Die Umsätze wachsen, die Zahl der Fachgeschäfte sinkt – die Spielwarenbranche ist ganz besonders vom Umbruch hin zum Online-Geschäft geprägt. Nur wer ein zusätzliches Einkaufserlebnis bietet, hat als kleiner Anbieter eine Chance.

Nürnberg - Schon am ersten Tag der Spielwarenmesse in Nürnberg herrscht Hochbetrieb an vielen Ständen. Es wird ausprobiert, erklärt und über Bestellmengen verhandelt. Die Branche erwirtschaftet die Hälfte ihres Jahresumsatzes mit neuen Produkten. Dennoch hält sich nicht einmal jede zweite Neuheit länger als zwei Jahre am Markt. Bis kommenden Montag rechnen die Veranstalter mit 75 000 Fachbesuchern aus 120 Ländern. Das Ehepaar Krumbiegel aus dem Erzgebirge gehört dazu.

 

Angela Krumbiegel muss ganz nah herrangehen, so winzig sind die Produkte, die sich die Spielwarenhändlerin gerade anschaut. Es sind Küchenutensilien im Miniaturformat: kleine Töpfe, Geschirr und Möbel. Gewissenhaft studiert sie die filigranen Gegenstände in den Vitrinen des französischen Herstellers Créal. Das Ehepaar aus Auerbach betreibt seit fünf Jahren einen Online-Shop für Puppenstuben. Die Geschäfte laufen von Jahr zu Jahr besser. Frank Krumbiegel spricht von Zuwachsraten von zehn bis zwanzig Prozent. Die Kunden könnten zwar auch zu ihnen nach Hause kommen, um sich die Produkte persönlich anzusehen, einen Laden haben die beiden allerdings nicht. „Das würde sich nicht lohnen, dafür hätten wir viel zu wenig Laufkundschaft“, sagt der Sachse. Stattdessen vertreiben sie ihre Waren über das Internet in ganz Deutschland. Eine voll eingerichtete Puppenstube kostet dann zwischen 500 und 1000 Euro. Für Kinder sind die hochwertigen Miniaturen im Maßstab 1:12 nicht geeignet. Dafür sei die Gefahr zu groß, dass die Kleinen einen Artikel verschlucken.

Online-Anbieter setzen die Margen unter Druck

Auch wenn es sich bei Puppenstuben um ein Nischenprodukt handelt, so steht der Erfolg doch beispielhaft für die Entwicklung des Internethandels. Mehr als ein Viertel der Spielwarenumsätze werden bereits online generiert. Der klassische Einzelhandel kann sich kaum noch gegen die Konkurrenz aus dem Netz behaupten. „Betriebswirtschaftlich knirscht es an allen Ecken und Enden, weil die Margen so unter Druck stehen“, sagt Willy Fischel, der Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels. Die Zahl der Einzelhändler im Spielwarenbereich ist dem Statistischen Bundesamt zufolge in den vergangenen zehn Jahren um mehr als zwölf Prozent von 3900 auf gut 3400 zurückgegangen. Der deutsche Spielwarenmarkt ist hingegen im gleichen Zeitraum um zwölf Prozent gewachsen.

Genau wie die kleinen Hersteller haben es auch kleine Händler besonders schwer. Angesichts der wachsenden Zahl von Online-Käufern besuchen immer weniger Kunden ihre Läden. Die Kosten für einen eigenen Online-Shop belasten sie zusätzlich, zumal es sich für kleine Fachhändler kaum lohnt, selbst ins Internetgeschäft einzusteigen. „Online verdienen wir kein Geld“, sagt Waltraud Richter, die mit ihrem Mann eine Spielwarenhandlung betreibt. Den Laden im nordrhein-westfälischen Waldbröl nennen die beiden „Kinderland“. Dort wollen sie ihren Kunden ein Erlebnis bieten, das sie in keinem Online-Shop haben können. „Wir sind ein Kult-Laden, in dem sich junge Menschen noch treffen können“, sagt Waltraud Richter. Das Geschäft mit 800 Quadratmetern Verkaufsfläche haben die Eltern ihres Ehemanns Ekkehard in den fünfziger Jahren eröffnet.

Dass ein Internet-Gigant wie Amazon in Deutschland Milliardenumsätze macht, und trotzdem keine oder nur geringe Steuern zahlt, findet die Einzelhändlerin unfair. Um sich trotz allem gegen den Onlinehandel zu behaupten, halten die Richters auf der Messe in Nürnberg gezielt Ausschau nach kleinen und günstigeren Produkten, die sich die Kunden nicht unbedingt zuerst im Internet bestellen würden. „Wir suchen auch nach weniger bekannten Ausstellern, deren Produkte es wert sind, ins Sortiment aufgenommen zu werden“, erklärt Waltraud Richter, die es schade findet, wenn sich alles nur um die Großen dreht. Dann müssen die beiden weiter zum Termin bei Ravensburger. So ganz kommen auch sie nicht an den Branchengrößen vorbei.