Bisher konnten Bus- und Bahnfahrer ihre Tickets in der Heumadener Papeterie Hillemann kaufen. Das ist nun vorbei – und gefällt nicht jedem. Eine Frau, die mit dem Bus zur Arbeit pendelt, beschwert sich über diese Service-Einbuße.

Heumaden - Renate Gehrung ist ganz schön sauer. „Ich habe eine solche Wut, weil die SSB uns Kunden auf diese Art unsere Abhängigkeit spüren lässt“, sagt die Frau aus Heumaden. Sie hat kein Auto. Deshalb nimmt sie den Bus von der Haltestelle „Rose“ zu ihrer Arbeit in Riedenberg. Ihre Monatskarten hat sie bisher bei der Papeterie Hillemann an der Bildäckerstraße gekauft. Die könne sie gut zu Fuß erreichen. Doch seit Kurzem ist damit Schluss.

 

Der Papierladen im Besitz von Yasever Can verkauft keine Tickets der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) mehr. Grund für die Entscheidung sei ein defektes Gerät des städtischen Unternehmens, sagt Renate Gehrung. Sie habe den Ärger der Papierladenbesitzerin als Kundin miterlebt, sagt sie. „Frau Can kann seit Anfang Februar keine Karten mehr ausdrucken, und niemand hat sich trotz ihrer Reklamation darum gekümmert. Jetzt hat sie wohl keine Lust mehr auf den Stress und hat ihren Vertrag bei der SSB gekündigt“, sagt Gehrung.

Nur noch die Automaten an den Haltestellen

Renate Gehrung hat sich bei dem Unternehmen beschwert. In einer E-Mail wurde ihr mitgeteilt, was sie schon wusste: dass die Papeterie Hillemann seit Anfang Februar keine Fahrkarten mehr verkaufe. Eine Erklärung wurde dafür nicht gegeben. In dem Schreiben hieß es weiter: „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass es in Heumaden keine Kaufmöglichkeit von Fahrausweisen mehr gibt.“ Als Alternativen nennt das städtische Unternehmen die Automaten an den Haltestellen der Stadtbahn. Für Renate Gehrung ist das eine Zumutung. „Ich wäre hin und zurück eine Stunde unterwegs, und ich frage mich, was das für ältere oder gehbehinderte Menschen bedeutet.“

Renate Gehrung vermutet, dass die SSB ihre Kunden dazu bringen möchte, ein Jahres-Abonnement abzuschließen, indem sie Verkaufsstellen schließt. „Das lohnt sich doch eher, weil sie dann das ganze Jahr Geld bekommen. Wenn ich in den Urlaub fahre, kaufe ich natürlich keine Monatskarte, weil ich sie ja nicht brauche“, sagt sie. Doch den überwiegenden Teil des Jahres über ist Renate Gehrung eben doch auf den Bus zur Arbeit angewiesen. „So geht es ja vielen Leuten, und die SSB lässt uns das spüren. Das finde ich arrogant.“

Die Besitzerin der Papeterie Hillemann, Yasever Can, äußert sich zurückhaltend über die Gründe, warum sie keine Bus- und Bahntickets mehr verkauft. Sie bestätigt, dass ein SSB-Computer in ihrem Laden immer wieder technische Probleme gehabt hat. Aber sie betont auch , dass sie und die SSB in beidseitigem Einverständnis das Vertragsverhältnis aufgelöst hätten. Für sie habe sich der Verkauf der Fahrkarten finanziell nicht gelohnt, aber viel Aufwand bedeutet. Sie möchte eine erneute Zusammenarbeit mit dem städtischen Unternehmen unter anderen Bedingungen jedoch nicht für alle Zeit ausschließen. Welche das sein könnten, erläutert sie nicht.

Die SSB ziehe sich nicht zurück

Für den Moment könne sie ihre Kunden nur auf andere Verkaufsstellen etwa in Sillenbuch und die Fahrkartenautomaten verweisen, sagt sie. „Auf jeden Fall habe ich alle meine Kunden darüber informiert, dass sie die Bus- und Bahntickets nicht mehr bei mir bekommen.“

Die SSB verkündet gleichfalls, dass Heumaden mitnichten auf Dauer ohne eine Verkaufsstelle bleiben werde. „Der Verdacht, dass wir uns aus dem Kartenverkauf zurückziehen wollen, kommt immer wieder mal auf, wenn irgendwo eine Verkaufsstelle schließt. Aber es stimmt nicht“, versichert die Sprecherin Birte Schaper. Die SSB sei auf der Suche nach einem neuen Partner in Heumaden. „Da müssen der Ort und die Frequenz passen, mit der Leute vorbeikommen“, sagt sie. Schaper will aber keine Vorhersage wagen, wann es wieder eine Verkaufsstelle in Heumaden gibt.

Renate Gehrung bleibt wohl bis dahin nichts anderes übrig, als einmal im Monat einen etwas ausgedehnteren Spaziergang zu einem Fahrkartenautomaten oder einer Verkaufsstelle in einem anderen Stadtteil zu machen.