Widersprüchliche Angaben zum EnBW-Deal rufen die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Sie prüft mögliche Falschaussagen vor dem Untersuchungsausschuss. Anlass sind zunehmende Widersprüche in der Darstellung des Geschäfts.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) könnte ein Nachspiel bei der Justiz haben. Angesichts zunehmender Widersprüche in der Darstellung des Milliardengeschäfts prüft die Staatsanwaltschaft Stuttgart, ob sie Ermittlungen wegen des Verdachts auf Falschaussagen einleiten muss. Man habe bereits vor einiger Zeit einen entsprechenden „Beobachtungsvorgang“ angelegt und werte die Aussagen auf einen möglichen Anfangsverdacht hin aus, sagte eine Behördensprecherin der StZ. Bis jetzt habe man jedoch noch kein Verfahren eröffnet.

 

Ermittlungen könnten ohnehin erst aufgenommen werden, wenn die Aussage der Betroffenen abgeschlossen sei, sagte die Sprecherin. Dies dürfte bei denjenigen Zeugen, die noch einmal gehört werden sollen, noch nicht der Fall sein. Sowohl Mappus als auch sein Freund und Investmentbanker Dirk Notheis (CDU) sollen im Herbst erneut vor den Ausschuss geladen werden, um Widersprüche aufzuklären. Dort hätten sie Gelegenheit, frühere Aussagen zu korrigieren oder zurechtzurücken, wie Notheis dies bereits in einem Schreiben an das Gremium getan hatte.

Wahrheitspflicht wie vor Gericht

Die Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss unterliegen der gleichen Wahrheitspflicht wie vor Gericht. Darüber werden sie regelmäßig belehrt. Der Tatbestand der falschen uneidlichen Aussage (Paragraf 153 Strafgesetzbuch) gilt entsprechend; danach reicht der Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Noch gravierender ist eine Falschaussage unter Eid. Die SPD hat bereits damit gedroht, die Zeugen zum EnBW-Deal vereidigen zu lassen; ein solcher Antrag ist aber noch nicht gestellt.

Bereits beim Untersuchungsausschuss zum Flowtex-Skandal hatte die Staatsanwaltschaft Verfahren gegen mehrere Zeugen eingeleitet. Prominentester Beschuldigter war damals der frühere Wirtschaftsminister und Vizeregierungschef Walter Döring (FDP). Er akzeptierte im Jahr 2005 einen Strafbefehl über neun Monate Haft auf Bewährung und eine Geldauflage von 20 000 Euro; damit war er vorbestraft. Geahndet wurden Dörings Angaben zur Finanzierung einer Umfrage. Die Annahme der Strafe begründete er mit Rücksichtnahme auf die Familie und seinen neuen Beruf; er wolle „einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen“.

Widersprüche um Festlegung des Preises

Bei den Zeugenaussagen zum EnBW-Deal gibt es in mehrerlei Aspekten voneinander abweichende, zum Teil sogar widersprüchliche Darstellungen. Zweifel an manchen Angaben weckt auch der inzwischen bekannt gewordene interne Mailverkehr der Investmentbank Morgan Stanley und das seit Kurzem vorliegende Gutachten des Landesrechnungshofs. Unterschiedliche Versionen gibt es dazu, wann der Preis von 41,50 Euro je Aktie feststand. Die Vertreter von Morgan Stanley hatten angegeben, darüber sei bis zuletzt verhandelt worden. Andere Dokumente und Aussagen legen dagegen den Eindruck nahe, dass er schon deutlich früher fixiert wurde.

Ein weiteres Beispiel: Als „widersprüchlich“ werden im Bericht des Rechnungshofs die Aussagen von Mappus und Notheis zur Frage gewertet, wie deutlich der frühere Ministerpräsident über die von den Anwälten gesehenen rechtlichen Risiken informiert wurde. Während Notheis ausgesagt habe, er habe die Mails und die Inhalte an Mappus übermittelt, sage dieser, ihn hätten weder Mails noch Inhalte erreicht.

Die Beteuerung von Mappus, er habe keinerlei Warnungen vor einem möglichen Verfassungsverstoß erhalten, wertet der Rechnungshof als nicht überzeugend. Dies gilt auch deshalb als bemerkenswert, weil das Führungsgremium überwiegend mit CDU-Leuten besetzt ist.

Auch der Deal selbst wird geprüft

Die Vorermittlungen wegen Falschaussage sind bereits der zweite Aspekt, zu dem die Staatsanwaltschaft einen „Beobachtungsvorgang“ angelegt hat. Auch den Deal selbst prüft die Behörde nach der Abweisung zahlreicher Anzeigen inzwischen wieder auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz hin. Dazu will sie zunächst das Gutachten des Rechnungshofs auswerten.