Märklin, Fischertechnik und Co.: Die baden-württembergischen Spielwarenhersteller sind nicht nur mit neuen Produkten im Gepäck nach Nürnberg angereist, sondern auch fast ausschließlich mit positiven Vorjahreszahlen

Nürnberg – Die Neuheitenschau wird zur Show: Mit dem Presse-Preview inklusive Promi-Faktor hat sich die Nürnberger Spielwarenmesse am Dienstag schon einmal warmgelaufen. Während der US-Spielwarenriese Mattel aufwendig zurechtgemachte Modells als lebendige Barbie-Puppen über die Bühne springen lässt, wirbt nur wenige Meter weiter die Torwartlegende Sepp Maier im Auftrag von Schuco für einen „Wunder-von-Bern-Gedächtnis-Mannschaftsbus“. Dass Maier dem Team von 1954 genauso wenig angehörte, wie Barbie „ein Ausdruck von Freiheit“ ist, wie es der Werbebotschafter und Fashion-Experte Guido Maria Kretschmer proklamiert, spielt beim Aufgalopp der Branche in der fränkischen Messemetropole eine eher untergeordnete Rolle.

 

Ein ganzes Stück seriöser präsentieren sich die baden-württembergischen Spielwarenhersteller. Sie sind nicht nur mit neuen Produkten im Gepäck angereist, sondern auch fast ausschließlich mit positiven Vorjahreszahlen. Einzig Märklin ist 2013 nicht gewachsen. Mit einem Umsatz von 105 Millionen Euro blieb der Modellbahnbauer aus Göppingen exakt auf dem Niveau des Vorjahres. Der Ertrag sei positiv ausgefallen. „Wir hätten den Umsatz auch steigern können, aber nur durch großflächige Rabattaktionen, die auf die Margen der Fachhändler gedrückt hätten“, erklärt Florian Sieber.

Der junge Co-Geschäftsführer hatte Märklin vor knapp einem Jahr gemeinsam mit seinem Vater, dem Simba-Dickie-Eigentümer Michael Sieber, gekauft. Beide verfolgen nach eigenen Aussagen eine langfristig ausgerichtete Strategie, mit der sie den Nachwuchs wieder für die Modellbahnen begeistern wollen, ohne den in die Jahre gekommenen Kundenstamm zu vergraulen. „In diesem Jahr peilen wir die 110-Millionen-Marke an“, sagt Sieber. Auf der Produktseite bringt Märklin neben neuen hochwertigen Sammlerexemplaren wie der Spur 1-Dampflokomotive BR 38 für 2999 Euro und einer überarbeiteten Kinderbahn aus der My-World-Serie für unter 100 Euro im Laufe des Jahres auch eine neue Reihe auf den Markt. Sie heißt „Start Up“ und soll die Lücke zwischen den Bereichen Kinderspielzeug und Profibahnen schließen und vor allem Schüler und junge Erwachsene ansprechen. Die neuen Bahnen fahren auf den originalen Märklin-Gleisen, sind aber weniger aufwendig konstruiert. Einsteiger-Sets kosten zwischen 109 und 199 Euro.

Schleich will Kinderzimmer in Ponyhöfe verwandeln

Höchsten technischen Ansprüchen genügt eine Neuheit von Fischertechnik aus Waldachtal, die demnächst für 349 Euro in den Versionen Fußball- oder Erkundungsroboter erhältlich ist. Der „Robotics TXT Discovery“ ist mit Kamera, Bluetooth, WiFi und Touchscreen ausgestattet. Die handgroßen Geräte lassen sich per Smartphone oder Tablet steuern. 2013 konnten die Schwarzwälder wie schon in den Jahren davor zweistellig beim Umsatz zulegen. Absolute Zahlen nennt Geschäftsführer Marcus Keller nicht. Lieber spricht er über den pädagogischen Wert der Produkte, die abgesehen von wenigen elektronischen Bauteilen ausschließlich im Schwarzwald gefertigt und zu gleichen Teilen in Deutschland und im Ausland verkauft werden.

Konkreter wird Kellers Kollege Thomas van Kaldenkerken am Stand nebenan. Der 50-jährige bekennende Schlümpfe-Fan ist seit einem Jahr Geschäftsführer von Schleich in Schwäbisch Gmünd. 2013 habe das Unternehmen 106 Millionen Euro umgesetzt, was einem Plus von sieben Prozent entspreche. Das Ergebnis sei sogar um mehr als zehn Prozent gewachsen. In diesem Jahr will van Kaldenkerken die Kinderzimmer vor allem in Pferdehöfe verwandeln. 24 neue Pferdezubehör-Artikel vom Strohballen über die Mistgabel bis zur Pferdedecke sind dazu neu entstanden. Anregungen haben sich die Entwickler direkt bei den Endverbrauchern geholt. „Wir sind in die Reitställe gegangen und haben die Kinder gefragt, was sie sich wünschen.“ Die Neuheiten können zusammen mit Pferden oder anderen Tieren vom Bauernhof wahlweise mit Stall oder Scheune erworben werden. Erstmals wird es auch einen Adventskalender von Schleich geben. Für maximal 29 Euro können die Kinder dann jeden Tag bis zum Heiligabend ein Türchen öffnen, hinter dem sich ein Tier oder ein kleiner Zusatzartikel verbirgt.

Die Tierwelt hat im vergangenen Jahr auch der Ravensburger-Chef Karsten Schmidt für sich entdeckt: „Seit September haben wir mehr als eine Million kleine Plastiktiere verkauft“, sagt er. Dank des intelligenten Vorlesestifts Tiptoi können die Tiere bei Ravensburger sogar sprechen: Auf Knopfdruck ertönen die Stimmen der Bauernhof- oder Savannen-Bewohner sowie wissenswerte Fakten und Geschichten rund um die Tiere. Bereinigt um die Übernahme eines amerikanischen Start-Ups legten die Oberschwaben im vergangenen Jahr beim Umsatz um 3,9 Prozent auf 343 Millionen Euro zu. Ravensburger ist einer der größten deutschen Spielehersteller.

Bei den Neuheiten setzt das Unternehmen neben Weiterentwicklungen der bereits bewährten 3D-Puzzle und Tiptoi-Vorlesestifte vor allem auf Hybridspiele. Gemeint ist damit die Kombination aus analogen und digitalen Inhalten. Auf der Messe stellt das oberschwäbische Unternehmen seine neue Serie „Smart Play“ vor, bei der eine Handy-App die Spielleitung eines klassischen Brettspiels übernimmt. „Die größte Hürde, ein neues Spiel zu spielen, war bisher die Anleitung zu lesen – das fällt nun weg“, meint Schmidt.