In der Region Stuttgart sind sieben Unternehmen von der EEG-Umlage befreit. Sie beziehen Strom damit zu einem günstigeren Preis. Der kommunale Verkehrsbetrieb SSB hat so rund vier Millionen Euro gespart, der Flughafen rund 650 000 Euro. 2013 wollen viel mehr Unternehmen von dem Rabatt profitieren.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Im Moment stehen sie am Pranger: Genau 2057 Unternehmen in Deutschland haben für 2013 einen Antrag gestellt, von den Stromumlagen in Zusammenhang mit der Energiewende befreit zu werden. Verbraucherschützer kritisieren heftig, dass der Strom damit für alle Bürger noch teurer sei. Und jetzt hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Entlastung sogar für nichtig erklärt – die Politik wird die „Besondere Ausgleichsregelung“, wie sie offiziell heißt, deshalb überarbeiten müssen.

 

Doch wer sind die befreiten Unternehmen überhaupt? Und wie hoch ist die Entlastung? In einer Liste der Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) kann jeder die 734 Firmen einsehen, die 2012 befreit waren. In Stuttgart waren es zwei Betriebe – Daimler, Bosch oder Porsche sind zur Überraschung mancher nicht darunter. Vielmehr waren es (neben der in der Liste geführten, aber in München registrierten Telekom-Tochter PASM) der Flughafen Stuttgart (46 Gigawattstunden Jahresverbrauch) und die Stuttgarter Straßenbahnen (78 Gigawattstunden), die ab einer Strommenge von einer Gigawattstunde nur zehn Prozent der Umlage und ab zehn Gigawattstunden nur noch ein Prozent der Umlage bezahlen mussten. Der Strom wird damit gut fünf Cent pro Kilowattstunde günstiger – gegenüber dem Preis von 26 Cent, den ein Privatbürger bezahlt, ist das eine Entlastung von rund 20 Prozent.

SSB sparen Millionen, der Flughafen rund 650 000 Euro

Die genaue Sparsumme geben die Firmen nicht heraus, aber es lässt sich ausrechnen, dass die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) rund vier Millionen Euro im Jahr sparen. Sprecherin Susanne Schupp bestätigt die Zahl auf Anfrage. Sie betont: Schienenbetriebe seien befreit, weil sie viel Energie benötigen und einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Darin liege auch das Problem, wenn die Entlastung verringert werde – die Politik denkt daran, den Rabatt von derzeit bis zu 99 Prozent auf 80 bis 90 Prozent abzusenken; von einer Abschaffung ist nicht die Rede. „Wir müssten unsere Investitionen einschränken oder den Fahrpreis erhöhen“, sagt Susanne Schupp. Zuletzt fuhren die SSB einen Bilanzverlust von 17 Millionen Euro ein, den die Stadt Stuttgart ausgleichen muss. Ohne Stromrabatt wären es 21 Millionen Euro gewesen.

Der Flughafen Stuttgart war zwei Jahre lang teilweise von den Umlagen befreit; nach inoffiziellen Angaben hat er so pro Jahr rund 650 000 Euro gespart. Der Bilanzgewinn lag zuletzt bei 30 Millionen Euro. Da sich die Bedingungen geändert hätten, sei 2013 kein Antrag mehr möglich gewesen, sagt Volkmar Krämer, der Sprecher des Flughafens. Das Unternehmen sei im vergangenen Jahr teils „am Nasenring durch die Manege“ geführt worden, weil man den Rabatt in Anspruch genommen habe: „Aber wenn es rechtlich in Ordnung ist, warum hätten wir es nicht tun sollen?“, fragt der Sprecher. Im Grundsatz können jene energieintensiven Unternehmen einen Antrag stellen, die „im internationalen oder intermodalen Wettbewerb stehen“, wie es beim Bafa heißt.

Dreimal so viele Antragsteller für 2013

Dass sich die Zahl der Unternehmen, die für 2013 einen Antrag stellten, fast verdreifacht hat, hängt mit der Öffnung des Rabattes auch für mittelständische Unternehmen zusammen. Der Stromverbrauch aller 2057 Unternehmen liegt aber, gerade weil jetzt viele kleinere Firmen zum Zuge kommen, lediglich rund 25 Prozent über jenem der 734 Firmen, die 2012 begünstigt waren. Die Liste für 2013 ist noch nicht öffentlich; es dürfte wahrscheinlich sein, dass auch in Stuttgart jetzt mehr Firmen profitieren.

In der Region Stuttgart waren es 2012 sieben Unternehmen. Neben den zwei genannten waren dies: Air Liquide Industriegase (Kornwestheim), E+E Verpackungstechnik (Jettingen), Hammerl GmbH (Gemmrigheim), Metalltechnik Schmidt (Filderstadt) sowie die Papierfabrik Scheufelen (Lenningen). Die meisten sind wenig bekannt, E+E zum Beispiel stellt an drei Standorten bis zu 200 Tonnen Kunststoffkanister und Eimer her und verbraucht dabei mehr Energie als der Flughafen: „Die Maschinen müssen ständig auf 200 Grad aufgeheizt und wieder abgekühlt werden“, sagt Einkaufsleiter Lothar Kopp. Falle der Stromrabatt weg, seien sie im internationalen Wettbewerb schwer benachteiligt.

Das Bundesumweltministerium hat errechnet, dass der Strom für alle Bürger um „gut einen Cent“ günstiger sein könnte, wenn es die Rabatte nicht gäbe. Aribert Peters, der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, spricht von 1,5 Cent. Das würde bedeuten: Der heutige Strompreis wäre um knapp sechs Prozent überteuert.