Die Porsche-Dachgesellschaft hat sich nach dem Übernahmedebakel bei VW wieder aus dem Schuldensumpf befreit. Milliarden liegen auf der hohen Kante - und sollen bald in neue Beteiligungen fließen.

Stuttgart - Für Porsche brachte das Jahr 2012 eine Zäsur in der Firmengeschichte. Das Sportwagengeschäft, gebündelt in der Porsche AG, ging komplett an VW, übrig blieb die Porsche-Holding SE. Von der Dachgesellschaft könnte man bald noch viel hören - nicht nur wegen der milliardenschweren Risiken wegen Anlegerklagen infolge der verlorenen Übernahmeschlacht mit VW. Denn im Juni wurde die Porsche Automobil Holding SE (kurz PSE) von einer reinen Holdinghülle zum strategischen Investmentvehikel im Reich des VW-Konzerns. Die Porsche SE hat Milliarden in der Kasse für Beteiligungen, etwa in Zuliefererfirmen aus der Autobranche oder erneuerbare Energien.

 

Vor rund fünf Jahren teilte sich der Sportwagenhersteller auf in eine Gesellschaft für das Autobauen (Porsche AG) und in eine übergeordnete für Beteiligungen (PSE). Letztere griff 2008/2009 nach der Macht bei Volkswagen, scheiterte und saß auf 11,4 Milliarden Euro Schulden derart fest, dass am Ende VW den Spieß umdrehte.

Die Bilanz ist durchwachsen: Nach dem Angriff auf VW hält die PSE gut die Hälfte der stimmberechtigten VW-Aktien. Im Börsenwert sind das derzeit gut 20 Milliarden Euro. Dem stehen bei der PSE aber auch milliardenschwere Prozessrisiken gegenüber, die aus dem folgenreichen Übernahmekampf resultieren, bei dem sich Anleger rückblickend um ihr Geld gebracht sehen. Mehrere Schadenersatzklagen laufen derzeit im In- und Ausland. Auch musste die PSE in ihrer Finanznot einen wahren Schatz aufgeben, nämlich das Sportwagengeschäft der Porsche AG. Der profitabelste Autobauer der Welt gehört seit Sommer komplett zu VW.

Mit dem Deal, Porsche restlos an VW zu verkaufen, wurde die PSE weitgehend schuldenfrei und damit zu einer reinen Verwaltungshülle für die Anteile am Vielmarkenkonzern VW. Mit dem lukrativen Anrecht auf anfallende VW-Dividenden hätte die PSE beste Aussichten als passive Spardose. Doch die Strategen hinter der PSE, die Familien Porsche und Piëch, haben andere Pläne.

Porsche ist wieder flüssig

Bei der Hauptversammlung der PSE Ende Juni gab es eine Satzungsänderung. Damit sind der schwäbischen Holding fortan strategische Geschäfte für zentrale Zukunftsfragen in der Autowelt erlaubt. Denkbar wären laut Satzungstext etwa die Themen alternative Antriebe wie E-Autos, Hochtechnologie wie Leichtbau, Dienstleistungen wie Carsharing oder schlicht das Bündeln von Einkaufsmacht bei begehrten Rohstoffen.

„Das Feld, das sich mit den Satzungsänderungen ergibt, ist von den Juristen bewusst weit gefasst“, erklärt PSE-Sprecher Albrecht Bamler. Derzeit habe die PSE noch keine Firmen konkret im Fokus, vielmehr sei die Abteilung für das künftige Beteiligungsmanagement im Aufbau und verschaffe sich erste Überblicke. Frühestens in einigen Monaten sei die erste Investition wahrscheinlich. „Wobei wir weder Minder- noch Mehrheitsbeteiligungen ausschließen“, berichtet Bamlers Kollege Frank Gaube - der Einzelfall entscheide stets. Die PSE werde sich nicht bei klassischen Autozulieferern einkaufen und alles laufe „entlang der automobilen Wertschöpfungskette“, so die Sprachregelung im Hause.

Fest steht auf jeden Fall, dass Porsche wieder flüssig ist. Nach den jüngsten Daten vom Herbst liegt die Nettoliquidität - also das Geld in der Kasse minus Schulden bei den Banken - bei rund 2,6 Milliarden Euro.

Als ein Vorbild für die künftige Arbeit der PSE könnte Quandt-Erbin Susanne Klatten dienen. Sie sorgt nicht nur - zusammen mit Mutter Johanna und Bruder Stefan - als wichtiger Ankeraktionär bei BMW für Sicherheit fern der kurzlebigen Börsentrends. Die 50-Jährige flankiert den Münchner Premiumhersteller auch mit Schützenhilfe.

Ihre Investmentfirma SKion mit Sitz in Bad Homburg ist zusammen mit BMW Großaktionär beim Wiesbadener Carbon-Hersteller SGL, dessen Arbeit als ein Schlüssel für leichtere und damit spritsparendere Autos gilt. Auch VW ist an SGL beteiligt - hat aber bei weitem nicht den Einfluss, auf den das strategische Duo BMW/Klatten kommt. Nach deren Vorbild könnte künftig auch die PSE walten. Denkbare Gebiete: Schützenhilfe beim Tanknetz für E-Autos, softwarelastige Mobilitätsdienstleistungen im Carsharing oder Lösungen für die drohende Problematik scharfer Abgasvorgaben.

Susanne Klatten steckte ihr Geld auch schon in Windkraft - eine weitere Parallele zu Gedanken bei VW, wo der Strommix der Fabriken längst Thema ist. Laut neuer Satzung darf die PSE auch erneuerbare Energien erzeugen und damit handeln. Wie aus dem Unternehmen zu hören ist, sind insgesamt ein knappes Dutzend Investitionen geplant, es sei aber noch nichts spruchreif. 2013 dürfte bei Porsche spannend werden.