Das Sprachenzentrum in Taipeh kämpft daher mit Sprachlehrern im ganzen Land darum, die aussterbenden Sprachen zu bewahren. Kisasa erstellt zum Beispiel passende Unterrichtsmaterialien. Ein Kollege hat eine CD mit Kinderliedern eingesungen. Außerdem übertragen sie neue Wörter wie „Hochgeschwindigkeitszug“ in indigene Sprachen und verbreiten sie über das Internet und einen eigenen, von Ureinwohnern geführten Fernsehsender. Es gibt Sprachlehrer, die indigene Familien zu Hause besuchen.

 

Inzwischen hat die taiwanische Tourismusbehörde das Potenzial der Ureinwohner erkannt. So gibt es heute kaum eine Werbekampagne ohne eine solche Gruppe, stets in farbenfrohen Trachten. Sie haben damit Erfolg: Nach Angaben der Zeitung „Taipeh Times“ nahmen seit Ende 2014 mehr als 150 000 Touristen vom chinesischen Festland an Touren zu Ureinwohnern teil, Tendenz stark steigend. Wer Mitte November am Flughafen Taoyuan bei Taipeh ankam, wurde von zwei Frauen in bestickten Kostümen und mit auffallendem Kopfschmuck indigener Gruppen begrüßt. Sie spannten ein Banner auf und ließen sich mit Touristen fotografieren.

Leise keimende Hoffnung auf mehr Anerkennung

Manche Ureinwohner sind skeptisch. „Unsere Kultur wird ausgenutzt“, findet Lalu Daha, eine Aktivistin der Taiwan First Nations Party und von der Gruppe der Kaxabu. „Manchmal werden dort Leute eingesetzt, die nicht einmal echte Ureinwohner sind.“ Sie selbst gehört zu denen, die noch um die offizielle Anerkennung ringen. Chen Jin-wan von den Ketagalan, die ebenfalls noch nicht anerkannt sind, fordert, dass der Staat mehr Informationen über die Urbevölkerung in den Lehrplan aufnimmt. „Die Taiwaner wissen nichts über uns!“, sagt Chen.

Bei allen Problemen, die es noch zu lösen gilt, ist die Forscherin Kisasa zuversichtlich. Sie hat einen Stimmungswandel beobachtet: „Immer mehr Ureinwohner sind nun stolzer auf ihre eigene Kultur.“ Auch die Aktivistin Lalu Daha hat Hoffnung geschöpft. Die Präsidentschaftskandidatin der Oppositionspartei, Tsai Ing-wen, dürfte sehr wahrscheinlich die Wahlen an diesem Samstag für sich entscheiden. Diese hatte im Sommer versprochen, auch die noch nicht anerkannten Ureinwohner zu akzeptieren.