Mehr Frauen, mehr Migranten und Muslime anstelle von freikirchlichen Gruppen sollen nach dem Willen der Landesregierung über das Programm des SWR mitbestimmen.

Stuttgart - Moderne Medien bedienen alle Kanäle. Das will die Landesregierung auch dem Landessender SWR ermöglichen. Fernsehen, Hörfunk und Internetauftritte soll die öffentlich rechtliche Anstalt in Zukunft flexibler organisieren können. Denkbar wäre etwa eine gemeinsame Nachrichtendirektion. Die Grundlage dafür bietet der SWR-Staatsvertrag, der jetzt überarbeitet wird. Ginge es nach der Landesregierung, könnte der SWR seine Internetangebote deutlich ausdehnen, sagte die Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) am Dienstag bei der Präsentation des neuen Vertragsentwurfs. Da ist aber die Wirkung der Landesregierungen begrenzt. „Die Regierung würde sich eine Ausdehnung des Internetangebots wünschen“, sagte Krebs, doch der Bundesstaatsvertrag sieht Restriktionen für die öffentlich rechtlichen Sender vor.

 

Der SWR-Intendant Peter Boudgoust begrüßt die angestrebte Modernisierung des Staatsvertrags. „Der SWR muss sich neuen Rahmenbedingungen und technologischen Entwicklungen anpassen können“, sagte der Intendant mit Blick auf den „grundlegenden Wandel der Medienwelt“. So grundlegend wird der Wandel aber nicht, dass bei aller Flexibilisierung ein Standort des Senders gefährdet sein könnte. Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sprechen sich dafür aus, die Standorte in den Landeshauptstädten Stuttgart und Mainz und auch in Baden-Baden zu erhalten. In Zukunft soll aber der Sender regeln, was an welchem Standort erledigt wird.

Muslime in den Rundfunkrat

Die Flexibilisierung der Strukturvorgaben ist für die Medienministerin Krebs ein zentrales Anliegen. Aber auch die Gremien wolle man mit der Novellierung des Staatsvertrags stärken. Gleichzeitig soll die Gesellschaft in den Gremien besser abgebildet werden. Das führt zu Gerangel um die Plätze im Rundfunkrat, der sich mit den Inhalten des Programms beschäftigt. Die grün-rote Landesregierung selbst zieht sich aus dem Gremium zurück. Doch sollen die Freikirchen ihren Platz für einen Vertreter der Muslime räumen. Grün-Rot will Naturschutzverbänden und Migranten mehr Mitsprache zugestehen. Die Vertriebenenverbände gelten in der modernen Gesellschaft als nicht so relevant, dass sie einen Platz beanspruchen könnten.

Rangeleien ruft auch das Ziel der Landesregierung hervor, die Plätze paritätisch mit Männern und Frauen zu besetzen. Das werde keineswegs übereilt getan, glättet Silke Krebs die Wogen. Wenn bestimmte Gruppen über mehrere Plätze verfügen, müssen sie gleich viele Männer wie Frauen entsenden. Ist aber nur ein Platz zu verteilen, gibt es keinen sofortigen Handlungsbedarf. Das gilt beispielsweise für die drei Bauernverbände und die drei Landfrauenverbände im Land. Die Landfrauen sind neu im Spiel. Wann und ob sie zum Zuge kommen, ist aber offen. „Spätestens nach drei Legislaturen, also nach 15 Jahren, muss es in der jeweiligen Gruppe einen Geschlechterwechsel geben“, erklärt Krebs. Im Fall von Landfrauen und Bauernverbänden könne das aber auch bedeuten, dass die Bauernverbände eine Frau schicken.

CDU will Platz für Bauern und für Landfrauen

Kritik an der künftigen Zusammensetzung des Rundfunkrats war von der CDU-Fraktion gekommen. Friedlinde Gurr-Hirsch, die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, erklärte am Dienstag, es sei für die CDU „nicht nachvollziehbar“ warum die Vertriebenen und die Freikirchen ganz herausfielen, und „die für den ländlichen Raum bedeutenden Verbände der Bauern und Landfrauen einen Platz teilen müssen“. Die Grünen-Abgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel betonte, „wer nicht blind für die Vielfalt der heutigen pluralistischen Gesellschaft ist, muss die Veränderungen für eine ausgewogene Besetzung der Gremien beachten“.

Der Landtag bleibt mit acht Vertretern im Rundfunkrat. Die Regierung schickt nur noch zwei Mitglieder in den Verwaltungsrat. Im Interesse höherer Transparenz sind öffentliche Sitzungen des Rundfunkrats vorgesehen. Die Novellierung des Staatsvertrags soll nach dem Willen der Regierung zur Stärkung der regionalen Identität beitragen. Die Verwurzelung des Senders in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz soll betont werden, im Fernsehen wird ein „mindestens 30prozentiger Landesanteil“ erwartet. Das Personal soll mehr Mitbestimmungsrechte bekommen.