Gegen Terrorverdächtige, die zum Beispiel für die Terrormiliz IS in den Kampf ziehen wollen, ermittelt in Stuttgart nun eine eigene Abteilung. Zurzeit bearbeitet sie 40 Fälle.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat eine neue Abteilung – mit einem brandaktuellen Thema. Als die Oberstaatsanwältin Tomke Beddies ihren Bereich am Mittwoch bei der Jahrespressekonferenz vorstellte, sind zwei Tage zuvor bei Ulm drei mutmaßliche Terrorunterstützer festgenommen worden, die sich vermutlich der Terrormiliz islamischer Staat anschließen wollten.

 

Fälle wie diese bearbeitet die erst im Februar neu eingerichtete Abteilung für Staatsschutzdelikte im Zusammenhang mit Ausländerextremismus und Islamismus, der fünf Staatsanwälte angehören. Zurzeit seien dort 40 Verfahren anhängig, erläuterte Tomke Beddies. In 28 Fällen ermittele die Behörde wegen des Verdachts des islamistisch motivierten Terrors, zwölf Fälle drehen sich um Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei. Die Experten der Stuttgarter Staatsanwaltschaft kümmern sich dabei um Fälle aus ganz Württemberg, und die können mitunter sehr umfangreich sein: Beddies spricht von Verfahrensdauern zwischen vier Monaten und ein bis zwei Jahren.

Einige Verfahren habe die neue Abteilung von den für politisch motivierte Straftaten zuständigen Kollegen übernommen, sagte die Oberstaatsanwältin. Ein solcher ist etwa der Brandanschlag auf Räume der islamisch-muslimischen Union Ditib in Feuerbach, der im vergangenen Dezember verübt wurde. Die Ermittlungen begonnen hatte in diesem Fall die Abteilung für politische Straftaten, nun ist seit Februar die neue zuständig. Inzwischen sitzt ein 20-jähriger türkischer Kurde in Haft, er soll bei dem Brandanschlag mitgemacht haben. Den Haftbefehl im Februar hatte noch die ursprünglich zuständige politische Abteilung der Staatsanwaltschaft ausgestellt. Es bestehe der Verdacht, dass der Mann aus Stuttgart-Weilimdorf der PKK nahe stehe.

Ein Schwerpunkt liegt derzeit auf den Paragrafen 89 a und c

Im Wesentlichen widmet sich die neue Abteilung fünf Schwerpunkten: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat (Paragraf 89 a im Strafgesetzbuch), Terrorismusfinanzierung (Paragraf 89c), Anwerbung für fremde Wehrdienste (109 h) sowie Tätigkeiten verbotener Vereine (Paragraf 20 Vereinsgesetz) und Verstöße gegen das Geldwäschegesetz (Paragraf 261). Zurzeit vor allem beschäftigen müsse sich die Staatsanwaltschaft mit Taten, die nach den Paragrafen 89 a und c zu ahnden seien – also Vorbereitung der Ausreise, um mit der Miliz Islamischer Staat oder anderen Vereinigungen zu kämpfen, sowie deren Finanzierung. Es müsse dabei nicht um große Summen gehen, so Beddies, schließlich seien ein Flugticket oder eine Autofahrt vergleichsweise günstig. Ausschlaggebend sei der Nachweis, dass die Summe für eben diesen Zweck eingesetzt werde.

In der neuen Abteilung sei eine junge Kollegin hoch motiviert frisch eingestiegen, lobte Beddies. Ansonsten würden zwei Staatsanwältinnen ihre Erfahrung mit Ermittlungen in Fällen des Islamismus und Ausländerextremismus mit einbringen, die solche Fälle bereits in der bisher zuständigen Abteilung bearbeitet hätten. Ein Staatsanwalt habe zuvor auch schon im Gebiet der organisierten und der Computerkriminalität gearbeitet und habe Erfahrung mit verdeckten Ermittlungen, berichtete Tomke Beddies. Sie selbst habe schon viel im Bereich der verdeckten Ermittlungen und deren technischer Machbarkeit gearbeitet, fügte die Abteilungsleiterin hinzu.

Fünf zusätzliche Stellen lindern Personalnot nicht

Bei dem Jahrespressegespräch stellte die Staatsanwaltschaft nicht nur ihre neue Abteilung, sondern auch ihren Bericht für das vergangene Jahr vor. In dem Zahlenwerk wird deutlich, dass die fünf zusätzlichen Stellen für die neu eingerichtete Abteilung die Personalnot der Ermittlungsbehörde noch nicht lindern. „Es fehlen 31 Staatsanwälte“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Siegfried Mahler. Er hoffe, dass die Notwendigkeit weiterer Stellen von der künftigen Regierungskoalition im Land erkannt werde, fügte er hinzu. Die Behörde habe im Jahr 2015 mit 114 707 eingegangenen Verfahren einen neuen Rekordwert der Fallzahlen verzeichnet.