Der Neubau auf dem Gelände des Staatsministeriums soll gut in die Parklandschaft passen, die Villa Reitzenstein wieder erlebbar machen – und zudem auch noch einen Energieüberschuss liefern.

Stuttgart - Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“, hat Aristoteles einst gesagt – und unter diesem Motto ist am Montag der Grundstein für den Ersatzbau des Staatsministeriums Baden-Württemberg gelegt worden. Auf rund 1800 Quadratmetern Nutzfläche soll der Neubau künftig Büros und die Kantine für die Mitarbeiter, Schulungs- und Besprechungsräume sowie die Bibliothek und ein Informationszentrum für die Besucher der Villa Reitzenstein beherbergen. Die Gesamtbaukosten schätzt das Ministerium auf 15 Millionen Euro. Zu den Gästen der feierlichen Grundsteinlegung zählten neben Ministerpräsident Winfried Kretschmann und dem Staatssekretär im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, Ingo Rust, auch zahlreiche Anwohner, die noch bis Mitte nächsten Jahres mit dem Baulärm und anderen Einschränkungen leben müssen.

 

Zwei Drittel des Neubaus unter der Erde

„Zur Zeit stehen wir hier noch im Freien, aber schon im kommenden Sommer wird an dieser Stelle das neue Verwaltungsgebäude des Staatsministeriums stehen,“ betonte Staatssekretär Ingo Rust – und ergänzte scherzend: „Bei uns heißt es nicht immer nur oben bleiben. Wir können auch in die Tiefe gehen!“ In die Tiefe geht der Neubau in der Tat, denn zwei Drittel seines Volumens befinden sich unter der Erde. Auf dem Gelände des Staatsministeriums wächst der Neubau in Form eines „L“ langsam aus dem Boden und erreicht aufgrund der starken Höhenunterschiede auf dem Gelände erst weit entfernt von der Villa seine größte Höhe mit zwei überirdischen Geschossen.

Von Anfang an wurde bei der Planung des Bauprojekts südlich der Villa im Bereich des ehemaligen Lustgartens viel Wert darauf gelegt, den ursprünglichen Charakter der historischen „Villa am Park“ wieder erlebbar zu machen. „Durch das Abrücken des neuen Gebäudes von der Villa kommt diese nun deutlich besser zur Geltung,“ erläuterte der Architekt Martin Sting, der für das Bauprojekt verantwortlich ist. „Wir haben bei der Konzeption auf einen respektvollen Abstand geachtet.“ Zudem werde das neue Verwaltungsgebäude durch begrünte Dachflächen optisch in die umliegende Parklandschaft integriert. „Helene von Reitzenstein, die damalige Bauherrin, würde sich sicherlich freuen, dass auch ihr Rosengarten in seiner ursprünglichen Form wieder hergestellt werden kann,“ sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

„Schwäbisches Understatement“

Für Stuttgarts Baubürgermeister Matthias Hahn ist die Bezeichnung „Ersatzbau“ indes ein „gnadenloses, schwäbisches Unterstatement,“ da man bei der Konzeption des modernen Verwaltungsgebäudes nicht nur auf das optische Erscheinungsbild geachtet habe, sondern auch auf die Umsetzung modernster ökologischer Standards. So fällt der Neubau in die Kategorie „Energie-Plus-Gebäude“ – das bedeutet, dass es mehr Energie erzeugt, als es selbst benötigt.

Das Konzept sieht unter anderem vor, dass eine Energiezentrale im Ersatzbau errichtet wird. Der Neubau und weitere Gebäude des Staatsministeriums werden von dieser Zentrale aus künftig mit Kälte, Wärme und Strom versorgt. Dazu werden im Keller ein Blockheizkraftwerk und eine Absorptionskältemaschine installiert. Letztere verwertet die kühle Luft in den langen Fluchtstollen geothermisch. Auf den Dächern machen sich Fotovoltaikanlagen die Sonnenenergie zunutze.

Honig für die Zeitkapsel

Zum Abschluss füllten die Redner, dem Brauch folgend, Zeitzeugnisse und Gegenstände, die in Bezug zum Ort und zum Neubau stehen, in eine Metall-Kassette. Diese wurde in einem gemauerten Sockel als Grundstein versenkt. Neben einem Satz Euro-Münzen und einer Ausgabe der Stuttgarter Zeitung legte Ministerpräsident Kretschmann ein Glas Honig von Bienen der Villa Reitzenstein hinein: „Wir haben hier ja jetzt eigene Bienenvölker und lassen Schwarz-Gelb für uns arbeiten.“