Ein Schweizer Agent soll einen Spitzel auf Steuerfahnder-Kollegen in Nordrhein-Westfalen angesetzt haben. Der Prozess gegen den 54-Jährigen wirft allerdings Fragen auf. Die Verteidigung sagt, es habe nie einen Maulwurf gegeben.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Hat er einen Spitzel in der NRW-Finanzverwaltung eingesetzt – oder nur „Sudoku gespielt“? Der Schweizer Daniel M. steht seit Mittwoch in Frankfurt vor Gericht, weil er im Auftrag des eidgenössischen Geheimdienstes Steuerfahnder in Nordrhein-Westfalen ausspioniert haben soll. Doch auch die Generalbundesanwaltschaft scheint inzwischen Zweifel daran zu hegen, ob ihr mit dem früheren Polizisten M. ein Meisterspion ins Netz gegangen ist.

 

Die Festnahme des 54-Jährigen hatte Ende April hohe Wellen geschlagen. Damals hieß es, M. habe vor einigen Jahren einen Maulwurf in der NRW-Finanzverwaltung platziert. Sein Ziel sei gewesen, die Vorgehensweise der deutschen Behörden beim Kauf sogenannter Steuer-CDs mit Daten von Schweizer Bankkunden auszukundschaften. Ein Vorwurf, den Oberstaatsanwalt Lienhard Weiß vor dem Frankfurter Oberlandesgericht bekräftigte. Die Identität des Spitzels in NRW sei bis heute unbekannt. Glaubt man der Verteidigung, so gibt es dafür eine simple Erklärung: „Nach allem, was wir wissen, hat es eine solche Quelle nie gegeben“, sagte Rechtsanwalt Robert Kain.

Richtig sei allerdings, dass sein Mandant selbst von der Anwerbung eines Spitzels in der Finanzverwaltung NRW gesprochen habe: Es gebe hierzu eine „selbstbelastende Aussage aus der Schweiz“. Diese Aussage sei aber der einzige Hinweis auf die Existenz eines Maulwurfs.

Verteidiger:„Eine solche Quelle hat es nie gegeben“

Oberstaatsanwalt Lienhard sieht das ein wenig anders. Er verweist darauf, dass der Schweizer Nachrichtendienst M. allein im Jahr 2012 rund 90 000 Euro zugesagt habe, davon seien 60 000 tatsächlich geflossen. Auch der Vorsitzende Richter Josef Bill verlangte eine Erklärung für die Zahlung. Die einzige vom Angeklagten am Mittwoch eingeräumte Gegenleistung – nämlich die Vervollständigung einer bei seinen Auftraggebern bereits vorliegenden Liste mit persönlichen Daten deutscher Steuerfahnder – könne wohl nicht alles sein: „Für das Ausfüllen eines Sudokus“, so der Richter, sei die Summe zu hoch. Den Vergleich mit einem Sudoku-Spiel soll der Angeklagte selbst in einer früheren Vernehmung gezogen haben.

90 000 Euro wären für ein paar fehlende Vornamen oder Geburtsdaten auf der Steuerfahnder-Liste tatsächlich ein hoher Preis. Die Verteidigung argumentiert indes, für die Anwerbung eines Insiders in der Verwaltung sei der Betrag viel zu niedrig: Es erscheine ausgeschlossen, mit 90 000 Euro „einen deutschen Finanzbeamten zu bestechen“.

Auch Werner Mauss soll seine Finger im Spiel haben

Warum gleichwohl so viel Geld gezahlt wurde und an wen, will der Angeklagte nächste Woche in einer schriftlichen Erklärung beantworten. Gelingt es ihm, das Gericht zu überzeugen, so käme er wohl mit einer Bewährungsstrafe davon. Oberstaatsanwalt Lienhard forderte zusätzlich eine Geldstrafe von 50 000 Euro. M. sitzt seit einem halben Jahr in Untersuchungshaft.

Gegen den Schweizer wurde ironischerweise auch im eigenen Land ermittelt: M. soll selbst Bankdaten an deutsche Auftraggeber verkauft haben. Aus dem Schweizer Verfahren stammen auch seine Aussagen über den angeblich in NRW angeworbenen Spitzel. Dass die Bundesanwaltschaft davon erfuhr, ist fast eine eigene Geheimdienstgeschichte: Nach Angaben von Rechtsanwalt Kain hat der frühere deutsche Agent Werner Mauss die Vernehmungsprotokolle an die hiesigen Strafverfolgungsbehörden geschickt. Wie Mauss an die Akten kam und was er damit bezweckte, ist unklar. Sicher ist nur, dass der Ex-Agent nach einem Prozess wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor zwei Wochen überraschend auf freien Fuß kam.