen und 54 ehrenamtlichen Helfern betreut. Die Kinder erhalten ein Mittagessen, kleine Snacks und einfache Getränke. Es gibt einen Bustransfer zur Spielstadt.

Organisation
Remsolino findet abwechselnd in Waiblingen und in Fellbach statt und wird von diesen Städten sowie von den Kommunen Winnenden, Kernen und Korb finanziert.