Immer mehr exotische Spinnen finden ihren Weg aus fernen Ländern nach Deutschland. Besonders beliebt sind Bananenkisten, aus denen sie im Supermarkt zum Schrecken von Kunden und Angestellten plötzlich herauskrabbeln.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Weltweit gibt es rund 40 000 bisher entdeckte Spinnenarten, von denen einige auch hierzulande leben. Immer mehr exotische Spinnentiere (Arachnidae) finden als blinde Passagiere aus fernen Ländern ihren Weg nach Deutschland – als Mitbringsel aus dem Urlaub oder versteckt in Importgütern. Besonders beliebt sind Bananenkisten, aus denen sie im Supermarkt zum Schrecken von Kunden und Angestellten plötzlich herauskrabbeln. Insgesamt wurden in den letzten 150 Jahren 87 neue Arten nach Europa eingeschleppt.

 

Wir stellen einige dieser Krabbeltiere im Kurzporträt vor:

Bananenspinne

Die Globalisierung hat ganz sicher diesen Nachteil: Immer wieder gelangen exotische Spinnen in Bananenkisten auf Frachtschiffen unbeabsichtigt nach Europa. Der Begriff Bananenspinne ist kein wissenschaftlicher, sondern hat sich umgangssprachlich eingebürgert. Gemeint sind damit alle Spinnenarten, die auf den Stauden oder zwischen den Früchten von Bananen gefunden werden und hiesige Supermärkte bevölkern. Wenn einmal eine große schwarze Spinne aus einer Obstkiste herauskrabbelt, handelt es sich häufig um eine Brasilianische Wanderspinne. Aber auch andere exotische Spinnenarten lieben es auf große Reise zu gehen und unwissende Einheimische fremder Länder zu erschrecken.

Ammen-Dornfinger

Cheiracanthium punctorium (bis zu 15 Millimeter) ist das größte europäische Exemplar aus der Familie der Dornfingerspinnen. In Europa sind 25 von 195 weltweit existierenden Arten beheimatet. Die Ammen-Dornfingerspinne gilt als einzige Spinnenart Mitteleuropas, die dem Menschen relevante Vergiftungen zufügen kann. Sowohl Männchen als auch Weibchen können mit ihrem Giftbiss die menschliche Haut durchdringen. Der Biss wird als ähnlich schmerzhaft wie ein Wespen- oder Bienenstich empfunden. An der Bissstelle stellt sich nach einigen Minuten ein brennender Schmerz ein, der sich innerhalb von Minuten oder einigen Stunden auf das gesamte gebissene Gliedmaße ausdehnt.

Braune Einsiedlerspinne

Loxosceles reclusa (zwischen sechs und 20 Millimetern), die vor allem im Mittleren Westen bis in den Süden der USA vorkommt, beißt nur zu bei drohender Gefahr. Der Biss ist meist schmerzlos und klein. Innerhalb von zwei bis acht Stunden wird die Wunde immer schmerzhafter. Innerhalb der nächsten zwölf nehmen die Schmerzen zu, die betroffene Stelle wird größer. Weitere mögliche körperliche Symptome: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe und Muskelschmerzen.

Schwarze Witwe

Latrodectus (neun bis 15 Millimeter) ist in Europa vor allem im Mittelmeerraum zu finden (Italien, Südfrankreich, Spanien, Balkan, Schwarzmeerküste). Für den Menschen ist ihr Gift zwar unangenehm, aber selten lebensgefährlich. Nur in Ausnahmefällen ist der Biss für den Menschen tödlich, etwa wenn eine Atemlähmung oder ein Herzinfarkt eintritt. Der Biss ist in den meisten Fällen nicht schmerzhaft und wird oft nicht gleich bemerkt. Das Gift verursacht starke Leibschmerzen, begleitet von Schweißausbrüchen. Der Biss der in Nordamerika und weiten Teilen Mittel- und Südamerikas verbreiteten „Black widow spider“ (Latrodectus mactans) ist hingegen von ganz anderem Kaliber. Ein Latrodectus-Biss galt früher in betroffenen Gegenden Südeuropas als typisches Berufsrisiko während der Getreideernte, wenn die Tiere regelmäßig zwischen Körper und Getreidegarbe eingequetscht und so zum Biss veranlasst wurden.

