Die Anklage hatte es schon in sich: Jahrelang soll ein BND-Mitarbeiter als Spitzel für die CIA gearbeitet haben. In ihrem Schlussplädoyer legt die Bundesanwaltschaft nun noch einmal eine Schippe drauf.

München - Im Münchner Landesverratsprozess gegen einen ehemaligen BND-Mitarbeiter sind die Anklagevorwürfe noch brisanter als bislang öffentlich bekannt. In seinem Plädoyer hielt Bundesanwalt Wolfgang Siegmund dem Angeklagten am Mittwoch vor, das Leben einer BND-Quelle im Ausland aufs Spiel gesetzt zu haben. Das sei ihm aber offenbar egal gewesen. Markus R. habe eine „nachrichtendienstliche Todsünde“ begangen und „Rohmeldungen“ von BND-Stellen im Ausland an den US-Geheimdienst CIA weitergegeben.

 

Siegmund bekräftigte die bereits bekannten Vorwürfe, wonach R. unter anderem eine Datenbank mit Tarn- und Klarnamen deutscher Agenten im Ausland an die CIA weitergegeben habe. Das sei „ein Filetstück“ aus dem Innenleben des Bundesnachrichtendienstes gewesen. Zudem habe der Angeklagte Angaben zu Scheinfirmen des BND im Ausland verraten, sei nicht einmal vor der Weitergabe von Privatadressen zurückgeschreckt.

Siegmund übte aber auch unverhohlen scharfe Kritik an der zuständigen BND-Abteilung, deren Chef nach eigenen Angaben für die Existenz der Personaldatenbank verantwortlich war. „Eine Datenbank eines solchen Inhalts darf es in einer operativ arbeitenden Einheit eines Nachrichtendienstes nicht geben“, sagte der Bundesanwalt und betonte: „Schwachstellen solcher Art muss ein Nachrichtendienst vermeiden.“

Auf Landesverrat steht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr

Die Bundesanwaltschaft wirft Markus R. Spionage für die CIA, aber auch für den russischen Geheimdienst vor. Die Anklage lautet auf Landesverrat, Verletzung von Dienstgeheimnissen und Bestechlichkeit. Zwischen 2008 und 2014 soll der gelernte Bürokaufmann mehr als 200 teils streng geheime Dokumente weitergegeben und dafür Geld kassiert haben - die Rede ist von rund 100 000 Euro. Zudem soll er sich dem russischen Geheimdienst angedient haben.

Siegmund warf R. vor, zielgerichtet nach immer neuem Material gesucht zu haben, um es an die Amerikaner weiterzugeben. Zentrale Motive seien der Agentenlohn und sein Geltungsbedürfnis gewesen.

R., der seit Juli 2014 in Untersuchungshaft sitzt, hatte vor Gericht ein umfangreiches und detailliertes Geständnis abgelegt. Er selbst hatte als Motive Langeweile, Frust und Unterforderung an seinem Arbeitsplatz beim BND angegeben - und Nervenkitzel und Abenteuerlust.

Auf Landesverrat steht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. In besonders schweren Fällen liegt die Strafe bei mindestens fünf Jahren und reicht bis lebenslang. Die Anklage setzt ihr Plädoyer an diesem Donnerstag fort - zunächst aus Geheimhaltungsgründen in nicht-öffentlicher Sitzung. Die Verteidigung will ihr Plädoyer am 14. März halten. Das Urteil will das Oberlandesgericht München am 17. März sprechen.