Die Saison im Figurentheater Stuttgart beginnt: Um Mensch und Maschine geht es beim Projekt „Human“, eine neue Reihe macht Werbung für die Kunstform der Performance. Und Grund zu feiern gibt es auch.

Stuttgart - Pandora, Golem, Roboter, Cyborg – schon immer suchte der Mensch nach einem lebendigen Gegenüber. Doch erst seit der Erforschung der Künstlichen Intelligenz (KI) soll das gesuchte Gegenüber so intelligent sein, dass es dem Menschen ebenbürtig ist. Doch kann eine Maschine Bewusstsein erlangen? Noch ist die Entstehung, Funktionsweise und der Zusammenhang von Bewusstsein, Geist und Intelligenz neurobiologisch nicht beantwortet. Man kann aber künstlerisch danach fragen. Mit dem Projekt „Human – Menschenbilder und künstliche Körper“ untersuchen Figurenspieler in der neuen Spielzeit des Figurentheaters Stuttgart (Fitz), ob und wo ein unberührbarer Kern des Menschseins zu erkennen ist.

 

Die Fitz-Leiterin Katja Spiess formuliert es so: „Inhaltlicher Schwerpunkt der Inszenierungen, Tryouts, Gespräche und Miniaturperformances wird die Auseinandersetzung mit dem dialektischen Zusammenhang von Kreativität und menschlicher Hybris sein.“ Wie das konkret aussehen wird, zeigt sich dann mit „Frankenstein“ (Figurentheater Wilde & Vogel, Leipzig), „Trickster“ (Dekoltas Handwerk, Stuttgart), „Drei Akte“ (Antje Töpfer, Stuttgart), „Loving the Alien“ (Cie.Freaks & Fremde, Dresden) und „Robot Dreams“ (Meinhardt Krauss Feigl, Stuttgart). Diese Künstler, so Spiess, werden die Ambivalenz des Schöpferischen im Dialog von menschlichen und künstlichen Figuren umkreisen.

Roboter und Puppen

Das zweite Schwerpunkt-Kapitel: „Robo Sapiens“. Es fokussiert Formen und Folgen der sich rasant beschleunigten Angleichung menschlicher und technischer Daseinsformen auf die Lebensrealität. „Der Roboter ist ein puppenähnliches Wesen. Wir sind mit unserer Sparte des Figurentheaters sehr nah am Thema“, sagt Katja Spiess. In den vergangenen zwei Jahren habe es nicht nur in der Figurentheaterlandschaft eine verstärkte Auseinandersetzung mit Phänomenen wie der Figur des Frankenstein oder des Golem gegeben. Spiess sieht darin ein deutliches Indiz für eine intensive Umbruchzeit in der Gesellschaft. „Das Figurentheater schaut von jeher aus der Sicht der Puppe auf den Menschen, wir nutzen dieses Potenzial.“ Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg fördert den künstlerischen Ritt mit dem Titel „Human – Menschenbilder und künstliche Körper“ aus seinem Innovationsfond.

Horror der Handpuppe

Eröffnet aber wird die Spielzeit 2017/2018 mit der Präsentation von vier Abschlussarbeiten des Studiengangs Figurentheater der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. „Absolventen des vierten Jahrgangs setzen sich und die Zuschauer dem Horror der Handpuppe aus, ergründen die Erotik von Sachen, stolpern über die Grenzen des Ich“, sagt Christian Bollow vom Fitz-Team. Um die noch immer als eher suspekt empfundene Kunstform der Performance auch dem konservativen Theaterpublikum (die Kulturgemeinschaft Stuttgart sitzt mit im Boot) näher zu bringen, werden das Fitz und die Rampe die fünfteilige Reihe „Performance-Box“ mit einführenden Gesprächsrunden präsentieren. Außerdem laden bekannte Ensembles zu ihren Jubiläen ein. Das Ensemble Materialtheater macht dreißig Jahre nach seiner Gründung mit „Don Quijote unter dem Motto „Heimweh nach der Zukunft“ Mut für die Gestaltung einer humanen Gesellschaft. Zwanzig Jahre kreative Unruhe von „Wilde & Vogel“ wird mit „Frankenstein – oder der moderne Prometheus“ gefeiert. Und nach 45 Jahren verabschiedet sich das kleine Spectaculum Asperglen mit einem Festival.

Mensch versus Roboter ? Ganz und gar menschlich geht es bei Fitz für Kinder zu. Das Kaninchen, eben noch flott unterwegs, liegt platt auf dem Weg. „Bunny works for five“, Stuttgart, befasst sich leicht, heiter und philosophisch mit dem Tod.

Info zur Spielzeit:

26. bis 28. September: „Creator – Am Glück verschluckt“, „The Dark Trullala“, „Von Leckmuscheln und Flutschfingern“, „Echar el cuerpo“ und „Heute ist Geburtstag“.

5. Oktober: Premiere „Frankenstein“

29. Oktober: Theaterparcours („Doppeltes Spiel“). Die „sehr sinnliche Angelegenheit“, (Fitz-Werbung), eine Kooperation von Fitz und Theater Rampe, endet mit einer Party in der Rampe.

4. November: Premiere für Kinder ab fünf Jahren „Das platte Kaninchen“ nach dem Kinderbuch von Bàrdur Oskarsson.

1./2. Dezember: 1. Stuttgarter Heiltage – das Fitz als Wellness-Center der Bühnenkunst.

Brandneu ist das „Fitz-365“-Ticket. Es gewährt Studenten von Erstsemestern, Auszubildenden im ersten Jahr und Aktiven des Bundesfreiwilligendienstes für ein Jahr freien Eintritt ins Fitz.

Weitere Infos unter www.fitz-stuttgart.de