Zitterspinne

Aus dem Mittelmeerraum Unterarten der Zitterspinnen (Holocnemus pluchei, bis zehn Millimeter) und Kräuseljagdspinnen (Zoropsis spinimana) eingewandert. Eine andere Zitterspinnenart, Pholcus phalangioides, ist schon vor Jahrhunderten hier zu Lande heimisch geworden.

Wasserspinne

Argyroneta aquatica (ein bis 1,5 Zentimeter) ist ebenfalls in Mitteleuropa heimisch. Sie lebt versteckt in klaren stehenden Gewässern zwischen Wasserpflanzen. Ein Biss ruft ähnliche Symptome hervor wie der von Ammen-Dornfinger, die ebenfalls innerhalb kurzer Zeit wieder abklingen.

Segestria florentina

Diese echte Webspinne (bis 22 Millimeter) trifft man hauptsächlich im mediterranen Bereich und in England an. Bei Störungen kann sie schmerzhaft zubeißen, was unter Umständen milde bis mittelstarke Schmerzen auslösen kann. Die Art lebt sehr zurückgezogen in Felsspalten, Löchern und unter Rinde, weshalb ein Biss unwahrscheinlich ist.

Falsche Witwe

Steatoda paykulliana (bis 13 Millimeter) gehört zu den Haubenetzspinnen und ist im Mittelmeerraum verbreitet und für Säugetiere relativ giftig. Sollte ein Biss die Haut des Menschen durchdringen, könnte ähnlich wie bei Latrodectus-Bissen recht schmerzhaft sein.

Australische Schwarze Witwe

Bisse der Rotrückenspinne Latrodectus hasselti (drei bis zwölf Millimeter) führen zu starken Schmerzen. Todesfälle sind nicht bekannt geworden, und ein Antivenin (speziell für die Behandlung von Schlangenbissen entwickeltes Immunserum) steht zur Behandlung schwerer Fälle zur Verfügung.

Nordamerikanische Schwarze Witwe

Die Südliche Schwarze Witwe Latrodectus mactans (vier bis 15 Millimeter) ist in Nordamerika zuhause, wo sie oft in der Nähe menschlicher Siedlungen vorkommt. Das relativ starke Nervengift kann in schweren Fällen Schmerzen, Schwellungen und starke Krämpfe hervorrufen. Der Klassiker ist der Biss einer Kugelspinne beim Besuch von Außentoiletten in ländlichen Gegenden. Die Symptome sind ähnlich wie bei einer schweren Grippe.

Brasilianische Wanderspinne

Auch Armadeira genannt (portugiesisch: aranhas armadeiras – bewaffnete Spinne), umfasst acht Arten innerhalb der Familie der Kammspinnen. Alle Arten gelten als sehr aggressiv und hochgiftig. Die Weibchen erreichen eine Spannweite von zehn bis 13 Zentimetern (Körper: 30 bis 50 Millimeter), die Männchen sind bis zu 40 Millimeter. Wanderspinnen leben in Südamerika, wo am häufigsten die Brasilianische Wanderspinne (Phoneutria nigriventer) anzutreffen ist.

Ein Biss der Brasilianischen Wanderspinne hat vielfach schwerwiegende Folgen und kann in seltenen Fällen tödlich sein. Die Symptome reichen von starken Schmerzen, die von der gebissenen Stelle in den Körper ausstrahlen bis hin zu Bluthochdruck, Temperaturabfall und Herzrasen. Da die Krabbler häufig in Bananenplantagen vorkommen und in Bananenkisten eingeschleppt werden, nennt man sie auch Bananenspinne. Die brasilianische Wanderspinne kann handtellergroß werden. Ihr Gift ist fast 20 Mal tödlicher als das einer Schwarzen Witwe.